piwik no script img

Sexismus bei GamernPrinz rettet Prinzessin

Frauenfeindlichkeit in Videogames? Gibt es jede Menge. Obwohl Frauen im Netz und in der Spieleszene mittlerweile kräftig mitmischen.

Frauen sind aktiv in der Szene und dennoch Objekte. Bild: dpa

Der edle Prinz befreit die Prinzessin. Diese Geschichte kennen wir aus Kindermärchen. Oder als Klempner Mario, der Princess Peach errettet. So ist es mittlerweile in vielen Computerspielen der Fall. Dieses simple geschlechterstereotype Schema scheint leider so gut zu funktionieren, dass Videospiele dieser Art den Game-Markt dominieren.

Als sogenannte forschende Gamerin und gamende Forscherin untersucht Maike Groen, 33, Sozialwissenschaftlerin an der Universität Göttingen, in ihrer Promotionsarbeit „Games, Geeks und Gender“. Sie geht der Frage nach, wie sich das Bild von Spielerinnen verändert, wenn sie in der Szene sichtbar sind. Darüber wird sie am Mittwoch auf dem Kongress „Wessen Internet“ der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin berichten.

Die Sichtbarkeit per Liveschaltung und Video mache einen Unterschied, glaubt Groen. Allein deshalb, weil man sich nicht allein hinter einem Avatar, einem Spielcharakter, verstecken könne. Plattformen wie Youtube, aber auch das Live-Streaming-Portal Twitch, das ausschließlich zur Übertragung von Videospielen genutzt wird, boomen.

Groen zeigt, dass Gaming ein Massenphänomen ist, auch wenn es weiterhin medial als Subkultur behandelt wird. „Spielen ist zentrales Sozialisationsmoment für Kinder, zunehmend geschieht es digital“, sagt die Expertin. Deshalb müsse man die Auswirkungen von Computerspielen auf Kinder untersuchen. Denn verstärkt tauchen sexistische Formulierungen auf. In Chats werde schon mal „Ich reiß dir den Arsch auf“ gesagt. Die weibliche Erniedrigung sei zentraler Bestandteil in Games.

Gedöns-taz

Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.

Groen fordert eine Betrachtung, inwieweit das Spielen identitätsstiftend ist. Das ist nur allzu verständlich, denn Identität wird täglich neu innerhalb des sozialen Umfelds verhandelt. Sexismus und Homophobie sind in der Gamerszene ein umfassendes Problem.

„Gamergate“

Im vergangenen Jahr wurden in der Spieleszene Sexismusvorwürfe wie Belästigungen, Drohungen und Beleidigungen gegenüber Frauen als „Gamergate“ bekannt. International wird das anders verhandelt als in Deutschland, so Groen. Für die Gaming-Community, die sehr divers ist, könne man keine einheitlichen Aussagen treffen, im Gegensatz zu Mainstreammedien. Frauen in der Szene seien auch früher schon von Sexismus betroffen gewesen. Groen: „Dennoch ist das ein patriarchaler Backlash gewesen.“

Dagegen helfe Solidarität, Veröffentlichung und der Zusammenschluss, meint Groen. Obwohl man „die heterosexuelle Matrix und die hegemonialen Männlichkeitsstrukturen“ in der Nerd-Kultur nicht umgehen könne. Der Sexismusdiskurs sei wichtig, da es in Spielen kaum positiv besetzte Rollenbilder von Frauen gebe.

Allerdings werde auch „ein spezifisches Männerbild wie des Unangreifbaren“ propagiert, erklärt die Sozialforscherin. Die Spieleindustrie sei leider immer noch auf ein männliches, weißes Nutzerprofil eingeschworen, obwohl die Zahl der weiblichen Spielerinnen zunimmt und sehr wohl präsent ist.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • 1G
    19122 (Profil gelöscht)

    Jill Valentine ist seit jeher mein Videospielheld Nr. 1 :)

  • Einfach nicht mehr mit den angesprochenen Games spielen.

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    "männliches, weißes Nutzerprofil..., obwohl die Zahl weiblichen Spielerinnen zunimmt."

     

    Interessant, dass Frauen scheinbar nicht weiß oder schwarz sind. Das ist irgendwie menschenverachtend. Entweder rassistisch oder männerdikriminierend.

  • "Dieses simple geschlechterstereotype Schema scheint leider so gut zu funktionieren, dass Videospiele dieser Art den Game-Markt dominieren."

     

    Naja, ob das so stimmt? Schauen wir uns doch mal die best verkauften Spiele der letzten 5 Jahre an:

     

    2010: 1. Wii Sports 2. New Super Mario Bros 3. Call of Duty: Black Ops 4. Wii Fit Plus 5. Kinect Adventures! 6. Halo Reach 7. Pokemon Heart Gold / Soul Silver 8. Super Mario Galaxy 2 9. Gran Turismo 5 10. Mario Kart Wii

     

    2011: 1. Call of Duty: Modern Warfare 3 2. Pokemon Black / White 3. Kinect Adventures! 4. Just Dance 3 5. Mario Kart Wii 6. Wii Sports 7. Battlefield 3 9. Gears of War 3 10. The Elder Scrolls V: Skyrim

     

    2012: 1. Call of Duty: Black Ops II 2. Halo 4 3. Pokemon Black / White 2 4. FIFA Soccer 13 5. Just Dance 4 6. New Super Mario Bros 2 7. Kinect Adventures! 8. Assassin's Creed UUU 9. Mario Kart 7 10. Super Mario 3D Land

     

    2013: 1. Grand Theft Auto 5 2. Pokemon X / Y 3. Call of Duty: Ghosts 4. FIFA Soccer 14 5. The Last of Us 6. Animal Crossing: Jump Out 7. Luigi's Mansion: Death Moon 8. Monster Hunter 4 9. Minecraft 10. Just Dance 2014

     

    2014: 1. Pokemon Omega Ruby and Alpha Sapphire 2. Call of Duty: Advanced Warfare 3. Dairantou Smash Bros 4. Grand Theft Auto V 5. FIFA 15 6. Destiny 7. Mario Kart 8 8. Minecraft 9. Watch Dogs 10. Youkai Watch 2 Ganso / Honke

     

    2015: 1. Legend of Zelda: Majora's Mask 3D 2. Grand Theft Auto V 3. The Order 1866 4. Call of Duty: Advanced Warfare 5. Battlefield: Hardline 6. Pokemon Omega Ruby and Alpha Sapphire 7. Dying Light 8. Monster Hunter 4 9. FIFA 15 10. Evolve

    • @aho90:

      Wer dominiert hier? Spiele mit diesem Prinzip? Gerade mal 4 Spiele auf 4 Plätzen vertreten und zwar auch nur 2010 und 2011... und natürlich ausschließlich Mario, der wahrscheinlich bis zum Ende der Menschheit für diese These herhalten muss. Nein, dominieren tun die Shooter und nicht das Prinzip "Mann rettet Frau". Nehmen diese Wissenschaftler eigentlich die aktuelle Lage unter die Lupe oder müssen die eigenen Computerspiele von 1980?

      • @aho90:

        Müsste 2010 und 2012 heißen.

      • @aho90:

        *dafür herhalten

        • @aho90:

          yay! Prince of Persia - in schwarz-weiss! :-)

  • Frauen sind Objekte in der "Gamer Szene" ja genau....

     

    Frauen spielen schon seit einer Ewigkeit Computerspiele. Werfen sie ihren Eltern vor das sie als Kind eine Barbie bekommen haben und Feuerwehrauto?? Da wird man ja schon als Kind in die Geschlechterrolle gepreßt^^

     

    Genau gut kann man sagen das der Mann hier seine Rolle vorgeschrieben bekommt, immer der "Held" zu sein, was aber auch totaler Unfug ist. Man betrachtet hier mal wieder nur einen Teilaspekt und zwar nur den der einem bei seiner Argumentation nützt.

     

    Wer dann noch behauptet " Ich reiß dir denn Arsch auf" ist sexistisch stellt sich doch nur selbst ins Abseits.

     

    Auch werden Spieler immer als "nerds" oder "geeks" bezeichnet. Hier regt man sich dann nicht über die Sprachwahl auf. Nach deren Logik wird man doch hier diffamiert. "ach das sind doch nur nerds" wenn man so Leute nur lang genug quatschen läßt, entlarven sie sich immer selbst.

    • @snowcrash:

      Wie heißt es doch so schön: Emanzipation ist nur für Frauen

    • @snowcrash:

      Stimmt, es gibt viele Spieler aus dem ganzen Spektrum der Gesellschaft. Nicht jeder ist automatisch ein Nerd oder Geek. Und nicht jeder Mann will immer den Helden spielen.

       

      So sieht man, wie man doch immer wieder (unterbewusst) Menschen in Schubladen einsortiert, wo diese mitunter gar nicht reingehören.

  • Das Prinzip "Prinz/Held rettet Prinzessin" finden wir doch schon in alten Märchen und Erzählungen. Videospiele haben das, als neue Form der Unterhaltung, übernommen.

