Semesterticket in Berlin und Brandenburg: Kein Fahrschein für Promovierende
Das neue Semesterticket schließt Promovierende der Berliner und Brandenburger Universitäten aus. Dagegen demonstrierte eine Handvoll Studierender.
Seit Start des Sommersemesters Anfang April können Studierende ein bundesweites Ticket für 29,40 Euro nutzen. Es wird gemeinsam mit dem Semesterbeitrag für jeweils ein halbes Jahr gezahlt. Das Problem: Promotionsstudierende fallen aus dem neuen Modell heraus. Das betrifft etwa rund 7.000 Studierende an der Freien Universität und der Humboldt-Universität.
Sie müssen auf andere Tarife ausweichen: Das Jobticket für 34,30 Euro, das Deutschlandticket für 49 Euro oder die Umweltkarte für 71,40 Euro. Dazu kommt, dass nicht alle der Doktorand*innen einen Anspruch auf ein Jobticket haben.
Kimberly Hartl, Promotionsstudentin und Vertreterin der Doktorand*innen der HU, fühlt sich ungerecht behandelt: „Ob angestellt oder mit Hilfe von Stipendien: Wir leben als Promovierende oft sehr prekär.“
Promovierende wollen mobil bleiben
Dass das Ticket wegfalle, bedeute eine finanzielle Mehrbelastung. In Zeiten von steigenden Mieten in Berlin und hoher Inflation sei es unverantwortlich, ohne großen zeitlichen Vorlauf den Kreis der Ticketempfänger*innen zu verkleinern. Viele der Promovierenden nutzten nun das teurere Deutschlandticket, so Hartl.
Einer anderer Redner, selbst Doktorand, erzählt, wie wichtig es für ihn sei, in Deutschland günstig mobil zu sein. Einige der Anwesenden studieren in Potsdam und pendeln zwischen ihrer Wohnung in Berlin und ihrem Arbeitgeber.
Zudem müssten sie mehrmals im Jahr zu Wissenschaftskonferenzen und Vorträgen durch Deutschland reisen. Dass der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) davon spreche, dass Promovierende nicht mobil sein müssten, sei eine Ausrede. „Statt zu promovieren, müssen wir für etwas kämpfen, was unser Recht sein sollte“, sagt er und erhält über den Lärm der vorbeifahrenden Autos hinweg zustimmende Rufe.
Fahrradmitnahme verboten
Eigentlich sollte die Kundgebung am Eingang des VBB-Gebäudes am Stralauer Platz stattfinden. Kurz vor Beginn der Reden verwies die Polizei die Demonstrant*innen auf den Grünstreifen zwischen den Fahrspuren, weit weg von den eintreffenden Mitarbeitenden.
Kimberly Hartl freut sich über das Interesse an der Kundgebung, trotzdem hatte sie mit mehr Personen gerechnet. „Wir haben die Kundgebung sogar relativ breit angelegt, weil es noch deutlich mehr Kritikpunkte am Semesterticket gibt – wie die fehlende Möglichkeit ein Fahrrad mitzunehmen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen