Sexsklaverei im Japan der Kriegszeit: Aufarbeitung soll beschleunigt werden

Tausende Frauen aus Südkorea mussten sich prostituieren. Der Streit über die Vergangenheit belastet die Beziehungen beider Länder.

Jemand hält ein altes Foto von einer Asiatin in seinen Händen

Lee Ok-sun, ehemalige Zwangsprostituierte in Japan, hält ein Bild von sich aus dem Jahr 1947 in den Händen. Foto: reuters

SEOUL taz | Als der deutsche Bundespräsident vor wenigen Wochen Südkorea besuchte, säumten Hunderte schwarz-rot-goldene Flaggen das Zentrum von Seoul. An diesem Montagmorgen dominiert jedoch vor allem das Neongelb der Polizeiwesten. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe ist in der Stadt – und die südkoreanischen Gastgeber wollen die ohnehin angespannte Beziehung nicht noch durch eskalierende Proteste verschlimmern.

Um den miserablen Ruf der japanischen Regierung in Südkorea zu begreifen, reicht ein Blick auf die regelmäßigen Umfragen, in denen Abe meist weniger Zustimmung erhält als Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Auch militärisch wird Japan als größere Gefahr gesehen als die nuklear gerüstete Diktatur im Norden. Die Gründe dafür reichen über 70 Jahre zurück. Doch erst am Mittwoch wurden sie erneut in Seouls Regierungsviertel in Erinnerung gerufen.

In einem Park ließ die Stadtregierung eine Bronzestatue einweihen: Zwei Schulmädchen sitzen dort mit anklagendem Gesichtsausdruck auf einem Stuhl. Sie sollen an das Schicksal der bis zu zweihunderttausend Mädchen erinnern, die Japans kaiserliche Armee im Zweiten Weltkrieg meist aus Korea mit falschen Versprechungen oder Gewalt in die Zwangsprostitution getrieben hatte.

Inzwischen leben nur noch 50 von ihnen, die meisten in einem Heim bei Seoul. Längst ist das Schicksal der Zwangsprostituierten wissenschaftlich dokumentiert, doch eine grundlegende Entschuldigung und eine Entschädigung blieb ihnen von Japan verwehrt. Politiker aus Abes Partei diffamierten die Frauen immer wieder als gewöhnliche Prostituierte.

Ökonomischer Zugzwang

Beim ersten bilateralen Treffen seit über dreieinhalb Jahren haben sich Südkoreas konservative Präsidentin Park Geun-hye und Abe am Montag darauf geeinigt, die Gespräche zur Aufarbeitung der Sexsklaverei und weiterer japanischer Kriegsverbrechen zu beschleunigen. Viel mehr an Substanz gab das eineinhalbstündige Gespräch nicht her. Doch allein, dass sich die beiden zivilisiert an einen Tisch gesetzt haben, gilt als kleiner Erfolg – zumal sie sich dabei auch zur Absicht durchgerungen haben, die Gespräche weiter aufrechtzuerhalten.

Lange konnten es sich Park und Abe in ihren Animositäten bequem machen. Sie bedienten damit auch Ressentiments im Volk. Doch je düsterer Südkoreas Wirtschaftsprognosen ausfielen, desto mehr wuchs der Druck auf Park, zumindest den ökonomischen Austausch mit der früheren Kolonialmacht zu verbessern. Ausgerechnet China könnte dabei als Katalysator dienen: Nachdem sich das sinojapanische Verhältnis kürzlich etwas entspannt hat, fürchtete Südkorea das Nachsehen.

Und doch wurde Japans Regierungschef alles andere als warm empfangen: Im Gegensatz zu dem Sonntag aus China angereisten Li Keqiang gab es für Abe keine Fanfaren und keinen offiziellem Staatsempfang. Selbst ein anschließendes Mittagsessen, nach dem Abe anfragen ließ, wurde ihm vom Gastgeber verwehrt – offiziell aus Zeitgründen.

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