    • @Jens Brehl:

      "Das gab es früher auch" ist keine besonders plausible Erklärung dafür, dass gewisse Dinge sich noch nicht geändert haben. Es soll ja schließlich Kanibalismus gegeben haben unter den letzten Bandkeramikern. Ich hoffe nicht, dass Sie der Ansicht sind, die Menschenfresserei sei noch so richtig zeitgemäß.

      • @mowgli:

        Ich möchte gar nichts rechtfertigen, sondern ich wollte darauf hinweisen, dass es kein neues Phänomen ist. Nicht mehr und nicht weniger.

        • @Jens Brehl:

          Ja, Herr Brehl. Dieser Hinweis ist unter einem Artikel, dessen 2ter Satz "Diese Geschichte kennen wir aus Kindermärchen" lautet, auch echt unverzichtbar. Wir würden ohne solche Hinweise gar nicht merken, dass Gendertraditionen z.T. schon sehr lange existieren.

          • @Spin:

            Diesen Satz hatte ich tatsächlich überlesen.

  • Niemand braucht in die Digitale Welt zu gehen um zu wissen, dass Spiele prägen. Dass sie es tatsächlich tun, lässt sich allerdings auch dort herausfinden. Die Menschen, schließlich, sind hier wie da die selben. Männer? Frauen? Ganz egal.

     

    Offenbar sind nicht einmal Frauen, die sich hauptberuflich mit Gender-Fragen befassen, sicher vor der eigenen, auch im Spiel erworbenen Prägung. Ob es nun Maike Groen war, die behauptet hat, der Diss: "Ich reiß dir den Arsch auf" weise auf "weibliche Erniedrigung“ hin, ist nicht wirklich wichtig. Wichtig ist, dass sich hinter diesem Trug- bzw. Kurzschluss eine ganze Menge Ignoranz verbirgt.

     

    Auch hier wird jenes "spezifische[] Männerbild" erkennbar, das den "Unangreifbaren" darstellen soll. Den, der mit Gewalt eindringt. Da, wo's richtig weh tut. Dass der, der den "Arsch offen" hat nach der Intervention des Mächtigeren, eine Frau sein muss, ist allerdings noch lange nicht gesagt.

     

    Maike Groen fordert eine Betrachtung, inwieweit das Spielen identitätsstiftend ist? Fein! Betrachten wir. Und stellen fest: Sexismus und Homophobie sind ein Problem. In der Gamerszene wie auch anderswo. Und meistens fallen sie sogar in eins. Weil es nämlich nicht um weiblich oder männlich geht in den brutalen Spielen dummer Menschen, sondern um Gewalt und um die Macht, die sie (gefühlt) verleiht.

     

    Der vermeintliche "patriarchale[] Backlash" ist ein Irrtum, denke ich. Eine optische Täuschung, sozusagen. Es ist seine neue, ehrlichkeitsbedingte Sichtbarkeit, die das Patriarchat mal wieder mächtiger erscheinen lässt, als es noch ist bzw. gewirkt hat bis vor ein paar Jahren. Dass es keine positiv besetzten Frauen gibt in viel zu vielen Games, liegt im Übrigen vor allem an den Spielen, die die Menschen gerne spielen.

     

    Gesellschaften reproduzieren sich nun einmal auch mittels ihrer Spiele. Ich hoffe sehr, dass die Sichtbarkeit dieses Umstandes tatsächlich einen Unterschied macht.

    • @mowgli:

      Ich stimme zu, dass es auch mit Sichtbarkeit des Problems zu tun haben kann. Es ist aber ziemlich plausibel, dass dadurch wiederum ein gewaltvoller Backlash initiiert wird.

      Kinderspielzeug - blau/pink ist inzwischen ja auch konservativer geworden als noch vor einer Generation.

  • "positiv besetzte Rollenbilder von Frauen" fehlen mir in manchen Spielen. Die spiel ich aber auch ungern. Jeder Markt hat aber seine Käufer.

  • Soweit nichts neues. Was allerdings an „Ich reiß dir den Arsch auf“ sexistisch sein soll erschließt sich mir nicht.

    • @Georg S.:

      Meiner Meinung wird die Redensart viel häufiger in der ganz unsexistischen Form von "Ich reiß MIR den Arsch auf" verwendet, und zwar im Sinne von "Ich zerreiße mich förmlich vor Anstrengung ...", meistens sinngemäß gefolgt von einem "... während XYZ sich einen schönen Lenz macht."

       

      Um diese meine Hypothese zu prüfen, habe ich gerade gegoogelt und dabei festgestellt, dass die sexistische Konnotation in der Version mit "DIR" wohl tatsächlich besteht, weil die gegoogelten Zitate überwiegend auf Pornoseiten erscheinen, allerdings offenbar vielfach gespiegelt, insgesamt also weit weniger häufig.