Serie „Lubi“ in der ARD-Mediathek: Ex-Cop auf Koks

Lubi ist Polizist in Berlin und bricht Menschen im Görlitzer Park die Knochen. Dann scheidet er wegen Rücken aus – und wird selbst zum Kriminellen.

Eine Szene aus einer Dokumentation.

Der Polizist Rolf L. führt ein Doppelleben, Szene der Doku-Serie Foto: SWR/Frisbeefilms/ARD/dpa

Görli – Kotti – Warschauer Brücke: Im Jargon der Berliner Polizei ist das also die „Achse des Bösen“. Gebäude und eine Brücke könnte man zur Not auch abreißen – und per Strafexpedition vielleicht noch eine fiese Stadtautobahn mitten durch Kreuzberg bauen? Aber was macht man mit einem Park? In guter alter Tradition eine Mauer oder einen großen Zaun drumrumbauen, in Berlin gerne auch mal Schutzwall genannt, und keinen mehr reinlassen, zumindest nachts?

Kein Witz, genau das ist der aktuelle Plan der CDU-geführten Berliner Regierung. Deren Vorgängerinnen jedenfalls ist auch nichts Besseres eingefallen, als die Polizeipräsenz zu erhöhen, um den vornehmlich aus Westafrika migrierten Drogendealern das Handwerk zu legen. Ohne Erfolg, was sollen sie auch anderes machen, wenn sie nichts Legales machen dürfen. Aber das ist ein anderes Thema – oder auch nicht, im Grunde.

Die Variante des Themas – in der es zuvor schon in einem fünfteiligen Podcast und nun auch wahlweise in einem 90-minütigen Film oder einer vierteiligen Fernsehserie geht – lautet: Was soll ein gestandener Polizist, Teamführer in der „Brennpunkt-Streife Görli“, machen, wenn er keine Dealer im Park mehr jagen darf? Weil der Arzt es ihm verboten hat.

Gebrochene Knochen gegen Widerstände

Kein Witz auch das. „Ein perfekter Job für Lubi“, sagt sein bester Freund. „Also, ick wollt nicht da auf’n Abschnitt, wo man Pilze pflücken kann“, sagt Rolf L. aka Lubi selbst, „sondern ick wolllt da immer hin, wo’s halt brennt, wo halt was zu tun ist. Weil ick bin halt eher so die Macher-Person und nich halt derjenige, der sich hinterm Schreibtisch versteckt.“ Und „wenn’s dann Widerstände gab, dann gab’s halt auch meistens irgendwelche gebrochenen Knochen. Also nicht bei mir.“

Hätte immer so weiterlaufen können – hätte Lubi nicht eines Tages einmal so unglücklich zugelangt, dass fortan sein eigener Rücken Widerstand leistete und der Amtsarzt die Macher-Person nur noch hinter den Schreibtisch setzen wollte.

Auf Koks auf der Straße

Wie genau dann der Kontakt mit dem „John“ genannten Autoschieber zustande kam, darüber geht auch die in Sachen Ausführlichkeit ansonsten wenig zu wünschen übrig lassende Serienfassung von „Lubi“ (Creator, Drehbuchautor und Regisseur: Jan Peter) etwas schnell hinweg. John hatte da jedenfalls einen wahnsinnig heißen, wahnsinnig auffälligen Lambo, für dessen wahnsinnig riskante Überführung von Schöneberg nach Moabit er schon ein Salär von 10.000 Euro eingeplant hatte. Lubi würde es für schlappe 150 Euro machen.

Die Touren werden bald länger, führen ihn von Berlin nach Holland: „Von Holland aus nach Italien. Von Italien aus nach Belgien. Von Belgien aus nach Polen. Und von Polen aus nach Berlin. Ohne Pause.“ Immer auf Koks, das für den Polizisten im Görli doch buchstäblich auf der Straße gelegen hatte. Ach, der Görli …

Dass der görligestählte Polizist zunächst gar nicht begriffen haben will, dass er da mit gestohlenen Autos unterwegs war – wenn er mit Tempo 350 die Lkws auf dem Standstreifen der Autobahn rechts überholt hat –, das mag man (ihm) kaum glauben. Was man auch kaum glauben kann: dass einer mit dem gestohlenen Auto, kleiner Umweg nur, in den Familienurlaub fährt, Sardinien und Rom, sich von der italienischen Polizei erwischen lässt – und danach immer noch weitermacht. Dümmer, als die Polizei erlaubt, möchte man sagen – „Selbstmord auf Raten“ sagt er heute selbst dazu.

Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die lieben Kollegen Lubi endlich schnappen mussten. Und dass sie ihn – für dessen kriminelle Autofahrten sie ihm am Ende einen Stundenlohn von 5 Euro ausgerechnet haben – lange für das Mastermind eines internationalen Verbrechersyndikats gehalten haben, hat so viel komisches Potenzial, dass man die filmische Aufbereitung des Stoffs bereits als Komödie im Stile von Claude Zidis „Die Bestechlichen“ vor dem inneren Auge ablaufen sieht.

Verdrängen

Nur sind wir halt nicht in Frankreich – und das gerade angesagte Genre heißt „True Crime“ und hat mit Komik nichts im Sinn. Mit „Lubi“ dürfte es vielen Zuschauern ähnlich gehen wie seinem Anwalt: „Und dann sitzt dir jemand gegenüber, der alles verdrängen will. Der das vielleicht auch nicht ganz wahrhaben will. Der vieles relativiert – und auf der anderen Seite dann auch noch gerne über seine Vergangenheit spricht. Über die Zeit, bevor es zu den Taten kam.“

„Lubi – Ein Polizist stürzt ab“, als vierteilige Serie in der ARD-Mediathek

Die für Lubi, der schon als Kind nichts anderes wollte als Polizist zu werden, bedeuten, dass er nie wieder in diesem Beruf arbeiten wird, auch nicht, nachdem er seine vier Jahre Knast abgesessen hat.

Schlimm für ihn, keine Frage, aber als Fernsehzuschauer muss man nur eine Minute die Fernsehnachrichten einschalten, um viel Schlimmeres zu sehen. Und Berührenderes.

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