Schwere Ausschreitungen in Madrid: „Polizei raus aus unseren Vierteln!“
Der Tod eines senegalesischen Straßenhändlers nach einer Polizeirazzia hat in Madrid zu wütenden Protesten und Unruhen geführt.
Die Proteste begannen, nachdem der 35-jährige Senegalese Mame Mbaye Ndiaye in Folge einer Razzia der Madrider Stadtpolizei einem Herzinfarkt erlag. Er soll, so seine Kollegen, über zwei Kilometer von zwei Polizisten auf Motorrädern durch die Innenstadt getrieben worden sein. Als er im Stadtteil Lavapiés, wo er wohnte, ankam, brach er zusammen und war sofort tot.
Spontan liefen Bewohner zusammen und begannen zu demonstrieren. „Niemand ist illegal!“ und „Polizei raus aus unseren Vierteln!“ riefen sie und zogen zu Hunderten durch das für sein alternatives und multikulturelles Ambiente bekannte Lavapiés.
Als ein Sondereinsatzkommando der Nationalpolizei auffuhr, kam es zu Straßenschlachten. Müllcontainer gingen in Flammen auf. An mehreren Stellen errichteten die Protestierenden Barrikaden, warfen Steinen und Flaschen auf die Polizei. Drei Banken wurden angegriffen und brannten teilweise aus. Ein Maklerbüro ereilte das gleiche Schicksal. Die ganze Nacht kreiste ein Polizeihubschrauber über den Straßen der Altstadt.
„Überleben ist kein Verbrechen“
Mame Mbaye Ndiaye war kein Unbekannter in Lavapiés. Der Straßenhändler lebte seit 14 Jahren in Madrid und gehörte der Gewerkschaft der Straßenhändler an. „Überleben ist kein Verbrechen“, lautet das Motto der Organisation, die seit sieben Jahren versucht, die Interessen der Straßenhändler zu verteidigen, die meist aus Afrika und Asien stammen und oft keine Aufenthaltserlaubnis besitzen.
Für Freitagabend rief die Gewerkschaft zu einer Kundgebung „gegen den institutionellen, mörderischen Rassismus“ auf dem Platz Nelson Mandela, unweit der Stelle, an der Mame Mbaye Ndiaye zusammengebrochen war. Bereits zur Mittagszeit hatten sich dort Dutzende Senegalesen versammelt. Die Polizei zeigte an strategischen Punkten des Stadtteiles Präsenz. Der Hubschrauber überflog erneut die engen Straßen der Altstadt.
Als der senegalesische Konsul den Stadtteil besuchte, kam es erneut zu Spannungen. Seine Landsleute beschimpften ihn. „Als wir ihn gestern Abend anriefen, kam er nicht“, erklärt einer der Umstehenden. De Konsul bestieg unter Polizeischutz seinen Dienstwagen mit Chauffeur und fuhr davon.
„Ich bedaure den Tod eines Bürgers aus Lavapiés sehr. Von Seiten des Rathauses werden wir dem Vorfall gründlich untersuchen“, schrieb die Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena. Die ehemalige Richterin steht dem Wahlbündnis Ahora Madrid (Jetzt Madrid) rund um die linksalternative Podemos vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht