Serienkolumne Die Couchreporter: Broken Pussy in Da Club
Issa Rae ist die witzigste, intelligenteste, krasseste, schwärzeste Comedian. Ihre Serie „Insecure“ bricht mit den Stereotypen schwarzer Frauen.
D as Internet ist besser, als man denkt. Nur ganz manchmal braucht es noch das Fernsehen, um das zu erkennen. Issa Rae war zwar schon ein Youtube-Star, bevor sie ins Fernsehen kam. Aber ich zumindest hab sie erst durch HBO entdeckt. Und HBO weiß gar nicht, wie sehr ich das Internet seitdem nach Issa Rae durchforste.
Issa Rae ist die witzigste, intelligenteste, krasseste, schwärzeste Comedian, die alles von den Huxtables aus „Die Bill Cosby Show“ bis zu den Johnsons aus „Black-ish“ in den Schatten stellt und Lena Dunham sowieso. Bevor Issa Rae von HBO entdeckt wurde, hatten 20 Millionen Zuschauer ihre zwischen 2011 und 2013 entstandene Webserie „The Misadventures of Awkward Black Girl“ auf Youtube geguckt.
Am Sonntag nun lief die letzte Folge der ersten Staffel von „Insecure“, der Serie, die Rae für HBO produziert hat. Ihre Hauptrolle Issa wird von allen Seiten als erster weiblicher Seinfeld und lange vermisste schwarze Stimme gefeiert, die mit Stereotypen schwarzer Frauen bricht.
Issa, 29, lebt wie die Schauspielerin in L.A. Sie arbeitet in einem Projekt für schwarze Schüler. Issa ist sozial schwer verträglich, manövriert sich und andere ständig in peinliche Situationen, weil sie ihr Unverständnis, ihre Unsicherheit, ihren Hass, ihre Enttäuschungen, ihre sexuelle Unzufriedenheit und ihr emotionales Chaos nicht verbergen kann und will.
Issa Rae im Mittelpunkt
Wenn sie frustriert ist, redet Issa mit sich selbst, am liebsten vor Spiegeln, im Badezimmer, in öffentlichen Toiletten oder im Rückspiegel ihres Autos. Das tut sie immer in Rapform. Aber auch daran verzweifelt sie ständig. Zum Beispiel, wenn sie vergeblich nach Worten sucht, die sich auf „pussy nigger“ reimen.
Auch wenn Issa Rae einige prominente und erfahrene Serienproduzenten wie Larry Wilmore und Melina Metsoukas an ihrer Seite hat und keine Geringere als Solange Knowles, die Schwester von Beyoncé, die musikalische Beraterin für „Insecure“ ist, ist Issa Rae hier Autorin, Produzentin und Hauptdarstellerin.
Sie selbst sagt über die Serie, dass es um das ganz normale Leben ganz normaler Leute geht. Nur dass die eben schwarz sind. Issa Rae, die African-American Studies studiert hat, will das ganz normale schwarze Leben außerhalb von Drogen, Gangster oder Getto zeigen. In einer Folge ihrer Webserie arbeitet sie beispielsweise als Verkäuferin in einem Klamottenladen. Als sie einer schwarze Kundin nicht weiterhelfen kann, flüstert die ihrer Tochter zu: „Siehst du. Das wird aus dir, wenn du African American-Studies studierst.“
Issas Humor lebt auch von großer Selbstironie. Gleich in der ersten Folge von „Insecure“ rappt sie auf der Bühne eines Clubs über eine unglückliche Frau zu dem Refrain „Broken Pussy“. Aber nicht ihre beste Freundin Molly, auf die sich der Rap bezieht, wird zum peinlichen Objekt dieses Auftritts, sondern Issa selbst. Ihre Schüler entdecken auf Youtube das Video ihres Auftritts und singen, wenn sie Issa auf dem Pausenhof sehen: „Broken Pussy.“
„Insecure“ ist weniger schmutzig als die Webserie „The Misadventures of Awkward Black Girl“. Die kann man sich auf Raes Homepage angucken. Und feststellen, dass das Internet krasser ist als das Fernsehen.
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