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Scholz-Antwort bei G7-GipfelDer Schröder-Moment

Auf einer Pressekonferenz auf dem G7-Gipfel ließ Kanzler Scholz eine Journalistin arrogant abblitzen – ein Politikstil, der nicht mehr zeitgemäß ist.

Mit Spannung wurde die Abschlusspressekonferenz in Elmau erwartet Foto: Peter Kneffel/dpa

Bevor Gerhard Schröder (weiterhin SPD) Lobbyist für ein russisches Gas-Unternehmen wurde, war er bis 2005 Bundeskanzler. Pressekonferenzen mit ihm waren stets von der Frage geprägt, ob es seinem saalfüllenden Einzel-Ego gelingen würde, die Wolke der Journalisten-Egos in die Winkel und Nischen des Raums zu verdrängen. Meistens gewann das Schröder-Ego. Wobei man wissen muss, dass auch das Selbstbewusstsein vieler Kollegen gerade Anfang der nuller Jahre recht ausgeprägt war.

Schröder aber hatte Techniken, seine Überlegenheit zu beweisen und zu vergrößern. Gern pickte er sich eine Fragestellerin oder einen Fragesteller heraus, nutzte irgendeinen Aspekt der Frage, der sich mutwillig missverstehen ließ, verdrehte diesen und führte den Kollegen oder – oft genug – die Kollegin damit vor. Im September 2004 tagte das damalige rot-grüne Kabinett in Bonn. Die Pressekonferenz dazu fand im „Tulpenfeld“ statt, dem Ort der Bundes­presse­konferenz zu Alt-Westrepublik-Zeiten.

Es meldete sich eine Journalistin aus Saudi-Arabien, sie erkundigte sich nach dem Programm für den bevorstehenden Besuch des irakischen Präsidenten. Schröder guckte abfällig und beschied ihr: „Auf der Tagesordnung beim Besuch des Präsidenten des Irak steht die Lage im Irak.“ Welche Hilfe der Irak zu erwarten habe, das sage er „erst dem Präsidenten und dann Ihnen“. Deutlich hörbar wurde im getäfelten Raum gekichert, allerdings nur von ­Männern.

Wer auch immer diese Kolle­gin aus Saudi-Arabien war – Schröder konnte darauf vertrauen, dass er die Gelegenheit, sie abzukanzeln, schadlos nutzen konnte. Willkommener Nebeneffekt solcher Aktionen: Allen anderen wird der leise Schauer die Wirbelsäule hochgeschickt, dass es ihnen jederzeit ähnlich ergehen könnte. Mit nervös gestellten Fragen lässt es sich leichter regieren.

Veraltete Kulturtechniken

Diese Woche nun hatte Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Abschluss-Pressekonferenz zum G7-Gipfel am Dienstag in Elmau einen solchen Gerhard-Schröder-Moment. Scholz referierte über die Weltlage und reagierte auf Fragen aus dem Kanzler-Pressetross zunächst durchaus lebendig und für Scholz-Verhältnisse kooperativ. Als die Deutsche-Welle-Reporterin Rosalia Romaniec jedoch fragte, ob er konkretisieren könnte, welche Sicherheitsgarantien die G7-Mächte für die Ukraine vorsähen, sagte Scholz: „Ja.“ Kurzes Schnauben. „Könnte ich.“ Noch ein Schnauben, ironisches Augenbrauen-Hochziehen Richtung Publikum. „Das war’s.“ Mehr, hieß das, würde er nicht sagen.

Es gab viel Empörung über Scholz angesichts dieser Behandlung der Kollegin durch den Bundeskanzler, insbesondere auf Twitter, wo die Szene als 24-Sekunden-Clip kursierte. Dies darf als starker Hinweis darauf zählen, dass solch ein Verhalten inzwischen anders bewertet wird als noch zu Schröders Zeiten. Wobei es das gefällige Kichern immer noch gibt. Scholz’ Berater jedenfalls dürften noch am Dienstag angefangen haben, über ein Anti-Arroganz-Training für ihren Kanzler nachzudenken, es wurde ohnehin dringend Zeit. Rosalia Romaniec selbst twitterte maßgerecht: „Als ich Deutsch gelernt habe, wurde mir für Presse­konferenzen dringend die Höflichkeitsform empfohlen“.

Nun hatte eine weitere Kollegin der Deutschen Welle keine zehn Minuten vorher bereits die gleiche Frage wie Romaniec auf Englisch gestellt – und eine höfliche und ernsthafte Antwort bekommen, ernsthaft jedenfalls im Bemühen um ein taktvolles Ausweichmanöver: Sicherheitsgarantien, sagte Scholz nach einem Moment des Nach­denkens, seien Gesprächsthema, aber „das kann noch lange nicht so konkretisiert sein, dass man darüber heute sinnvollerweise sprechen sollte“.

Möglicherweise fand Scholz die erneute Frage unangemessen und wollte mit seinem Blick ins Publikum Verbindung aufnehmen: Ihr könnt euch doch auch erinnern, dass ich hierzu eben schon nichts sagen wollte. Aber dies hätte er dann auch Romaniec erklären können. Es ist ein Spiel zwischen Regierendem und JournalistInnen, natürlich auch ein Machtspiel. Die Regeln aber haben sich dann doch ein bisschen geändert. Abbügeln, Fragenverdrehen, Auflaufenlassen sind Kulturtechniken, die nicht mehr zukunftsfähig sind. Und das wiederum gilt inzwischen als vernichtendes Urteil.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • .....Die Regeln aber haben sich dann doch ein bisschen geändert. Abbügeln, Fragenverdrehen, Auflaufenlassen sind Kulturtechniken, die nicht mehr zukunftsfähig sind....



    ABER



    so was von falsch!!



    Die wahrscheinlich von der- Ernst Busch- heimlich, geleitete BPK, ein Beispiel von Einwand abbügeln, lügen(mimich perfekt) Empörung dito, personelle Auswahl für höhere Weihen...



    Und wenn ich die Fragen stellenden Schreiber*in so sehe und dann Christiane Hoffmann vorne antworten höre, konstatiere ich, nichts wird sich ändern.



    Es ist und bleibt die zum wohle Aller(Incirkle)



    -Geschlossene Gesellschaft-!

  • Den eigentlichen Skandal nehmen Sie anscheinend gar nicht wahr.

    Dass es die ehemalige Spiegel-Journalistin Christiane Hoffmann ist, die nun als Regierungssprecherin Scholz kindisch-patziges 'Wissen Sie wie spät es ist? - Ja!' verteidigt.

    Vor Kurzem konnte wan die noch so erleben:

    》Während Röttgen an die „überparteiliche Verantwortung“, „sofortiges Handeln“ und „Kontaktbeschränkungen“ appelliert, verliert sich Habeck in küchenpsychologischer Analyse: „Wir Menschen sind träge Wesen und wollen darauf hoffen, dass das, was im Alltag passiert, morgen auch so ist.“ Politiker seien letztlich auch Menschen, führt Habeck aus, „Überbringer der schlechten Botschaften“ würden nie mit „Erfolg belohnt.“ Als Habeck dann noch von der Überwindung der „inneren Trägheit“ und des „Schweinehhundes“ palavert, platzt „Spiegel“-Journalistin Christiane Hoffmann sichtlich der Kragen: „Es geht doch nicht um innere Trägheit!“, schimpft sie vom Monitor.

