Schwermetalle in Tampons: Wie schlimm sind sie wirklich?
In einer Studie wurden Spuren von Schwermetallen in Tampons gefunden. Sie ging viral, ist aber nicht sehr aussagekräftig.
„Giftige Schwermetalle in Tampons!“ Diese Schlagzeile sorgte in den letzten Tagen auch auf Social Media für Aufruhr. Augenscheinlich vereinen sich darin eine Menge gesellschaftlicher Probleme: Vernachlässigung von Frauengesundheit und Verbraucherschutz; Schadstoffe, die weltweit so verbreitet sind, dass sie an immer intimeren Ecken auftauchen. Doch was ist dran an der Studie – und der Aufregung?
Die Studie
Getestet wurden jeweils zwei Exemplare von 30 Tampons, hergestellt von 14 Marken. Auf der Suche nach Nickel, Quecksilber und anderen unangenehmen Überraschungen entnahmen die Forschenden der Universität Berkeley jedem Tampon zwei Proben – eine vom absorbierenden Teil und eine von der gewebten Außenhülle, falls vorhanden.
Zur Extraktion möglicher Schwermetallrückstände legten die Forscher:innen die Tampons über Nacht in Salpetersäure ein und erhitzten sie anschließend in einem chemischen Verfahren. So testeten sie die Präsenz von 16 Metallen. Sie verglichen die Ergebnisse mit denen einer anderen Baumwollprobe.
Du liest einen Text aus unserem Zukunfts-Ressort. Wenn Du Lust auf mehr positive Perspektiven hast, abonniere TEAM ZUKUNFT, den konstruktiven Newsletter zu Klima, Wissen, Utopien. Jeden Donnerstag bekommst du von uns eine Mail mit starken Gedanken für dich und den Planeten.
Das Ergebnis zeigte geringe Rückstände von 12 der getesteten Metalle, einschließlich des toxischen Cadmiums und Arsens in diversen Tampons. Niedrige Mengen Blei fanden sich sogar in allen getesteten Tampons. Genauer gesagt: Die Forschenden wiesen 120 Nanogramm Blei pro Gramm Tampon nach – etwa halb so viel, wie der EU-weit zugelassene Wert für Blattgemüse. Der Grenzwert für Nahrungsergänzungsmittel liegt sogar bei 3.000. Hinzu kommt, dass sich geringe Werte in kleinen Proben schwer zuverlässig erheben lassen, sodass in der Studie selbst beim Vergleichsmaterial die Ergebnisse etwas schwanken.
Was bringt’s?
Erst mal Aufmerksamkeit für ein sehr wichtiges Thema. Jährlich werden rund 14 Milliarden Tampons verkauft und danach meist im Bereich einer empfindlichen Schleimhaut angewendet. Jetzt beschäftigen sich endlich erste Studien mit potenziell unerwünschten Inhaltsstoffen und der Frage, ob über Hygieneartikel wie Tampons oder Pads zum Beispiel Plastik oder Metalle in den Körper eindringen.
Gleichzeitig ist bei der Interpretation dieser Untersuchungsergebnisse Vorsicht geboten, warnen Biolog*innen und Behörden. Die Temperatur bei der Extraktion entspricht nicht dem Scheidenklima. Daher bleibt unklar, ob und welche Stoffe Tampons im Alltag wirklich abgeben.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Noch viel entscheidender ist die Dosis. Denn tatsächlich sind geringe Mengen an Schwermetallrückständen in unserem Alltag ohnehin unvermeidbar. Pflanzen nehmen sie beim Wachsen aus dem Boden auf, so wahrscheinlich auch die Baumwolle der Tampons. Größere Studien unter realistischeren Bedingungen müssen das Problem genauer untersuchen. Eine weitere Studie und ein Konferenzbeitrag stimmen aber hoffnungsvoll: In beiden Fällen wurden im Blut von Tampon-Nutzerinnen keine erhöhten Bleiwerte gefunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels