Sexualisierte Gewalt gegen Kinder: 54 Fälle pro Tag
Die Behörden zählten 2023 mehr Sexualdelikte gegen Kinder und Jugendliche als zuvor. Als Täter registrierten sie in den allermeisten Fällen Männer.
Bei mehr als der Hälfte der Opfer bestand eine familiäre oder informelle Vorbeziehung wie Freundschaft oder Bekanntschaft zu dem oder der Tatverdächtigen. Die Täter waren wieder überwiegend (zu 94 Prozent) Männer, die Opfer (75 Prozent) überwiegend weiblich. Die Zahl der nichtdeutschen Opfer stieg um über 24 Prozent, die der deutschen um rund 5 Prozent. Neben den Kindern wurden zudem 1.277 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren als Opfer sexualisierter Gewalt polizeilich registriert.
Laut BKA-Bericht sind auch die Fälle von „Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornografischer Inhalte“ stark angestiegen und haben im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht: Die Zahl der registrierten Fälle stieg um 31,2 Prozent auf 8.851. Auch die Zahl der „kinderpornografischen Inhalte“ stieg – und zwar um 7,4 Prozent auf 45.191 Fälle.
Wie schon im Vorjahr weist das BKA bei den stark gestiegenen Zahlen auf die Rolle der US-amerikanischen Organisation National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) hin. Das NCMEC erhält von Internetdiensten wie Facebook Hinweise auf Fälle, lokalisiert sie und leitet sie ans BKA weiter. Allein im Jahr 2023 meldete die Organisation 180.300 Hinweise auf Inhalte mit Kindesmissbrauch. Knapp die Hälfte war nach deutschem Recht strafrechtlich relevant.
Mehr Wachsamkeit gefordert
„Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch“, sagte Innenministerin Faeser am Montag in Wiesbaden. „Das sind entsetzliche Taten, die uns tief berühren und fassungslos machen.“ Mit Verweis auf eine Kampagne der Missbrauchsbeauftragten („Schieb deine Verantwortung nicht weg“) forderte sie mehr Wachsamkeit in der Gesellschaft: „Hinzuschauen und zu handeln, wann immer Gefahren für Kinder drohen – das ist eine zentrale Aufgabe des Staates, aber auch unserer Gesellschaft insgesamt“, so Faeser.
Die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder habe für das Bundeskriminalamt schon seit langem eine hohe Priorität, betonte BKA-Vizepräsidentin Martina Link. „Angesichts der zunehmenden Hinweise und steigenden Fallzahlen haben wir unsere Auswertefähigkeiten und die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden der Länder verstärkt und werden unsere technischen Fähigkeiten weiter ausbauen, um Täter noch schneller und effektiver zu identifizieren.“
Das Bundeskabinett hatte im vergangenen Juni den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen beschlossen. Es soll den Schutz potenzieller Opfer verbessern und Betroffene bei der Aufarbeitung unterstützen.
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