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SeilbahnunglückErmittlungen in Lissabon starten

Beim Standseilbahnunglück in Portugals Hauptstadt starben 16 Menschen. Ein erster Bericht zeigt, wie ein Mitarbeiter den Unfall abwenden wollte.

Es war wohl eins der Kabel, das zu dem Unglück führte Foto: Ana Brigida/AP/dpa

Madrid taz | In einem ersten Bericht des portugiesischen Amts für die Verhütung und Untersuchung von Flug- und Eisenbahnunfällen (GPIAAF) wird bestätigt, dass der Bremser noch versuchte, das Standseilbahn-Unglück zu verhindern, jedoch ohne Erfolg. Der Bremser ist meist als einziger Mitarbeiter an Bord, so auch am vergangenen Mittwoch in Portugals Hauptstadt Lissabon. Der Wagen der Bahn, die Unter- und Oberstadt verbindet, war in die Tiefe gerauscht, nachdem sich das Seil, das die beiden Wägen verbindet, kurz nach Fahrbeginn um 18.03 Uhr gelöst hatte. Dabei kamen 16 Menschen ums Leben. 21 wurden zum Teil schwer verletzt.

Der Wagen entgleiste nahe dem unteren Ende der Strecke und knallte gegen eine Wand sowie einen Laternen- und einen Leitungsmast. Er wurde dabei völlig zerlegt. Die Katastrophenfahrt dauerte – so der Bericht – um die 50 Sekunden. Der Wagen erreichte dabei eine Geschwindigkeit von circa 60 Stundenkilometern.

Die Bahn mit dem Namen Glória ist eine von vier „Aufzügen“, die beide Stadtteile verbindet. Die Glória-Bahn ist 276 Meter lang und überwindet 45 Höhenmeter. Sie funktioniert mit einem umgelenkten, unterirdisch verlegten Seil. Während ein Wagen hinabfährt, zieht er den anderen nach oben.

Bleibt die Frage, ob die Bremsen versagt haben oder einfach nicht die Kraft hatten, den voll besetzten Wagen zu stoppen. Der Bremser habe „sofort die Druckluftbremse und die Handbremse“ aktiviert. Doch „diese Maßnahmen hatten keinerlei Wirkung […] und die Kabine beschleunigte weiter bergab“, heißt es im GPIAAF-Bericht.

Bahn war mehrmals überprüft worden

Das für die Wartung zuständige Unternehmen sowie die Stadtwerke Lissabons erklärten, dass die Bahn alle Kon­trol­len durchlaufen habe, eine große Inspektion 2022 und eine kleine 2024. Außerdem sei die Glória-Bahn noch am Morgen des Unglückstags untersucht worden. Dabei habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Das Stahlseil mit einem Durchmesser von 32 Millimetern und einer Bruchlast von 68 Tonnen hätte in neun Monaten ausgetauscht werden müssen. Es hat – so die Untersuchungskommission – eine Lebensdauer von 600 Tagen und wurde 337 Tage vor dem Unglück eingebaut.

Weitere Untersuchungen sollen jetzt klären, warum und wie sich das Seil lösen konnte. Frühestens in 45 Tagen soll ein ausführlicherer Bericht folgen. Ein endgültiges Untersuchungsergebnis mit allen Details sei in einem Jahr zu erwarten, heißt es aus dem GPIAAF. Die Wartung der städtischen Bahnen wurde 2008 ausgelagert. Erst 2022 wurde ein neuer Auftrag für eine Million Euro an eine private Firma vergeben. Seit der Privatisierung kommt es immer wieder zu Klagen vonseiten der Belegschaft, die Inspektionen würden schlechter ausgeführt als vor der Auslagerung der Ar­beiten.

Der Elevador da Glória – so der vollständige Name – ist eines der nationalen Monumente Portugals und unter Touristen sehr beliebt. Die 1885 in Betrieb genommene Bahn befördert jährlich rund drei Millionen Menschen. Es bildeten sich immer wieder lange Schlangen, um einen der 43 Plätze pro Wagen einnehmen zu können. Unter den 16 Todesopfern befinden sich fünf Portugiesen, darunter der Bremser, sowie elf Ausländer: drei Briten, zwei Kanadier, zwei Südkoreaner und je ein Todesopfer aus der Schweiz, der Ukraine, Frankreich und den USA.

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