piwik no script img

Schutz der WildnisKein zweiter Nationalpark für NRW

Deutschland braucht mehr Schutzgebiete und Nordrhein-Westfalen ist dabei bisher Schlusslicht. Nach einem Bürgerentscheid wird das vorerst so bleiben.

Wird jetzt doch kein Nationalpark: der Reichswald bei Kleve Foto: Oliver Berg/dpa

Berlin taz | Nordrhein-Westfalen wird vorerst keinen zweiten Nationalpark bekommen. Die Ein­woh­ne­r:in­nen des Kreises Kleve haben in einem Bürgerentscheid dagegen gestimmt, dass der Kreis sich mit dem sogenannten Reichswald beim Land NRW um den Schutzstatus bewirbt.

Das Waldgebiet am Niederrhein ist 2,3-mal so groß wie der Frankfurter Flughafen, wäre also für einen Nationalpark recht knapp bemessen. Unter Experten galt es deshalb als Notlösung: klein – aber wenigstens machbar. Schließlich ist das ehemalige Jagdgebiet für Adelige der größte zusammenhängende Staatsforst in NRW, der schon größtenteils unter Naturschutz steht. Einen noch strengeren Schutz lehnten die Kreis­be­woh­ne­r:in­nen mit knapper Mehrheit von 52,59 Prozent nun ab.

265.000 Menschen durften mitstimmen, knapp 42 Prozent machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Der WDR berichtet von einer „zuletzt harsch geführten Auseinandersetzung“ während des Bürgerentscheids. Wahlplakate beider Seiten seien heruntergerissen oder beschmiert worden, „vor allem in sozialen Medien gab es wechselseitige Beleidigungen und Vorwürfe“, so der Sender.

Der Naturschutzbund Nabu in NRW reagierte enttäuscht: „Als bereits bestehendes Schlusslicht beim Schutz von Wildnisgebieten verliert Nordrhein-Westfalen mit dem negativen Ausgang des Bürgerentscheids weiter an Anschluss“, so der Verband.

„Krachende Niederlage“ für Grünen-Umweltminister

„Das Ergebnis beleuchtet das zweifelhafte Engagement einiger politischer Akteure, vor allem der CDU im Kreis Kleve“, sagte Nabu-Landesvorsitzende Heide Naderer. Bei ihrem Einsatz gegen den Nationalpark und der Unterstützung der Initiative ‚Unser Reichswald‘ hätten sie durch „Fake News die Diskussionskultur vergiftet“.

Das Ergebnis der Abstimmung sei für den Grünen Umweltminister Oliver Krischer eine „krachende Niederlage“, sagt René Schneider, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Landtag NRW. In keiner einzigen Region sei es ihm gelungen, vom grünen Prestige-Projekt zu überzeugen. „Dazu war er viel zu passiv“, so Schneider. Das knappe Ergebnis habe gezeigt, dass mit geschlossener Unterstützung durch die Landesregierung mehr drin gewesen wäre.

Krischer erklärte, die Landesregierung habe „immer gesagt, dass die Entscheidung über einen Nationalpark bei den Menschen liegt. Wir haben deshalb für eine faire Debatte mit möglichst hoher Beteiligung geworben“.

Vor Kleve hatten sich auch die Kreise Höxter und Paderborn nach zum Teil giftigen Debatten dagegen entschieden, einen Nationalpark einzurichten. In anderen infrage kommenden Regionen, etwa dem Sauerland, waren für die Institutionalisierung eines Nationalparks erst gar keine Schritte unternommen worden. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die schwarz-grüne Landesregierung zu einem zweiten streng geschützten Wildnisgebiet in NRW bekannt, nach dem 20 Jahre alten Nationalpark Eifel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Die Parallele ist der Misserfolg des Nationalparks Ostsee der Landesregierung in Schleswig Holstein.



    Die gelegentlich als "erfolgreiche Koalitionen" bezeichnen schwarz - grünen Versuche, sind daher so " erfolgreich" , weil die Grünen dort keine grüne Politik mehr machen.



