Sexualisierte Gewalt: Bundesrat will K.-o.-Tropfen schärfer bestrafen
Gelten K.-o.-Tropfen künftig als „gefährliches Werkzeug“ bei Sexualdelikten? Der Bundesrat stimmte dafür. Beschließen müsste das auch der Bundestag.
Geht es nach dem Bundesrat, sollen K.-o.-Tropfen im Strafgesetzbuch neu als „gefährliches Werkzeug“ im Paragrafen 177 verankert werden. Dieser regelt unter anderem Straftaten wie sexuelle Übergriffe, Nötigung und Vergewaltigung. Bisher umfasst der Begriff „gefährliches Werkzeug“ nur feste Gegenstände wie Messer, Glasflaschen oder auch Kugelschreiber, die zum Zustechen verwendet werden. Flüssige Substanzen wie K.-o.-Tropfen fallen bislang nicht darunter und werden rechtlich anders behandelt.
„Ob die Tatwaffe fest wie ein Messer oder flüssig wie K.-o.-Tropfen ist, darf keinen Unterschied machen“, sagte Benjamin Limbach, grüner Justizminister von Nordrhein-Westfalen, vor dem Bundesrat. Wer mit einer derart gefährlichen Substanz ein Opfer handlungsunfähig mache, handle mit derselben kriminellen Energie wie jemand, der ein Messer verwende.
Bereits jetzt ist es zwar strafbar, K.-o.-Tropfen zum Ermöglichen eines sexuellen Übergriffs anzuwenden. „Das K.-o.-Mittel stellt ein Mittel zur Überwindung eines Widerstandes dar, sodass Freiheitsstrafen von 3 bis zu 15 Jahren verhängt werden können“, erklärte Anja Schmidt, Expertin des Deutschen Juristinnenbunds, kürzlich in einem Interview mit der taz. Mit dem Gesetzesentwurf möchte der Bundesrat nun aber den Mindeststrafrahmen anheben: von 3 auf 5 Jahre.
Rhein fordert mehr Licht und Fußfesseln
Diese Verschärfung sei ein wichtiges Signal an die Opfer und zugleich eine klare Ansage an potenzielle Täter, betonte Minister Limbach. Auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) äußerte sich zum Vorstoß: Das Thema sei Teil des größeren gesellschaftlichen Problems der Gewalt gegen Frauen. „Täglich findet in unserem Land ein Femizid statt“, sagte Rhein.
Deshalb brauche es ein umfassendes Maßnahmenpaket, um Gewalt gegen Frauen wirksam einzudämmen – etwa durch bessere Beleuchtung in Straßenunterführungen, eine verstärkte Polizeipräsenz oder auch die vermehrte Anwendung von elektronischen Fußfesseln.
Als Nächstes muss sich der Bundestag mit der K.-o.-Tropfen-Regelung befassen. Limbach forderte eine zügige Entscheidung. Der Sommer stehe vor der Tür – und damit viele Partys und Festivals, bei denen das Risiko für potenzielle Opfer besonders hoch sei.
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