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„Sesamstraße“ gegen RassismusWer nicht fragt, bleibt dumm

Die US-amerikanische „Sesamstraße“ hat zwei neue Figuren. „Elijah“ und „Wes“ sollen helfen, Kinder über Rassismus aufzuklären.

Neu in der „Sesamstraße“: Wes und sein Vater Elijah sollen ein Zeichen gegen Rassismus setzen Foto: Zach Hyman/dpa

Unter dem Eindruck der jüngsten Rassismus-Debatten hat die weltweit bekannte „Sesamstraße“ zwei neue Handpuppen in ihrem Ensemble vorgestellt. Mitte der Woche sind die neuen Figuren erstmals in Videoclips auf Youtube erschienen. Parallel stellten die Ma­che­r*in­nen ihr neues Projekt auf ihrer Webseite vor. Ziel sei es, Kinder über Rassismus aufzuklären und aktuelle Geschehnisse, wie die „Black Lives Matter“-Bewegung, abzubilden. Bei den neuen Puppen handelt es sich um den schwarzen Vater Elijah und dessen Sohn Wes, die in den Videos unter anderem über unterschiedliche Hautfarben sprechen. „Warum ist die Haut von Wes dunkel?“, fragt „Sesamstraße“-Bewohner Elmo, ein kleines rotes Pelzmonster.

„Ich weiß es, Elmo“, antwortet Wes. „Meine Mami und und mein Papi haben es mir gesagt, das hat mit Melanin zu tun, nicht wahr, Papi?“ – „Das ist richtig. Melanin hat jeder von uns im Körper. Es gibt unserem Körper außen seine Farbe. Es gibt auch unseren Augen und unserem Haar die Farbe“, antwortet Vater Elijah.

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Seit 1969 ist die Sesamstraße eine Institution im Bildungsfernsehen der USA. Inzwischen ist sie außerdem in mehr als 150 Ländern zu sehen. In Deutschland läuft die Sendung seit 1973 – mit Unterbrechungen und immer mal wieder mit neuem Konzept. Sie richtet sich an Kinder im Vorschulalter und soll ihnen auf spielerische Art Wissen vermitteln – Alphabet und Einmaleins, wissenschaftliche Zusammenhänge, aber auch Alltagsfragen.

Dabei spielte gesellschaftliche Vielfalt und Politik schon immer eine Rolle. 2013 stellte die US-Version eine Puppe namens Alex vor, deren Vater im Gefängnis sitzt. 2017 war dort erstmals die Puppe Julia, eine Figur aus dem autistischen Spektrum, zu sehen. In der südafrikanischen Variante gibt es mit „Kami“ eine Figur, die durch eine Bluttransfusion mit HIV infiziert wurde.

„Kinder sind nicht farbenblind“

Die „Sesamstraße“ richtete sich nie einfach nur an die Mittelschicht, sondern immer vornehmlich an sozial schwächere Familien. Als fiktive Straße in der Großstadt, mit rauchenden Gullys und scheppernden Mülltonnen. Auf den Treppen vor den Häusern spielen Kinder und lassen sich, mal von Puppen, mal von den Erwachsenen, die Welt erklären. Neben Afroamerikanern leben in der fiktiven Straße Hispanics, Asiaten und Amerikaner mit weißer Hautfarbe.

„Kinder sind nicht farbenblind. Sie bemerken als Kleinkinder schon Unterschiede in der Hautfarbe und entwickeln auch sehr früh ein Identitätsgefühl“, erklärt Jeanett Betancourt, Leiterin des „Sesame Workshop“ in New York, der die „Sesamstraße“ produziert, in einem Beitrag auf ihrer Webseite. „Indem wir zu den notwendigen Gesprächen ermutigen, können wir Kindern helfen, ein positives Selbstwertgefühl zu entwickeln und die Identität anderer zu wertschätzen.“ Es sollen demnächst auch Figuren hispanischer Herkunft vorgestellt werden.

Schon in den letzten zwei Jahren hatte die Sesamstraßen-Familie Zuwachs bekommen: Basma, Jad und Ma'zooza hießen die neuen Puppen, die Flüchtlingskinder im Nahen Osten besuchten. Die drei neuen Figuren sprechen Arabisch und widmen sich spielerisch dem Thema Trauma. „Sesame Workshop“ hat in Zusammenarbeit mit dem International Rescue Committee (IRC) mehrere Folgen einer Staffel im Nahen Osten produziert.

Später wurden auch noch die Zwillinge Noor und Aziz entwickelt, für eine spezielle Ausgabe auf YouTube, die sich an Kinder der Volksgruppe der Rohingya aus Myanmar richtet. Die Puppen sind dieser Volksgruppe nachempfunden. Damit sollen die Kinder, die kaum Zugang zum Bildungssystem haben und deren Familien vor Militärgewalt im Nachbarland Myanmar geflohen sind, zum Beispiel Mathematik lernen.

Und in Deutschland? Hierzulande wurden bislang noch keine allzu heiklen Themen behandelt. Aber warum sollte Ernie nicht freitags streiken gehen und sich impfen lassen? Während Bert sich vorbereitet, das Bundesamt für Verfassungsschutz zu übernehmen um hier und da mal ein Machtwort zu sprechen. Währenddessen würde die Schnecke Finchen erklären, dass ein Tempolimit von 120 km/h für alle das Beste wäre und Grobi würde ganz ausversehen alle Atomkraftwerke gleichzeitig vom Netz nehmen. Rumpel steckt derweil in Schwierigkeiten, denn er wollte über Schwangerschaftsabbrüche aufklären und hat jetzt dafür eine Anzeige am Hals.

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7 Kommentare

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  • „Kinder sind nicht farbenblind“ - doch, meiner Erfahrung nach ist die Hautfarbe eines Menschen, gerade für die Kleineren, kein signifikates Unterscheidungsmerkmal. Man lasse sich mal von einer Sechsjährigen einen Poc beschreiben - da kommt alles, nur nicht die Hautfarbe. Gibt irgwntwie wie Hoffnung.

    • @Samvim:

      Hab ich auch so erlebt.

      Gerade habe ich mir das Video auf YouTube angeguckt, in dem Elmo Wes fragt, wieso er braune Haut hat. Wieso es antirassistisch sein soll, dass Nichtweisse ihre Hautfarbe "erklären" sollen, erschließt sich nicht. Und dann wird noch gesagt, dass die Hautfarbe wichtig sei und man das "race" nenne. Hoffentlich kommt das nicht in der deutschen Sesamstraße.

  • Wird damit nicht gesagt, dass die Hautfarbe bei schwarzen Menschen das wichtigste sei? Jedenfalls in meiner Kindheit war das Besondere an denPuppen doch, dass sie gerade KEINE menschliche Hautfarbe hatten, sondern grün, rot, blau oder gelb waren.

    • @BlauerMond:

      Und von Anfang an war Gordon dabei, und der war keine Puppe, sondern ein Mensch. Als ich die Sendung als Kind regelmäßig gesehen habe, ist mir nie die Frage in den Sinn gekommen, warum Gordon eine dunkle Hautfarbe hat. Und es hat nach meiner Erinnerung auch niemand in der Sesamstraße danach gefragt.

  • Andere Identitäten wertzuschätzen klingt sehr gut.

    Wichtig dabei scheint es mir die Kurve zu bekommen, bevor es so aussieht, dass die Identität über alles geht und mit einem ganz heiklen Minenfeld verbunden ist.

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Irgendwie war für mich die Sesamstraße (in den 1970er) schon durch die unterschiedlichen Farben der Körper der Puppen vollkommen antirassitisch ... und wir als Arbeiterkinder haben sowieso regelmäßig nur eins gekannt: Kinder!

    Als dann die Mittel- und Oberschicht auf uns an der Hauptschule herabblickten und Gesamtgesellschaft immer schön auf Elfenbeinturm machte, während hunderttausenden Kindern jegliche Perspektive jenseits von Sozialhilfe zerstört wurde, wurde immer klarer:

    Wir brauchen mehr Internationalen Klassenkampf als bildungsbürgerliche Arroganz, der unsere Probleme nur aus dem Politik- oder Sozialkunde"unterricht" kennt.

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Ja, die alte Sesamstraße war antirassistisch. Und nicht nur die Puppen hatten unterschiedliche Farben.