Schutzmaßnahmen für Erntehelfer: Verrottetes Essen, Zimmer zu fünft
Am Montag demonstrierten Saisonarbeiter gegen die Arbeitsbedingungen bei der Spargelernte. Der Insolvenzverwalter ihres Hofs wies die Vorwürfe zurück.

Erntehelfer vom Spargelbetrieb Ritter in Bornheim protestieren gegen Missstände Foto: Thomas Banneyer/dpa
BORNHEIM dpa/lnw/taz | Etwa50 Erntehelfer*innen des Spargelhofs Ritter in Bornheim bei Bonn haben am Montag erneut gegen die Wohn- und Arbeitsbedingungen protestiert. Laut Polizei verlief die Demonstration friedlich. Allerdings hätten private Security-Kräfte des Hofs Gewerkschaftsvertreter*innen den Zugang zu den Wohnbaracken der Saisonarbeiter*innen verwehrt, sagte ein Gewerkschaftssprecher.
Die überwiegend rumänischen Beschäftigten hatten schwere hygienische Mängel in den dicht gedrängten Baucontainern und Sanitäranlagen beklagt. Zudem erhielten sie verrottete Nahrungsmittel; warmes Wasser würde ihnen verwehrt, so der Gewerkschaftszusammenschluss FAU.
Die Baracken stehen direkt neben einer Kläranlage und einer Bahnlinie, auf dem Gelände liegen Müll und Schutt. Der Hof ist insolvent, der Insolvenzverwalter wies die Vorwürfe jedoch zurück. Der Bonner General-Anzeiger hatte berichtet, dass rund 240 Erntehelfer*innen teils zu viert oder zu fünft auf einem Zimmer untergebracht seien. Die FAU hatte den Protestmarsch am Montag angemeldet. Der Gewerkschaftssprecher warf dem Arbeitgeber vor, den Beschäftigten ihren Lohn ganz oder teilweise vorzuenthalten.
Ihnen sei angekündigt worden, dass sie bis Dienstag die Unterkünfte verlassen müssten. Der Sprecher sagte: „Trotz Corona und Insolvenz hat man diese Menschen aus Rumänien hier hergeholt, um Spargel und Erdbeeren zu ernten. Nun prellt man sie um ihren Lohn und droht ihnen mit Obdachlosigkeit.“
Prekäre Wohnverhältnisse im Fokus der Öffentlichkeit
Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen versicherte, dass jeder Arbeiter sein Geld erhalte. Zudem sei der Betrieb noch am Freitag nach Bekanntwerden der Beschwerden gereinigt worden. Arbeitsschutz, Gesundheits- und Ordnungsamt hätten ihn danach besichtigt und keine Beanstandungen gehabt. Wegen fehlender Nachfrage sei die Spargelernte beendet worden. Den betroffenen Arbeitern habe er aber Ersatz bei der Erdbeerernte angeboten.
Gewerkschaftsmitglieder unterstützten den Protestzug. „Deutschland, Du mieses Stück Spargel“ oder „Solidarity“, stand auf Transparenten der Demonstrant*innen. Prekäre Wohnverhältnisse in personalintensiven Betrieben stehen seit dem Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik in Coesfeld besonders im öffentlichen Fokus.
Leser*innenkommentare
Patricia Winter
Mir kommt es vor, als lebten wir im Imperium Romanum. Alles, wirklich alles, was wir uns leisten, ist nur erschwinglich aufgrund von Sklavenarbeit. Fleisch, Gemüse, Kleidung, Altenpflege usw. Das muss sich doch ändern lassen. Ja, die Arbeiter bekommen Geld, wenn auch einen Hungerlohn, aber wenn ich mich richtig an den Geschichtsunterricht erinnere, galt das auch für einige Sklaven in Rom. So kann es nicht weitergehen.