    Die Journalistin: Politische Führung bedeute [...], dass man eine Situation, die man erkannt hat, adäquat einschätzt und entsprechende Maßnahmen ergreife und erinnert: „Es gab ausreichend Experten, die ständig Rede und Antwort gestanden hätten und sich den Mund fusselig geredet haben!“ Hoffmann sichtlich bestürzt: „Mich schockiert das auch als Bürgerin!“《

    www.merkur.de/poli...talk-91140998.html

    Übrigens kein Grund für die Taz, sich, Stichwort 'regierungsnahe Berichterstattung bzw. Komentierung', selbstzufrieden zurückzulehnen, eher im Gegenteil: Hoffmann ist tatsächliche Loyalitätsverpflichtungen eingegangen, Sie hingegen betonen ausdrücklich Ihre journalistische Unabhängigkeit - z.B. zur Ukraine wäre hier noch enormer Spielraum zu kritischer Distanz und Einschätzung!

    • @ke1ner:

      Liggers. - & - Nicht wenige im around haben ja längst von selbsternannt “Linkes Portal“ in - BAYERNKURIER IMMERGRIINS - umfirmiert!



      Gellewelle&Wollnichwoll •‘

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Der Schmalspur-Willy?



    www.spiegel.de/pol...-828f-89ff7fbbaf56



    „Nein“, „Ja“, „Doch“: www.youtube.com/watch?v=lM9i-8j45xg

    • @95820 (Profil gelöscht):

      (Spiegel ergänzt;) But.



      Nochn Hamburger Quidje - als Sparringspartner für Oil of Olaf I. *OS



      m.youtube.com/watch?v=jYJQWy9bkJ0



      Grupe *Berlin - reagierte auf seine Weise auf den kritischen Moderator

  • Gottchen, er hat halt mit seinen eigenen begrenzten Mitteln versucht witzig zu sein. Natürlich wollte er sagen "dazu kann ich aus Sicherheitsgründen nichts sagen".



    Vielleicht weiß er aber auch einfach gar nicht, welche Sicherheitsgarantien noch das sind.

    Normal sagt er ja gar nichts, wenn er nach etwas gefragt wird (z.B. CumEx), oder lügt.

    • @Jalella:

      Liggers.

      kurz - Frau Chefredakteuse - mal wieder schwer bemüht.



      ps Naja - solangese Kai et al. nicht den ☕️ ☕️ vorbeibringt - is noch hope & nicht aller Laster 🚛 🚛 Ende. Newahr.



      Normal Schonn.

  • Das die Frage im Prinzip schon beantwortet war, ist eine mir neue Information,die die Antwort verständlicher macht. Wer dumme Fragen stellt- die gibt es eben doch- kriegt auch entsprechende Antworten. ;-)



    Und auch wenn ich nicht diese Regierung gewählt habe, gefällt mir der Scholz manchmal schon.



    Die angeblich nicht mehr zukunftsfähigen "Kulturtechniken", sind erstens uralt und gut erprobt und "vernichtende Urteile" , sind doch sehr oft einfach hilflose Reaktionen.

  • Die besagte Pressekonferenz habe ich auf Phoenix gesehen und die Szene zuerst als kabarettistisch verstanden. Scholz kokettierte m.E. in einem Witzversuch mit der unklaren 'Könnten Sie?'-Form, bei der offen ist, ob es Konditional oder als Bitte gemeint war, weil das Wort 'bitte' fehlte. Kurz darauf war es wohl zu spät, das glattzubügeln. Ich habe ihn so erlebt, dass er vor Erleichterung über den guten G7-Verlauf etwas euphorisch war, eine Stimmung, in der er möglicherweise nicht zu Hause ist. Es war, als hätte er einen 'Kasper gefrühstückt'. Dann war's passiert. Und unhöflich war's, das sehe ich auch so.



    Daraus indes eine deutungshoheitliche Abhandlung über Kulturtechniken zu machen, fährt schon ein ziemliches Geschütz auf.



    Naja, was dem einen sein Melnyk, ist dem anderen sein Scholz. Je nach Medium.

  • Hat sich denn O.S. wirklich daran erinnern können, dass er kurz zuvor die ähnliche Frage "sachlich" beantwortet hatte?



    Zweifelnd...