    Es verwundert schon, dass nach dem Abwenden von grünen Kernthemen die Partei nicht deutlicher, z.B. von der grünen Jugend, oder linken Medien, kritisiert wird.



    Hier scheint ein bisschen grüne Farbe ausreichend zu sein, Positionen, wie Wolfabschüsse und Glyphosat Einsatz, kritiklos hinzunehmen. Ein bisschen mehr Engagement könnte die Fehlentscheidungen innerhalb der grünen Partei umlenken. Schweigen ist da kontraproduktiv.

  • Da hat er recht, der umweltpolitische Sprecher der NRW-SPD. Das ist jedoch im Grunde ein klammheimlicher Konsens aller "etablierten" Parteien gegen diesen versponnenen GRÜNEN Firlefanz. Es geht um Geld, es geht um Privilegien (Jagd) und dagegen kommt kein NABU an. Und Krischer ist auch kein Typ, der sich für sowas einsetzt, trotz GRÜN...

    • @Perkele:

      Ja, das mit dem Nationalpark der nicht kommt, ist schlimm; aber noch schlimmer ist, was auch dank des Nichthandelns der Grünen in unserer "Normallandschaft" passiert: Wir schaffen uns eine Menge an Points of no return. Wenn die Populationen der zu schützenden Pflanzen und Tiere erst einmal so klein sind, dass sie sich nicht mehr langfristig erholen können, ist alles zu spät und wir können den Naturschutz in unserem Land einfach vergessen. Nationalparke sind eigentlich so etwas wie Oasen, von wo aus sich die Arten im Falle einer Besserung der ökologischen Funktion der Gesamtlandschaft wieder ausbreiten könnten. Hätte, wäre, könnte - saatana, jumalautta.

      • @Axel Donning:

        Wem sagst Du das? Ich stimme dem ohne Einschränkung zu. Fordern wir die GRÜNEN auf, endlich etwas Wirksames zu tun - es ist allerhöchste Zeit dafür!!!!

  • wenn man dem NABU glaubt, dann wird der Wald nun unweigerlich sterben. Als Nationalpark wären indes die Bäume wieder gesundet.



    Als geschützter Forst kann man natürlich nichts für eine Renaturalisierung machen, einzig im engen Korsett eines Nationalparks könnte sich Moos im Wald ansiedeln.



    Soweit Sarkasmus. Das kleine Wäldchen ist einfach mickrig.



    In ein paar Jahren wird es in NRW ein großes Naturschutzgebiet geben, Garzweiler. Das Braunkohlrevier, westlich von Köln, wird renaturiert. Seen, Wälder und Auen. Alles was Fuchs und Hase mögen. Warum heute um solch kleine Wäldchen kämpfen, wenn morgen ein riesiger Nationalpark entsteht?



    Die Menschen, die um solche kleinen Forsten drumherum leben, werden sie ganz sicher nicht verfeuern.



    Man sollte auch in Betracht ziehen, dass gezielte Forstung in Zeiten wechselnden Klimas zielführend sein kann.

    • @Ramaz:

      -ob das Wasser für diesen See reichen wird, wissen wir aktuell nicht, Klimawandel sei Dank



      -Erste Pläne wurden erheblich von Umweltschutzorganisationen kritisiert, weil es eben zuallererst das wird : ein Naherholungsgebiet für MENSCHEN



      -es ist mit einem großen zuwachs von Bevölkerung zu rechnen, ob das gut für die Natur sein wird und eben auch für kleinere Forste, die sicher niemals jemand Abholzen wird (sie glauben wohl auch an den Weihnachtsmann) ist fraglich



      -ein See ist kein Wald



      -der See wird auch kein Nationalpark werden



      -Fuchs und Hase zählen hier nicht unbedingt zu den bedrohten Tierarten



      -und zuguter letzt: Falls dieser See entsteht, dann dürfte alles frühestens in 60 Jahren fertig sein, bis dann die Natur sich ihre Räume geholt hat, wenn man ihr denn diese Räume lässt, dauert es nochmal mindestens so lange, wir brauchen aber Umweltschutz JETZT, wir haben diese Zeit nicht