Schulstart in Berlin: Masken ab und hinsetzen
Schulsenatorin Scheeres (SPD) verteidigt die eingeschränkte Maskenpflicht in Schulen. Gericht urteilt, Aufhebung der Abstandsregel ist rechtens.
Scheeres sagte auch: „Wenn sich die Situation wieder verschärfen sollte, haben wir Stellschrauben, die wir drehen können.“ Dann könne man den Musterhygieneplan für die Schulen auch entsprechend „verschärfen“. Bisher muss im Unterricht und auf dem Schulhof keine Maske getragen werden, sondern lediglich in Fluren und anderen Begegnungszonen. Auch die Abstandsregel von 1,5 Meter gilt in Schulen nicht – anders wäre Präsenzunterricht für alle in den Klassenräumen auch nicht möglich.
Rückendeckung bekommt Scheeres nun von einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts: Am Montagvormittag hatten die RichterInnen klar gestellt, dass Schulen auch ohne den Mindestabstand von 1,5 Meter wieder öffnen dürfen. Das Land Berlin habe den Mindestabstand in den Schulen aufheben dürfen, um dem staatlichen Bildungsauftrag gerecht zu werden, hieß es in einer Pressemitteilung. Der Unterricht an öffentlichen Schulen könne effektiv nur als Präsenzunterricht erfolgen. Der Musterhygieneplan, befanden die RichterInnen, beinhalte mit Vorgaben zur Raumlüftung, zum Hände waschen und der eingeschränkten Maskenpflicht außerdem genügende andere vorbeugende Maßnahmen gegen das Corona-Virus.
Lüften: Schöne Theorie
Schulleitungen und auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatten allerdings auch wiederholt erklärt, das angesichts schlechter Sanitäranlagen und mangelhafter Fenster Hände waschen und Lüften oft mehr schöne Theorie als umsetzbare Praxis sei.
Am Wochenende stagnierte die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen mit dem Corona-Virus in Berlin laut Gesundheitsverwaltung bei einem Wert von 8,8 Neuinfektionen pro 100.000 EinwohnerInnen. Der Reproduktionswert lag allerdings am Wochenende zwei Tage in Folge über dem kritischen Wert von 1,1 – weshalb bereits am Montag die „Corona-Warnampel“ des Senats in diesem Bereich von „grün“ auf „gelb“ springen könnte.
Das gemeinschaftliche Singen in geschlossenen Räumen wird in Berlin demnächst wieder möglich sein. Wie der Landesmusikrat Berlin am Montag mitteilte, liegt das dafür notwendige Hygienerahmenkonzept der Senatskulturverwaltung nunmehr vor.
Das Konzept sehe unter anderem einen Mindestabstand von zwei Metern zwischen den Singenden in alle Richtungen vor und mache genaue Vorgaben zur Raumbelüftung. Bis zum Einnehmen der Plätze soll ein Mundschutz getragen werden. Der Abstand zum Publikum solle mindestens vier Meter betragen.
In Gottesdiensten darf laut dem Konzept gesungen werden, wenn dieser nicht länger als 60 Minuten dauert und das Singen einen Zeitrahmen von 15 Minuten nicht überschreitet. (epd)
Der Landeselternausschuss hatte vergangene Woche gefordert, zumindest in der ersten Schulwoche eine Maskenpflicht anzuordnen, um die zusätzliche Infektionsgefahr durch last-minute-ReiserückkehrerInnen zu minimieren.
Die Vorsitzende der Vereinigung der Schulleiter von integrierten Sekundarschulen (ISS), Miriam Pech, hatte den Schulstart am Montag grundsätzlich kritisiert und für eine Mischung aus Präsenz- und Digitalunterricht plädiert – was eigentlich Scheeres' offizieller „Plan B“ ist, wenn die Infektionszahlen wieder steigen sollten. Pech sagte der Deutschen Presseagentur, am Montag würden auf einen Schlag wieder viele Menschen in engen Räumen zusammen kommen, „und niemand weiß, wo sie herkommen, wo sie im Urlaub waren, welche Kontakte sie hatten.“
Auch der Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, hatte am Montag erklärt, er halte eine Maskenpflicht im Klassenzimmer für „unabdingbar“. Ärzteverbände hatten sich auch angesichts der bisherigen internationalen Studienlage dagegen ausgesprochen.
Kritik aus den eigenen Reihen
Der SPD-Abgeordnete und gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion, Thomas Isenberg, kritisierte seine Parteigenossin Scheeres am Montag ebenfalls hart: „Hier nimmt man sich heraus, für einen gesellschaftlichen Sektor Beschlüsse zu fassen, die völlig vorbeigehen an den Leitlinien des Infektionsgeschehens.“
Scheeres wies das am Montag zurück: Sowohl der Musterhygieneplan als auch eine speziell auf Schulen und Kitas zugeschnittene Teststrategie des Senats sei ein „Gemeinschaftswerk“ ihrer Verwaltung mit Virologen, Kinderärzten und auch ElternvertreterInnen. „Ich weiß nicht wie viele Telefonschalten wir hatten, aber da gab es in den Sommerferien kein Wochenende, an dem wir nicht gearbeitet haben.“
Stand Sonntagmittag haben laut Scheeres Personal und SchülerInnen aus 600 Schulen am freiwilligen Screening der Bildungsverwaltung teilgenommen, das bereits vor den Sommerferien anlief. Sechs Menschen, darunter eine Schülerin, seien bisher positiv getestet worden. Im Kitabereicht seien derzeit berlinweit zwei Gruppen in Quarantäne.
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