Schuldenbremsen-Ini soll gebremst werden: Senat aktiviert Verfassungsgericht

Der Hamburger Senat will die Initiative gegen die Schuldenbremse für verfassungswidrig erklären lassen. Die Initiator*innen bleiben optimistisch.

Die Schuldenuhr vor der Hamburger Universität

Tickt derzeit besonders schnell: Schuldenuhr vor der Universität Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Der Senat will das anstehende Volksbegehren gegen die Schuldenbremse für verfassungswidrig erklären lassen. Einen entsprechenden Antrag hat die rot-grüne Regierung beim Hamburgischen Verfassungsgericht gestellt. Er richtet sich gegen die Volksinitiative „Schuldenbremse streichen!“, die die Regelungen der Schuldenbremse wieder aus der Hamburgischen Landesverfassung streichen möchte.

Der Initiative, welche sich aus überwiegend studentisch-organisierten Kreisen zusammensetzt, war es im vergangenen Jahr gelungen, mehr als 13.000 Unterschriften von wahlberechtigten Hamburger*innen zu sammeln. Als zweiten Schritt hatte sie das Volksbegehren beantragt und zwischen dem 23. Juli und dem 13. August die dafür erforderlichen rund 65.000 Unterschriften sammeln wollen. Nun müsse aber erst einmal die Entscheidung des Verfassungsgerichts abgewartet werden, sagte Franziska Hildebrandt von der Initiative.

Der Senat argumentiert mit dem Prinzip des „bundesfreundlichen Verhaltens“, das impliziert, dass das Grundgesetz auf Länderebene umgesetzt werden muss. Der Gesetzentwurf, der der Volksinitiative zugrunde liege, sei aber „nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“, findet der Senat.

Der Bund hat 2009 eine Schuldenbremse beschlossen, mit der eine strukturelle Neuverschuldung der Länder beschränkt werden soll. Diese wurde in Artikel 109 des Grundgesetzes verankert. Hamburg legte die Schuldenbremse 2012 auch in seiner Landesverfassung fest. Genau dies soll durch den angestrebten Volkentscheid rückgängig gemacht werden.

Franziska Hildebrandt, Volksinitiaitve „Schuldenbremse streichen!“

„Jetzt muss die Schuldenbremse erst recht abgeschafft werden“

Aufgrund der Corona-Lage ist die Schuldenbremse gerade ausgesetzt, denn die Landesverfassung sieht vor, dass bei „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen“ eine höhere Verschuldung möglich ist. Finanzsenator Andreas Dressel wirft dem Volksbegehren vor, dass dies bei einem Erfolg des Volksentscheids nicht mehr möglich sei. Denn der Gesetzentwurf der Initiative sehe eine solche Ausnahme nicht vor. „Das kann nicht richtig sein“, findet Dressel.

Ein Vorwurf, den Elias Gläsner klar zurückweist: „Die dafür notwendigen Änderungen der Landeshaushaltsordnung kann die Bürgerschaft jederzeit beschließen.“ In anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen greife die Ausnahmeregelung auch, obwohl die Schuldenbremse dort nicht in der Landesverfassung verankert sei. Tatsächlich lässt der Bund den Ländern offen, ob sie die Schuldenbremse in verfassungsrechtlicher Form aufnehmen oder sie nur „in der Landeshaushaltsordnung berücksichtigen“.

Franziska Hildebrandt, Sprecherin der Initiative, betrachtet die Sonderregeln während der Corona-Kreise unter dem Regime der Schuldenbremse als „schwierig“, da die anschließende Tilgung der Schulden den politischen Handlungsspielraum für zukünftige Investitionen einschränke. „Jetzt muss die Schuldenbremse erst recht abgeschafft werden!“, fordert sie.

Während die Gruppe bereits einige Unterstützer*innen mobilisieren konnte, kann bisher von keinem großen Rückhalt bei den Parteien der Bürgerschaft gesprochen werden. Das sei auch der Grund, weshalb man sich für die Form des Volksentscheides ausgesprochen habe, erklärt Hildebrandt.

Die Initiator*innen bleiben jedoch optimistisch. Die Corona-Krise verdeutliche die fehlenden Investitionen in Gesundheits- und Bildungswesen, das würden immer mehr Menschen erkennen. Die Reaktion des Senates sei deshalb eine politische: „Der Senat weiß, dass wir erfolgreich sein könnten und steht gerade jetzt mit dem Rücken zur Wand“, sagt Hildebrandt. Es sei daher nicht verwunderlich, dass „zum einzigen juristischen Mittel“ gegriffen wird, um das Begehren zu stoppen. Die juristischen Vorwürfe betrachte die Initiative als „nicht stichhaltig“.

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