Segelunglück im Pazifik: Verschollen auf politischer Mission
Beim Versuch, in Rekordzeit über den Pazifik zu segeln, verschwindet der Chinese Guo Chuan. Sein Boot wurde gefunden – ohne ihn.
Chinas berühmtester Segler Guo Chuan ist wahrscheinlich ertrunken. Der erste und einzige Profisegler der Volksrepublik war am 18. Oktober in San Francisco zu einem Rekordversuch gestartet. Der 51-Jährige wollte mit seinem roten Trimaran „Qingdao China“ den Einhand-Rekord der 2.000 Seemeilen über den Pazifik nach Schanghai von 21 Tagen brechen. Den letzten Kontakt zu dem Skipper aus der Hafenstadt Qingdao hatte sein Landteam am Dienstag um 15 Uhr chinesischer Zeit. Da war er 900 Seemeilen westlich von Hawaii.
Ein Suchflugzeug fand Guos knapp 30 Meter langes Schiff mit im Wasser treibenden Vorsegel Mittwochmorgen. Beim Überfliegen war von Guo aber nichts zu sehen. Das Flugzeug lotste darauf den Flugzeugträger „USS Makin Island“ zu dem Trimaran. Das Kriegsschiff traf nach zehn Stunden dort ein und seilte von einem Hubschrauber Retter an Bord.
Doch der chinesische Rekordjäger war nicht da. Nur das Großsegel und persönliche Sachen wurden gefunden und eingesammelt, um sie seiner Familie zu übergeben. Wahrscheinlich ist Guo über Bord gefallen.
In einem früheren Interview hatte Guo laut Yacht.de gesagt, dass er am meisten Angst davor habe, über Bord zu fallen und den Kontakt zum Schiff zu verlieren. Um dies zu verhindern, leinen sich Hochseesegler an, was aber ihren Bewegungsablauf verlangsamt. Guo hatte berichtet, wie er sich bei einem Solo-Transatlantik-Rennen 2011 nur dadurch retten konnte, dass er in letzter Sekunde noch eine Leine greifen konnte. „Hätte ich das nicht geschafft, wäre ich im Wasser gelandet. In dem Fall hätte ich das Schiff nie wieder erreicht. Meine Überlebenschance wäre gleich null gewesen.“
Der erste chinesische Weltumsegler
Sein Team, das überwiegend aus Franzosen besteht, meldet sich am Mittwoch in sozialen Medien zu Wort: „Als Guos Team sind wir traurig, dass wir seine Facebook-Seite auf diese Weise nutzen müssen. Wir sind heute zutiefst erschüttert, hoffen aber, dass er dennoch in Sicherheit ist.“ Laut New York Times wurde die Suche inzwischen eingestellt.
Guo war erst mit 33 Jahren mit Segeln in Kontakt gekommen. Ein Freund in Hongkong hatte ihn auf einem Boot mitgenommen. Das Segeln ließ den Wissenschaftler, der über kommerziell zu nutzende Satelliten forschte, nicht mehr los. Laut seiner Homepage ist er der erste Chinese, der am Clipper-Rennen um die Welt teilnahm (2006) und das Volvo Ocean Race um die Welt erfolgreich beendete (2008/09).
Als erster Asiate umsegelte er 2013 die Erde nonstop – in nur 137 Tagen. Auch überquerte er schon in einem Mintransat-Segler von nur 6,50 Meter Länge den Atlantik. Mit dem Hamburger Boris Herrmann stellte Guo 2015 einen neuen Segelrekord durch die Nordostpassage auf.
Der glühende Nationalist Guo, dessen Erfolge in einer bis dahin in China kaum verbreiteten Sportart die staatliche Propaganda als weiteres Zeichen für den Aufstieg des Landes darstellte, verband seine Fahrten mit politischen Anliegen. So wollte er etwa jetzt mit dem Trip von der amerikanischen West- zur chinesischen Ostküste die Völkerfreundschaft zwischen beiden Nationen stärken. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass jetzt ausgerechnet ein US-Kriegsschiff sein leeres Boot fand.
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