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Schmiert Russland jetzt ab?

US-Präsident Trump verhängt massive Sanktionen gegen Russlands größte Ölkonzerne. Das könnte nicht nur Moskau, sondern auch westliche Firmen – bis hin zu deutschen Raffinerien – empfindlich treffen

Glänzende Bühne, düstere Aussichten: Der russische Ölkonzern Lukoil auf dem Wirtschafts­forum in St. Petersburg, 2024 Foto: Sefa Karacan/AA/imago

Von Mathias Brüggmann

Weil „Wladimir einfach nicht liefert“, verhängte US-Präsident Donald Trump nach monatelangem Zögern jetzt harte Sanktionen gegen Russlands größte Ölkonzerne: gegen den mehrheitlich staatlichen Rosneft-Konzern, bei dem Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bis 2022 Aufsichtsratschef war, und gegen die private Lukoil sowie 34 Tochterunternehmen.

Rosneft ist nach Saudi Aramco der zweitgrößte Erdölproduzent der Welt. Die USA importieren zwar kein russisches Rohöl, doch die Sanktionen zielen auf Vermögen von Rosneft und Lukoil – letzterer betreibt 175 Tankstellen in den USA – sowie auf Firmen im Ausland, die mit ihnen Geschäfte machen. Unklar ist, wie sich Trumps Beschluss auf Rosneft-Tochterfirmen in Deutschland auswirkt, die seit dem Ukrainekrieg unter staatlicher Kontrolle stehen.

Trump sprach von „enormen Sanktionen“ gegen Russland und zeigte sich zugleich zuversichtlich: „Wir hoffen, dass der Krieg geregelt wird.“ Ein Treffen mit Putin sagte er ab – der müsse nun Friedensgespräche einleiten. „Dies wird die Ölexporte russischer Unternehmen weiter erschweren, was wir nach den britischen Sanktionen bereits zu sehen begonnen haben“, sagte Amrita Sen, Analystin von Energy Aspects. Die Sanktionen könnten chinesische und indische Käufer dazu bewegen, weniger russisches Öl zu importieren – genau das hatte Trump gefordert.

Großbritannien hat Ausnahmen von den Russland-Sanktionen zugelassen: Banken und Unternehmen dürfen weiter mit den in Deutschland unter Treuhänderschaft stehenden Rosneft-Töchtern – den Raffinerien PCK in Schwedt, MiRo und Bayernoil – zusammenarbeiten. Dasselbe gilt für die Vertriebsgesellschaften Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH, die bis März kommenden Jahres unter deutscher Kontrolle bleiben. Diese Treuhänderschaft muss alle sechs Monate verlängert werden. Unklar ist jedoch, ob die neuen US-Sanktionen auch diese deutschen Tochterfirmen betreffen – bislang wurden sie weder genannt noch ausdrücklich ausgenommen. Washington allerdings hat weltweit allen Unternehmen und Banken die Kooperation mit Lukoil und Rosneft untersagt. Zuwiderhandlungen würden mit dem Ausschluss vom US-Finanzmarkt bestraft. Diese sogenannten „Secondary Sanctions“ fürchten alle Firmen mit US-Börsenlisting und alle Unternehmen, für die Amerika ein wichtiger Markt ist – darunter auch große indische und chinesische Firmen und Banken.

Im US-Finanzministerium gibt es eine Abteilung für Sanktionen, das Office of Foreign Assets Control. Diese untersagte nun den Kauf von Öl, das Anbieten von allen Arten von Dienstleistungen (von Reparaturen über Andocken in Häfen bis hin zum Bereitstellen von Telefonleitungen) sowie Versicherungen, Finanzierungen, den Handel in US-Dollar.

Trumps Vorgänger Joe Biden hatte nur Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Gazprom Neft und Surgutneftegas verhängt. Er hatte Rosneft und Lukoil damals verschont – aus Sorge, dass dies die globalen Energiepreise in die Höhe treiben könnte. Am Donnerstagmittag stieg der Ölpreis für die Leitmarke Brent um gut 5 Prozent. Aktien von Rosneft und Lukoil können schon seit Jahren im Westen nicht mehr gehandelt werden. An der Moskauer Börse gaben sie am Donnerstagmittag um 3 (Rosneft) und 4,2 Prozent (Lukoil) nach.

Indien zeigte sich unterdessen laut der Zeitung Mint aus Neu-Delhi unter Berufung auf drei mit der Sache betrauten Personen bereit, weniger russisches Öls zu kaufen – im Gegenzug für eine Senkung der von Trump auf 50 Prozent verdoppelten Zölle für Exporte in die USA auf 15 bis 16 Prozent.

Nach China ist Indien Russlands größter Ölkunde. Beide kaufen den russischen Schmierstoff zu Preisen, die deutlich unter denen auf dem Weltmarkt liegen. Aus Russland stammt derzeit gut ein Drittel der indischen Rohölimporte, während die USA wertmäßig etwa ein Zehntel des gesamten indischen Öl- und Gasbedarfs decken.

Trump sprach von „enormen Sanktionen“ gegen Russland und zeigte sich zugleich zuversichtlich

Chinas Ölimporte aus Russland stiegen im September im Vergleich zum Vormonat um 4,3 Prozent auf insgesamt 8,3 Millionen Tonnen laut Zolldaten. Das entsprach 17,5 Prozent der gesamten chinesischen Ölimporte. Durch die anhaltenden ukrainischen Drohnenangriffe auf russische Öl- und Gasanlagen gibt es in vielen russischen Regionen inzwischen einen erheblichen Mangel an Benzin und Diesel.

Wie immer bei neuen Sanktionen wies ein Sprecher Putins diese als „illegal und unbegründet“ zurück und bezeichnete die russische Wirtschaft als „immun“ gegen sie. Allerdings sind inzwischen erhebliche Folgen der bisher verhängten Sanktionen – wie rasante steigende Staatsverschuldung und Abschwächen des Wirtschaftswachstum – sichtbar. Mit den zusätzlichen US-Sanktionen drohen erhebliche Verluste bei Öleinnahmen und darauf anfallenden Steuern.

Wegen der am Dienstag von ukrainischen Drohnen getroffenen Ölraffinerie in Orenburg im Ural mussten jetzt erstmals auch die internationalen Ölkonzerne Chev­ron und Shell ihre Ölproduktion im benachbarten Kasachstan drosseln. Sie hatten das Rohöl zur Verarbeitung bisher nach Orenburg gepumpt. Dieses Chevron-Geschäft ist von den neuen US-Sanktionen ausgenommen.

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