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Serie Öffentlich-rechtlicher RundfunkRadikal digital

Egal, mit welchem Gerät wir uns künftig informieren: Wir brauchen einen Rundfunk, der alle erreicht. Dazu müssen die vielen Barrieren im Netz weg.

So ein altes Radio ist schon schick, aber die digitale Verbreitung von Informationen wird immer wichtiger Foto: Igor Ovsyannykov/Unsplash

Die Schweizer haben in den vergangenen Monaten leidenschaftlich über ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk diskutiert, bis sie am Ende mit großer Mehrheit „Ja!“ zum Erhalt des Rundfunkbeitrags gesagt haben. Dass die Debatte nun auch in Deutschland geführt wird, ist überfällig.

Die Argumente pro und contra einen von der Allgemeinheit finanzierten Rundfunk sind in der Schweiz und in Deutschland ähnlich. Es gibt schließlich ein reichhaltiges Angebot an Information im Internet, eine breite Presselandschaft – da scheint die Legitimationsfrage durchaus berechtigt. Doch die Aufgabe von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist heute wichtiger denn je, nämlich eine qualitativ hochwertige Grundversorgung zu gewährleisten – und damit zur freien demokratischen Willensbildung beizutragen. Ich würde sogar sagen: Gäbe es den Öffentlich-Rechtlichen nicht, müsste man ihn gerade heute erfinden.

Die öffentliche Meinungsbildung ist großen Verwerfungen ausgesetzt. Fake News, Hate Speech und Echokammern gefährden den demokratischen Diskurs. Dazu kommt: Die meisten Informationsangebote im Internet sind marktwirtschaftlichen Prinzipien unterworfen, die auf Sensation und Skandalisierung drängen. Und Vielfalt von Anbietern bedeutet nicht automatisch Vielfalt von Meinungen. Die Konzentrationstendenzen in den Medienmärkten sind zurzeit besonders hoch.

Die Willensbildung im Netz muss vor Missbrauch und Manipulation geschützt werden. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der Wahrhaftigkeit und hohen Qualitätsstandards verpflichtet ist, muss hier verlässliche Quelle sein. Zwar erfüllen auch private Angebote diese Anforderungen, ihre Finanzierung ist hingegen schwer. Es gibt in der Politik Tendenzen, den Öffentlich-Rechtlichen auf die Nischen reduzieren zu wollen, die die Privaten nicht abdecken. Das widerspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und würde die funktionsgerechte Finanzierung des Grundversorgungsauftrags nicht mehr gewährleisten. Ein Korrespondentennetz finanziert sich nicht on demand.

Tabea Rößner
Tabea Rößner

ist medien­politische Sprecherin der Grünen im Bundestag.

Damit ARD und ZDF ihre Aufgabe weiter erfüllen können, muss der öffentlich-rechtliche Auftrag zukunftstauglich werden. Schon jetzt informieren wir uns immer mehr im Netz, über sprachgesteuerte Systeme, multifunktionale Bildschirmgeräte. Angebote wie die Serie „Bad Banks“ werden deutlich stärker in den Mediatheken abgerufen als im linearen Programm.

Willensbildung im Netz

Daher müssen sie im Netz verfügbar und auffindbar sein. Dass Online-Angebote nach sieben Tagen gelöscht werden müssen, ist unzeitgemäß. Genauso das Verbot von presseähnlichen Inhalten, die sich nicht auf Sendungen beziehen. Online-Berichterstattung ist immer ein Mix aus Text, Stand-, bewegtem Bild und Audio. Ursprünglich sollten durch die Regelung Verlage geschützt werden. Aber die Presse kriselt auch ohne ein nennenswertes öffentlich-rechtliches Angebot, wie ein Blick in die USA zeigt.

Die Serie

Zu langweilig? Zu teuer? Man muss nicht grundsätzlich gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein, um ihn zu kritisieren. Zuletzt haben rechtspopulistische Bewegungen die Debatte bestimmt – mit simplen Parolen. Die taz will eine konstruktive Diskussion: Welchen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen und brauchen wir? Was muss sich bei ARD, ZDF und Deutschlandradio ändern? Zu diesen Fragen lesen Sie im Zuge dieser Serie mehrere Gastbeiträge.

Rundfunk muss Öffentlichkeit (wieder)herstellen. Ein vielfältiges Meinungsbild gewährleisten, der Fragmentierung und Personalisierung entgegenwirken. Der Schwerpunkt des Auftrags muss sein: Alle Menschen müssen erreicht werden.

Wo soll öffentliche Willensbildung in Zeiten des Internets stattfinden? Auf YouTube? Viele öffentlich-rechtliche Angebote suchen hier ihr Publikum. Wie aber kann der Intransparenz dieser Anbieter begegnet werden? Mit einer öffentlich-rechtlichen Plattform, die Raum für demokratischen Diskurs schafft und alle gesellschaftlichen Gruppen einbezieht. Ein „Public Open Space“ ähnlich der BBC-Plattform mit Angeboten anderer Bildungs- und Wissenseinrichtungen, auf der sich das Publikum einbringen kann.

Entscheidend ist: Eine umfassende Reform zur Gewährleistung der freiheitlichen Meinungsbildung muss aus publizistischen – nicht aus finanziellen – Überlegungen angegangen werden. Danach bemisst sich die Finanzierung. Der Beitrag folgt dem Auftrag und nicht umgekehrt.

Egal, mit welchem Gerät wir uns künftig informieren: Wir brauchen ein Angebot, das alle erreicht. Das zur gemeinsamen Diskussion versammelt, solide informiert, Orientierung bietet und Interaktion ermöglicht, mutig und offen ist für neue Themen und Formate. Keine leichte Aufgabe, aber sie muss jetzt gelöst werden.

Bisher erschienen:

Stillstand ist keine Option

Die Gebühren-Diskussion nervt

Eine Gesellschaft braucht Fiktion

Das Hinterherhecheln

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7 Kommentare

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  • Also ich weiß ja nicht, wer für Titel, Bild und Bildunterschrift verantwortlich ist - ich hoffe Frau Rössner ist da weitsichtiger. Hier wird "Radikal digital" anscheinden mit der totgeburt des digitalen Radios (DAB+) assoziiert. Und das zeugt weder von Kenntnis noch medienpolitischer Perspektive. Das Digitalradio, seit Jahrzehnten massiv durch Gebührengelder der Öffentlich-Rechtlichen subventioniert, ist ein Flop. Nur eine Minderheit nutzt DAB+, während immer mehr user online Radio und Musikstreaming hören. Die überwiegende Mehrheit der Radiohörer schaltet ein UKW-Gerät ein und ist zufrieden damit. Der einzige Nutzen besteht für die Radiounternehmen und die ARD-Anstalten in geringeren Technik-Kosten für die Sendeanlagen. Dem Digitalradio droht ein ähnlich unrühmliches Ende wie in den 90ern dem direktempfangbaren TV-SAT Fernsehsatelliten, der von der ASTRA-Technik ausgeknockt wurde. DAB+ ist das Kalkar (Schneller Brüter) der Rundfunktechnik. Und wer hat's bezahlt? Wir ham's bezahlt! Siehe auch: https://medienfresser.blogspot.de/2017/03/dobrindts-digitalradio-roadmap-irgendwo.html und https://medienfresser.blogspot.de/2016/12/digitalradio-privatsender-wollen-500.html

  • Und PS: Die deutsche ARTE widmet uns zu jeder Tages-und Nacht-Zeit blöde Einblenungen nach dem Motto: "Diesen Beitrag widmet Ihnen .... "[und dann folgt ne Sprachlernwebsite oder Ähnliches Kommerzielle]. Gabs da bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht mal ne Schallmauer: Werbefrei ab 20 Uhr ?

  • Überall öffentlich-rechtlich wird falsch ins Deutsche übersetzt (etwa bei Dokus von BBC oder RAI). Da wird in Südfrankreich aus 'forage a garden' mal schnell eine "Gartenschmiede" (- 'forge'). Und umgekehrt bei ARTE gleiche Fehler ins Französiche: Da macht dann jemand aus der anarchsitischen Basisgewerkschaft der Freien Arbeiter Union FAU sowas ähnliches wie eine Gewerkschaft Freier Mitarbeiter - was bei einem Beitrag über schein-selbstständige Fahrrad-Essensausfahrer/innen zwar plausibel aussieht, und vielleicht sind schon die deutschen Macher der Reportage diesem Irrtum aufgesessen, aber was eben nunmal nicht stimmt. Die FAU benennt sich so aus einem Selbstverständnis als Freie Union von Arbeitern, nicht eine Union freier Mitarbeiter.

    Wenn so übersetzt wird, wie definiert sich dann Qualitäts-Information ? Ich hab bei langjährigem RAI-Kucken kaum je solche Übersetzungsfehler gefunden, und die zeigen auch jede Menge BBC.

  • Stimme der Autorin voll zu! Leider ist die Ausstrahlungspolitik der ÖR nicht mehr zeitgemäß. Auch werden Online-User, trotz neuem Rundfunkbeitrag, nicht mit klassischen TV Nutzern gleichgestellt. Ein Beispiel sind die Standbilder à la "Dieser Beitrag ist aus rechtlichen Gründen online nicht verfügbar". In den ZDF heute Nachrichten vom 19 Uhr kommt dieser mehr als jede zweite Sendung vor! Und es betrifft nicht nur Sport, so wurden bspw. auch die Nobelpreisverleihung letztens nichts gezeigt!

     

    Mit diesem Kommentar möchte ich auf das OpenSource Projekt, mit dem etwas überspitzen Namen "heuteZensiert" aufmerksam machen. Bald 1000 Nachrichtensendungen von ARD & ZDF wurden schon mithilfe von Texterkennungssoftware automatisiert ausgewertet. Tagesaktuell erscheinen die Ergebnisse, wie viel Prozent der Sendung in den on-demand Mediatheken fehlte, via diesem Twitterbot: https://twitter.com/heuteZensiert

     

    Die Entwickler sind via PN zu erreichen und freuen sich auf Diskussion / Partizipation. Gerade an unserer GitHub-Page könnte sich sicher gut jemand austoben und das Projekt inhaltlich unterstützen. :-)

  • Schafft die Werbefinanzierung ab. Inhalte nur noch über Gebühren. Das Letzte was dieser Planet gebrauchen kann, ist eine Kostenlosmentalität.

    • 9G
      97796 (Profil gelöscht)
      @APO Pluto:

      Richtig, Inhalte. Gefühlt 90% des GEZ Programmes hat mit Inhalten nicht viel gemeinsam.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Die letzten Tage läuft auf ZDF mehrere Stunden am Stück Wintersport. Mit ganz viel Bandenwerbung. Ein Hurra auf die freien und nicht beeinflussbaren Medien.