Sexuelle Belästigung bei der Formel 1: Ego polieren an der Rennstrecke
Der Große Preis von Österreich der Formel 1 wurde von Beleidigungen und Belästigungen überschattet. Im Netz rechtfertigen sich die Täter.
In Spielberg in Österreich fand letztes Wochenende ein Formel-1-Rennen am Red-Bull-Ring statt. Insbesondere die niederländischen Verstappen-Fans machten während des Grand Prix von sich reden. Auf der Tribüne sei es mehrfach zu sexualisierten Belästigungen, auch Catcalling genannt, gekommen. Eine Eisverkäuferin sei beispielsweise permanent sexuell belästigt worden. Einem Hamilton-Fan sei unter den Rock gegriffen worden. Auf Twitter berichten Opfer, dass die Täter teilweise ihr Tun mit Aussagen, dass die Fans anderer Fahrer keinen Respekt verdient hätten, erklärt und relativiert hätten. Außerdem wurden homophobe und rassistische Äußerungen über die sozialen Netzwerke publik.
Die Mittel, nämlich beschämende Äußerungen einiger Fans, waren dabei schlimmer als der traurige Zweck. Über diesen Zweck kann man nur spekulieren. Ego aufpolieren oder Macho-Dasein bestätigen vielleicht. Mit Sportlichkeit hat das Ganze gar nichts zu tun. Das Gegenüber wird zum Objekt degradiert und öffentlich bloßgestellt. Das dient ausschließlich dem Zweck, sich beispielsweise in einer Gruppe zu profilieren. Für die Opfer hingegen bedeutet es nicht selten eine lange Phase der Aufarbeitung. Es ist toxische Männlichkeit in Reinform; zwischen Bier, Bockwurst und lautem Wrummwrumm.
Wenn nun Stimmen laut werden, die meinen, die Betroffenen hätten sich halt wehren sollen, wird das Unverständnis dem Problem und den Opfern gegenüber noch deutlicher. Solche Angriffe gehen mit einem Machtgefälle einher; der Täter erhöht sich künstlich durch die Erniedrigung des Opfers. Nicht selten wird der oder die Betroffene kurzzeitig handlungsunfähig und realisiert erst im Nachhinein, was eigentlich passiert ist. Solange einige nicht verstehen wollen, dass sie kein Recht haben, respektlos ihrem Macho-Dasein zu frönen, ist die Zivilgesellschaft, sind auch die Veranstalter gefordert, solchem Verhalten unmissverständlich Einhalt zu gebieten.
Besonders deutliche Worte findet der Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Wenn ihr zu dieser Kategorie dazuzählt, verpisst euch einfach“, sagte er nach dem Rennen am Sonntag. Das von Red-Bull-Pilot Verstappen geforderte Alkoholverbot greift dagegen zu kurz. Die Zurückhaltung, so zu handeln, wird durch Alkohol maximal enthemmt. Die Grundeinstellung ändert der Alkohol allerdings nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung