Sexuelle Gewalt im Bistum Osnabrück: Frauen sollen es richten
Das Bistum Osnabrück hat sich im Februar 2019 ein „Konzept gegen sexualisierte Gewalt“ verordnet – und seit dem Leitungsposten mit Frauen besetzt.
Bode, ein Reformer unter den katholischen Bischöfen Deutschlands, zielt auf Prävention und Intervention, auf die Begleitung Betroffener, die Professionalisierung des Umgangs mit Beschuldigten, auf die Sanktionierung von Tätern, auf die Klärung „systemischer Grundsatzfragen“, von der kirchlichen Sexualmoral bis zum Umgang mit Macht und Hierarchie.
Arbeitsgruppen wurden dazu gebildet, 60 Köpfe stark. Kirchenexterne wurden einbezogen, wie Thomas Veen, Präsident des Landgerichts Osnabrück. Auch „Menschen, denen Unrecht widerfahren ist“, so Haarmann, beteiligen sich. Und es wurde nicht nur geredet. Es wurde gehandelt. Tiefgreifend.
Einige Gemeinden des Bistums werden heute nicht mehr von Pfarrern geleitet, sondern von Laien – Gesmold und Wellingholzhausen etwa, Bad Iburg und Glane. Auch Frauen leiten jetzt im Bistum Gemeinden, Priestern übergeordnet – ein Novum, deutschlandweit. „Da geht es darum, Macht abzugeben, Macht zu teilen“, sagt Haarmann.
Nächster Neuzugang: die Finanzdirektorin
Auch im Osnabrücker Generalvikariat mit seinen 300 Mitarbeitern hält diese neue, programmatische Offenheit deutlich sichtbar Einzug: Ab Mai werden vier von zehn Abteilungen des Vikariats von Frauen geführt. Nächster Neuzugang: die Finanzdirektorin. „Auch in der Seelsorge wünscht sich das Bistum mehr Frauen“, betont Haarmann, „und im Predigtdienst.“
Eine Offenheit, die nicht zuletzt bewirkt hat, dass weitere Betroffene den Mut fanden, ihr teils langjähriges Schweigen zu überwinden. „2019 haben sich verstärkt Menschen an uns gewandt“, sagt Haarmann, „die sich spirituell missbraucht fühlen, und dem gehen wir natürlich nach.“
Und auch neue Fälle sexuellen Missbrauchs sind gemeldet worden. Die Gesamtzahl der Beschuldigten im Bistum Osnabrück wuchs dadurch auf 45, die der Betroffenen auf 110, von 1946 bis heute. „Bei allen 19 Beschuldigten, die noch am Leben sind, sind strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden“, sagt Haarmann. Dass 17 davon eingestellt wurden, hat auch damit zu tun, dass das Geschehen teils Jahrzehnte zurückliegt. Haarmann: „Da greift dann oft die Verjährung. Oder der Tatverdacht ist nicht hinreichend zu begründen.“
Ein Schutzprozess, dessen Ein-Jahres-Bilanz „wirklich positiv“ ist, sagt Haarmann. Übrigens: Bode bietet jedem Betroffenen ein persönliches Gespräch an. Auch das ist ein Zeichen von Mut.
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