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Sexualisierte Gewalt in der KircheEs war nicht nur der Papst

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Die Entschuldigungsforderung von Bischof Bätzing an Benedikt ist wohlfeil. Besser wäre es, wenn die katholische Kirche ihre Geheimakten öffnen würde.

Endlich Schluß mit der Vernebelung: die Akten sollten aus den Archiven der Kirche zur Aufarbeitung Foto: imago

J oseph Ratzinger solle sich bei Missbrauchsopfern entschuldigen. Das forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in der Talkshow „Anne Will“. Angesichts der Verfehlungen des emeritierten Papstes, die ein kürzlich erschienenes Gutachten publik machte, ist das eine berechtigte Forderung: Viele wären von den Übergriffen durch Pater H. und andere Täter verschont geblieben, hätten Benedikt und andere Personalverantwortliche damals hingeschaut.

Und viele Betroffene haben bis heute von der Kirche weder eine offizielle Entschuldigung gehört, noch Unterstützung erfahren. Wenn ein Bischof nun öffentlich ein Umdenken einfordert, könnte das bedeuten, dass die katholische Kirche ihre vielen Missbrauchsskandale langsam als systemisches Problem begreift.

Leider spricht dafür wenig: Papst Benedikt ist alt und lang außer Dienst, sämtliche Fälle sind verjährt – da kostet eine medienwirksame Attacke wenig. Hätte Bätzing wirklich etwas gewagt, hätte er verkünden können, dass man künftig alle Personalakten aus den Geheimarchiven der Diözesen einer unabhängigen Überprüfung zugänglich macht – und die übliche Aktenvernichtung nach 10 Jahren einstellt. Stattdessen hat er nur auf Ratzingers fragwürdige Berater hingewiesen.

Da ist sie wieder, die gute alte katholische Scheindebatte: Ein paar Leute haben sich schuldig gemacht, weg mit ihnen! So aber funktioniert Aufarbeitung nicht. Es ist zwar nicht egal, ob Ratzinger sich entschuldigt. Doch bedarf es jetzt vor allem endlich einer Erkenntnis: Die römisch-katholische Kirche als Ganze hat sich schuldig gemacht.

Die übermäßige Machtfülle der Bischöfe, das Fehlen von Gewaltenteilung im Kirchenrecht und die erdrückende rigide Sexualmoral haben eine Atmosphäre geschaffen, in der sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch gedeihen – noch immer. Es wird Zeit, dass die Aufarbeitung der katholischen Missbrauchsskandale in staatlicher Verantwortung geschieht, etwa durch eine juristische Untersuchungskommission. Hierbei könnte die Kirche helfen – wenn sie es denn ernst meint mit der Aufklärung.

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Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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7 Kommentare

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  • Es sind ja nicht nur die Missbrauchsfälle sondern völlig unbeachtet sind zum Beispiel die Suizide schwangerer Haushälterinnen oder die psychisch belastende Situation von Frauen die von Klerikern schwanger wurden und ihren Kindern.



    Hat jemand von der so aufgeklärten Presse diese Situationen beleuchtet?



    Meines Wissen nicht!!

  • Klar, wenn es um die Kirche geht, ist Datenschutz irrelevant - oder wie darf man die Forderung der Veröffentlichung der Personalakten verstehen? Die Personalakten liegen auch in keinen "Geheimarchiven" sondern dürfen schlicht und ergreifend nicht weitergegeben werden. Es gibt Aufbewahrungsfristen, die eingehalten werden müssen, danach sind die Daten zu löschen.

    • Nina Apin , Autorin des Artikels, Redakteurin Meinung
      @Frank Stippel:

      Lieber Herr Stippel,

      da sind Sie nicht richtig informiert. Es gibt sehr wohl bischöfliche Geheimarchive, auf die nur der Diözesanbischof Zugriff hat. Diese enthalten u.a., ich zitiere hier aus den neuen Vorschriften zur Führung von Personalakten der Deutschen Bischofskonferenz: "gravierende Beschwerden und Bewertungen über die Dienst- und Lebensführung, kirchenrechtliche Maßnahmen und Strafverfahren, Meldungen an römische Dikasterien" .



      Das Gute ist, dass diese neue Richtlinie zur Aktenführung erstmalig auch vorschreibt, dass die Geheimarchive für strafrechtliche Ermittlungen geöffnet werden müssen. So lang dies allerdings im Rahmen des Kirchenrechts geschieht, obliegt es weiterhin den Personalverantwortlichen vor Ort, wie konsequent sie dieser Richtlinie folgen.



      Mehr dazu finden Sie zB hier: www.katholisch.de/...ng-veroeffentlicht

      Viele Grüße,



      Nina Apin

  • Unbegreiflich bleibt, dass man eine derartige Vereinigung allein selbst ihre Unmenschlichkeit untersuchen lässt. Das wäre immer und vom ersten Tag an Sache staatlicher Stellen gewesen. Die Figur Jesus übrigens wäre, folgt man der Zeichnung ihrer Person in den einschlägigen Erzählungen, nie aus der katholischen Kirche ausgetreten - weil er nie eingetreten wäre.

  • Dass die Herren Kardinäle, Erzbischöfe etc. jetzt mal wieder vorgeblich reuevoll und zerknirscht ihre Amtskäppis zerknäulen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine 1000jährige perverse Anti-Sex-Fassadenkampagne ist, hinter der sich alle Skandale abgespielt haben. Daher sollten Reformwillige besser diesem Geschäftsmodell durch eine neue Spaltung der Katholischen Kirche oder massenhafte Austritte die Finanzbasis entziehen und eine Alternative gründen: Wer sollte das in einem freien Land verbieten?!



    Ich kann von Glück reden, niemals dieser Organisation angehört zu haben, obwohl ich einige Jahre in einer erzkatholischen Gegend gelebt habe:-((.

  • 4G
    49272 (Profil gelöscht)

    Jeden anderen Verein mit diesen Skandalen hätte man längst verboten. Wann schreitet der deutsche Staat mit allen Mittel ein? Durchsuchungen und Beweissicherung sind die einzigen Mittel um diese umtriebige Schattengesellschaft trocken zu legen. Die geben wie jeder andere Verbrecher nur zu, was sowieso schon nachgewiesen ist. Schluss mit lustig!!!

    • @49272 (Profil gelöscht):

      Was halten Sie davon, wenn in den Sportvereinen hier in Deutschland genau so verfahren würde? Der Staat müsste genau so tätig werden.