Schottlands Regierung auf der Kippe: Rauswurf für die Grünen
Schottlands Regierungschef Yousaf beendet die Kooperation seiner SNP mit den Grünen. Zuvor waren die Verwerfungen zwischen beiden groß.
![Ein Mann spricht zu Vertretern der Presse. Ein Mann spricht zu Vertretern der Presse.](https://taz.de/picture/6967197/14/35183104-1.jpeg)
Doch der Rauswurf folgt einer Ankündigung von vergangener Woche: Schottland könne sein bisher genanntes Klimaziel einer 75-prozentigen Senkung der CO2-Werte bis zum Jahr 2030 nicht halten. Die Entscheidung – obwohl damals das weitere Festhalten an einer generellen Klimaneutralität bis 2045 versprochen wurde – hatte bereits dazu geführt, dass die Grünen ihre Parteimitglieder über die Zukunft des Kooperationsabkommens abstimmen lassen wollten. Nun ist Yousaf dieser Entscheidung zuvorgekommen.
Die grüne Co-Parteiführerin Lorna Slater, die bisher Ministerin in der schottischen Regierung war, bezeichnete die Entscheidung Yousafs als Treuebruch. Sie erklärte weiter, dass sie eigentlich zuversichtlich gewesen sei, dass sich bei der Generalversammlung der schottischen Grünen die Mehrheit für das Weiterleben der Kooperation mit der SNP ausgesprochen hätte. Dieser fehlt nach dem Zerbrechen der Allianz mit den Grünen zur absoluten Mehrheit ein Sitz im Parlament.
Hinter der Entscheidung, das Kooperationsabkommen aufzulösen, steht eine Partei, die in der Krise steckt. Vor genau einer Woche wurde der ehemalige Geschäftsführer der SNP, Peter Murrell – Ehepartner der ehemaligen Ersten Ministerin Nicola Sturgeon – von der schottischen Polizei der Unterschlagung beschuldigt. Es geht um 660.000 Pfund, umgerechnet etwa 770.000 Euro, an Spenden von Parteimitgliedern für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum – die verschollen sind.
Geschlechterpolitik der SNP sorgt für Zoff
Neben Problemen, die ambitionierten zwischenzeitlichen Klimaziele einzuhalten, führte außerdem die Geschlechterpolitik der SNP zu politischen Verwerfungen in Schottland. Etwa die Entscheidung der Erweiterung des Gesetzes von Hassverbrechen. So soll vor allem gegen Hass auf Transmenschen besser vorgegangen werden. Aktivst:innen für Frauenrechte – etwa die Autorin der „Harry Potter“-Romane, JK Rowling – kritisierten das Gesetz hingegen scharf.
Schottlands Beschluss, die Selbstidentifikation des Geschlechts offiziell einzuführen, wurde von der Regierung in London allerdings verboten. Auch innerhalb der Partei gab es Streit: Yousaf wollte die Rechtsprechung in Fällen der Vergewaltigung von dem gegenwärtigen System, das auf Geschworene setzt, ändern in ein System, in dem einzig Richter:innen über solche Fälle entscheiden können. Abgeordnete seines eigenen Flügels in der SNP, darunter seine ehemalige Kontrahentin um die Parteispitze, Kate Forbes, enthielten sich in der jüngst abgehaltenen Abstimmung zu dem Gesetz ihrer Stimme.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsportals YouGov Mitte April gelang es der einst in Schottland am Boden zerstörten Labour Party zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten, die SNP bei den Beliebtheitswerten zu überholen. 33 Prozent der schottischen Wähler:innen gaben an, heute Labour ankreuzen zu wollen, während nur 31 Prozent für die SNP stimmen würden.
Der Parteiführer der schottischen Tories, Douglas Ross, kündigte wenige Stunden nach dem Beschluss Yousafs im schottischen Parlament an, dass er einen Misstrauensantrag gegen Yousaf als First Minister stellen werde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche