Seenotrettung im Mittelmeer: Flugzeug auf Malta festgesetzt
Nach der Blockade mehrerer Rettungsschiffe wurde auch das Aufklärungsflugzeug „Moonbird“ festgesetzt. Die evangelische Kirche kritisiert das Vorgehen.
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Die maltesischen Behörden hätten ab sofort alle weiteren Flüge in das Suchgebiet vor der libyschen Küste untersagt, teilte Sea-Watch mit. Dabei sei das Flugzeug im vergangenen Jahr an der Rettung von 20.000 Menschen beteiligt gewesen. „Mehr als 1.000 Menschen wären fast sicher gestorben, hätte die Crew die sinkenden Boote nicht in letzter Sekunde gefunden“, betonte die Organisation.
Die „Moonbird“ habe über ein Jahr lang fast täglich von Malta aus Einsätze geflogen, „stets in bester Zusammenarbeit mit den maltesischen Behörden und der italienischen Küstenwache“. Das einmotorige Flugzeug vom Typ Cirrus SR22 erfülle alle gesetzlichen Voraussetzungen.
„Den politisch Verantwortlichen sollte klar sein, was dieses Flugverbot bedeutet: Die Menschen auf den Booten werden nicht gerettet, sondern ertrinken ungesehen“, sagte Pilot und HPI-Gründer Fabio Zgraggen. „Seitdem die zivilen Rettungskräfte nicht mehr helfen dürfen, erleben wir einen massiven Anstieg der Opferzahlen.“
Abschottungspolitik an den Außengrenzen
Der „Moonbird“-Einsatzleiter Ruben Neugebauer sprach von politischem Kalkül: „Ganz offensichtlich soll es keine unabhängigen Augenzeugen geben, die das Sterben und die Menschenrechtsverstöße auf dem Mittelmeer dokumentieren.“ Die europäische Öffentlichkeit solle nicht erfahren, „wie barbarisch die Abschottungspolitik an den Außengrenzen“ durchgesetzt werde. „Es soll keine Beweise geben, wie Menschen ertrinken oder wie die sogenannte libysche Küstenwache agiert.“
Auch der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der EKD, Präses Manfred Rekowski, betonte, es brauche die Beobachtung aus der Luft: „Damit das Sterben auf dem Mittelmeer nicht aus dem Blick gerät, damit Rettung geschehen kann und auch, damit wir uns unabhängig informieren können, was zwischen Libyen und Italien auf dem Wasser geschieht.“
Ruben Neugebauer
Ein politisches Vorgehen gegen Menschenrechtsorganisationen, willkürliche Verbote oder Beschlagnahmungen seien aus anderen Teilen der Welt bekannt, erklärte der Leitende Geistliche der Evangelischen Kirche im Rheinland der Mitteilung zufolge. „Mitten in Europa, im Rechtsraum der Europäischen Union ist das ein Skandal.“
Derweil ist das von Italien abgewiesene Rettungsschiff „Open Arms“ ist mit 60 Flüchtlingen an Bord in den Hafen von Barcelona eingelaufen. „Was für ein angenehmes Gefühl ist es, wieder zu Hause zu sein“, schrieb der Gründer der spanischen Nichtregierungsorganisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, am Mittwoch auf Twitter. Die Migranten aus 14 Ländern – darunter fünf Frauen und fünf Minderjährige – sollten in der spanischen Metropole zunächst medizinisch untersucht und versorgt und anschließend registriert werden.
Das Schiff hatte die Flüchtlinge am Samstag im Mittelmeer rund 30 Kilometer vor der Küste Libyens aus Seenot geborgen. Italien und auch Malta machten sofort klar, dass sie das Schiff nicht in ihre Häfen lassen wollten. Die spanische Regierung erklärte sich daraufhin zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit.
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