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Schüsse auf Flüchtling in StadeNotwehr mit Fragezeichen

Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlung um die Polizeischüsse auf Aman Alizada zum zweiten Mal ein.

Die Staatsanwaltschaft Stade möchte die tödlichen Schüsse nicht vor Gericht sehen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hannover taz | Für „glasklare Notwehr“ hält die Staatsanwaltschaft Stade die fünf Schüsse, die ein Polizist im August 2019 in einer Flüchtlingsunterkunft in Stade-Bützfleth auf den 19-jährigen Aman Alizada abgegeben hat.

Zu dieser Einschätzung ist sie schon im Juni 2020 gekommen, als sie das Verfahren gegen den Beamten zum ersten Mal eingestellt hat. Doch dann musste sie die Ermittlungen auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Celle noch einmal aufnehmen. Der Bruder des Getöteten, die örtliche Bürgerinitiative Menschenwürde und der Flüchtlingsrat Niedersachsen werden nicht müde, auf ungeklärte Fragen und Widersprüche in dem Fall hinzuweisen.

Nun hat die Staatsanwaltschaft Stade das Verfahren zum zweiten Mal eingestellt und die Begründung, sagt Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat, klingt fast genauso wie beim ersten Mal. Der einzige Unterschied ist: Man hat die Vernehmung des Beamten nachgeholt, der beim ersten Mal nicht gehört worden war. Für die Flüchtlingshelfer*innen sind aber andere Punkte zentral.

Aman Alizada flüchtete Ende 2015 im Alter von 15 Jahren unbegleitet aus Afghanistan nach Deutschland. Unstrittig ist, dass er psychische Probleme hatte und an diesem Tag – nicht zum ersten Mal – in der Unterkunft randalierte und seinen Mitbewohner in Angst und Schrecken versetzte. Der flüchtete und rief die Polizei.

Forensisches Gutachten widerspricht der Notwehr-Darstellung

Als die vier Beamten eintrafen, befand sich Alizada allein in einem verschlossenen Raum. Warum also musste es überhaupt zu einer Notwehrsituation kommen? Warum war es nicht möglich, auf einen Dolmetscher oder jemanden, der im Umgang mit psychisch Kranken geschult ist, zu warten?

Auch an der Notwehr gibt es Zweifel: Ein Gutachten besagt, dass Alizada saß, hockte oder lag als die Schüsse ihn trafen. Die Staatsanwaltschaft schenkte aber der Darstellung des Polizisten mehr Glauben, der sagte, Alizada habe ihn mit einer Hantelstange angegriffen und sich auch von einem Schuss in die Schulter nicht stoppen lassen.

Zeugen für den unmittelbaren Tathergang gibt es nicht, der Polizist war allein mit dem 19-Jährigen im Zimmer. Die Kolleg*innen waren draußen in Deckung gegangen.

Der Bruder des Getöteten hat angekündigt, erneut Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens einlegen zu wollen. Er fordert vor allem, dass die Ermittlungen von einer anderen, unabhängigeren Staatsanwaltschaft überprüft werden. Auch der Flüchtlingsrat und die BI gehen davon aus, dass sich diese Vorwürfe letztlich nur in einem Gerichtsverfahren sauber klären und erörtern lassen.

Weitere Konsequenzen gefordert

Sie fordern zudem Konsequenzen: Die Betreuung traumatisierter Jugendlicher müsse verbessert werden, Polizisten sollten im Umgang mit psychisch Kranken besser geschult werden, problematische Einsätze bei einer unabhängigen Ombudsstelle gemeldet und untersucht werden.

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2 Kommentare

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  • Deutschland mit seinen braunen Strukturen, in Polizei, Anwaltschaften, Gerichten und Co.



    Aber wenigstens haben sie ja jetzt mal mit dem Täter gesprochen. Wow. Dann können wir dem ja glauben...ein Polizist würde ja nie lügen....



    Machtpositionen in Deutschland, schon lange untergraben von brauner Ideologie.



    Wann bekommen wir endlich eine unabhängige Behörde dafür. Wenn Polizisten gegen Polizisten ermitteln, oder Freund gegen Freund, was soll da anderes herauskommen?

  • Einige Angaben sind nicht stimmig: Es gibt einen Bruder, lebte er nicht in der Einrichtung oder in der Nähe? Ansonsten hätte er ja intervenieren können.



    Das Gutachten räumt Bedenken ein, weil der Afghane getötet wurde als er saß. Ich gehe mal davon aus, dass die Räumlichkeiten vielleicht eher beengt sind und obwohl der Afghane saß, vielleicht war ja zwischen dem aufgebrachten Afghanen und dem Polizist kaum räumlicher Abstand. Das könnte auch dazu führen, dass der Polizist geschossen hat, wenn der aggressive Afghane versuchte aufzustehen. Alles nur Vermutungen. Letztendlich weis es der Polizist und der Afghane, der psychisch krank war und im Vorfeld randalierte.



    Ist der Einrichtungsleiter kein Sozialarbeiter oder Pädagoge, den man hätte rufen können zum deeskalieren.



    Die Schuld reflexartig immer der Polizei oder der angeblich unabhängigen Staatsanwaltschaft zu zu schreiben, damit hilft man den Bruder auch nicht weiter. Dieser Fall zeigt auch wieder, dass Migranten/Flüchtlinge häufig Psychologische Hilfe benötigen, weil sie entweder psychisch krank sind oder traumatisiert. Das sollten die Flüchtlingsräte bedenken, wenn sie mal wieder eine größere Aufnahme von Migranten/Flüchtlingen fordert und eine bessere Versorgung. Es reicht eben nicht lediglich ein Dach über den Kopf und Essen und das muss auch alles finanziert werden.