Sexualisierte Gewalt in der Kirche: Bischof unter Druck
Dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße wird vorgeworfen, an der Vertuschung eines Falls von sexualisierter Gewalt an Kindern beteiligt gewesen zu sein.

Dabei geht es um den Fall eines heute 69-jährigen Priesters, der in den 1990er-Jahren seinen Nichten sexuelle Gewalt angetan haben soll. Wie das Erzbistum der dpa bestätigte, gestand er das 2010 seinen Vorgesetzten im Bistum Köln. „Diese Information ist nicht belegt, aber bekannt“, teilte das Erzbistum mit. Das Bistum habe auch die Anwaltskosten des Priesters beglichen.
Von dem Geständnis des Priesters ist der Bild-Zeitung zufolge bewusst kein Protokoll angefertigt worden, sondern nur eine handschriftliche Notiz, weil diese notfalls hätte vernichtet werden können. Die Zeitung belegte das mit dem Aktenvermerk zu einem Telefonat, in dem dieses Vorgehen abgesprochen worden sein soll.
Heße, damals Personalchef des Erzbistums, bestritt, dass er zu einem solchen Vorgehen sein Einverständnis gegeben haben soll. „Ich schließe für mich aus, einem Vorgehen zugestimmt zu haben, bei dem in Fällen sexuellen Missbrauchs von Gesprächsinhalten keine Protokolle angelegt oder gar Protokolle, Akten oder Gesprächsnotizen im Zweifel vernichtet werden sollen“, teilte er vergangene Woche mit.
Namenskürzel auf dem Aktenvermerk
Jetzt hat die Bild-Zeitung noch einmal nachgelegt, indem sie darauf hinwies, dass Heßes Namenskürzel auf dem Aktenvermerk zu erkennen sei. „Ja, so sieht es auf der Kopie aus“, zitierte die Zeitung den Bischof. Auf Nachfragen der taz konnte das Hamburger Bistum am Montag nicht mehr antworten.
Heße steht im Feuer, seitdem Die Zeit eine Studie im Auftrag des Erzbistums Köln publik gemacht hat. Demnach hat es Heße bei der Aufklärung von Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirche an Problembewusstsein und Empathie mangeln lassen.
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