Serena Williams' Ausraster: Wer braucht schon Damentennis?
Williams verliert das Finale der US-Open und streitet mit dem Schiri. Aber auch die antisexistische Vertreterin des Frauentennis hat keine Narrenfreiheit.
Bisweilen ist noch immer die Rede vom Damentennis. Aber weil Damen heute über 60 sind und nur noch in wenigen Habitaten – Golfklubs, Praxen von Schönheitschirurgen und der Wiener Oper – vorkommen, ist in fortschrittlichen Kreisen aus Damentennis Frauentennis geworden.
Das ist von Vorteil, weil sich die Spielerinnen nicht mehr damenhaft benehmen müssen. Sie können ihre Schläger wie Vorschlaghämmer auf den Boden donnern und sie zu Kleinholz verarbeiten. Sie können lauthals stöhnen wie eine Pornoqueen. Sie können schimpfen wie die Kesselflicker und dabei Outfits tragen, die einem Etepetete-Tennisfan ins Gesicht schreien: „Mein Arsch gehört mir, du Körperfaschist!“
Serena Williams hat in dieser Hinsicht Maßstäbe gesetzt. Vor allem am vergangenen Samstag, als sie bei den US Open das Finale gegen die Japanerin Osako bestritt. Sie ächzte, trug das kleine Schwarze mit Tutu, und ihre Kampfeslust erreichte höchste Pegelstände.
Die US-Amerikanerin verausgabte sich aber vor allem in den Spielpausen. Als sie der Stuhlschiedsrichter wegen unerlaubten Coachings verwarnte und als dann noch Verwarnungen wegen Schlägerzertrümmerns und Schiri-Beleidigung samt Punktabzug hinzukamen, vergaß sich Williams. Sie betrüge nie, lamentierte sie, sie sei nämlich Mutter. Der Schiri sei ein Dieb und Lügner. Er habe sich bei ihr zu entschuldigen, schließlich habe er ihren Ruf beschädigt.
Dafür war Serena Williams stets selbst verantwortlich. Sie hat mit der Zeit eine gewisse Attitüde entwickelt. Manch einer in der Tennisszene fühlt sich an die Allüren einer Naomi Campbell erinnert. Einer Linienrichterin sagte Williams einmal: „Wenn ich könnte, würde ich verdammt noch mal diesen verdammten Ball in deine verdammte Gurgel stecken und dich umbringen.“
2014 bei einem Wimbledon-Doppel mit ihrer Schwester erschien sie augenscheinlich angeschickert auf dem Platz. Besondere Skrupel bei der Einnahme von Kortison, für das sie sich flugs ein Attest ausstellen ließ, hat sie auch nie gehabt. Kurzum: Sie ist eine normale Spitzensportlerin mit normalen Macken.
Dass sie ihr undamenhaftes Verhalten nun moralisch vergolden lassen will, indem sie ihren Ausbruch als antisexistische Initiative umdeutet, ist, nun ja, etwas unschicklich. Auch die große Dame des Frauentennis darf sanktioniert werden, sie genießt keine Narrenfreiheit.
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