Schwimmer Ian Thorpe outet sich: „Ich bin nicht hetero“
„Thorpedo“ hatte es immer vehement abgestritten. Doch nun hat der australische Ex-Schwimmweltmeister seinen letzten Wettkampf gewonnen.
SYDNEY taz | Ian Thorpe war schon immer anders. Zum einen hatte der ehemalige australische Schwimmer geradezu ein übermenschliches Talent im Pool. „Thorpedo“ nannten sie ihn. 2001 holte er sich bei einer Weltmeisterschaft sechs Goldmedaillen. Ein Jahr vorher, bei der Olympiade in seiner Heimatstadt Sydney, waren es fünf. Da war er 17 Jahre alt. Heute ist Ian Thorpe 31 und immer noch ein Held der Nation. Trotz der Vermutungen, die eigentlich jeder hatte.
„Drecksschwuchtel!“, sagte einmal ein Bekannter eines Bekannten im Vorfeld von Sydney 2000. Wie er darauf kam? „Siehst Du das nicht? Der redet so gescheit“, sagte der Mann.
Thorpe‘s vielleicht herausragendstes Attribut war und ist seine Intelligenz. Er kann über andere Dinge sprechen als nur über Fitness und Wassertemperaturen. In Interviews ist er eloquent, seine Aussagen zu einer Vielzahl von Themen zeigen, dass der Mann denkt, überlegt, tiefsinnig ist. So ganz anders als der große Durchschnitt der australischen Sportler und Sportlerinnen. Thorpe sprach mal davon, nach seiner Schwimmkarriere Arzt werden zu wollen.
Am Sonntag hat sich Ian Thorpe in einem TV-Interview als Homosexueller geoutet: „Ich bin nicht hetero“. Er gab damit allen Recht, die „es immer schon gewusst“ hatten. Dabei hatte es „Thorpedo“ immer vehement abgestritten. „Damit es klar ist, ich bin nicht schwul, und alle meine sexuellen Erfahrungen waren heterosexuell“, hatte er in einer Autobiografie geschrieben.
Es muss ein unglaublich harter und schmerzhafter Prozess gewesen sein, vor allem im Finale. Nachdem ihm 2012 nach sechs Jahren Ruhestand ein Comeback nicht gelungen war, wurde es still um Thorpe. Dann, vor ein paar Monaten, gab es Meldungen, der Star sei in einer Klinik – Depression. Zweimal war er von der Polizei auf der Straße aufgegriffen worden, verwirrt, verängstigt. Die Folgen von Antidepressiva, sagten seine Eltern. „Suizidgefahr“, warnten Experten.
Selbst in seinem engsten Umfeld habe er scih erst in den vergangenen zwei Wochen outen können, sagte Thorpe in dem 90-minütigen TV-Interview. „Ich bin ein schwuler Mann und ich möchte nicht, dass junge Leute sich so fühlen müssen wie ich“. Er hat den wohl härtesten Wettkampf seines Lebens gewonnen. In letzter Sekunde.
Am selben Tag hat ein Sportkommentator im australischen Fernsehen einen Rugbyspieler eine „große Schwuchtel“ genannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt