Umweltprobleme beim Hafenausbau: Giftiger Schlick im Meer versenkt
Der in der Nordsee verklappte Aushub für einen LNG-Terminal in Brunsbüttel ist giftiger als er sein darf. Genau davor hatten Umweltschützer gewarnt.

Jetzt hat sich herausgestellt, dass das Sediment, das beim Ausbau des Hafens im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel ausgehoben wird, stärker vergiftet ist als nach einem Übereinkommen der fünf Küstenbundesländer zulässig ist. Wie das Umweltministerium des Landes Schleswig-Holstein bestätigte, wurden verschiedene Richtwerte der „gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern“ (Gübak) überschritten – unklar ist allerdings, wie stark.
„Die gesamte Chemie des Ostblocks liegt da im Untergrund“, befürchtet Ole Eggers, Geschäftsführer der Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Schleswig-Holstein. Die Elbe ist heute zwar so sauber, dass man darin baden kann. Bis zur Wende wurden jedoch reichlich Schadstoffe aus den wenig umweltfreundlichen Industriebetrieben des Ostblocks die Elbe hinab geschwemmt und im Sediment abgelagert. Wird gebuddelt, kommen sie wieder hoch.
Hafenbecken muss ausgebaggert werden
Im Brunsbütteler Hafen soll ein Anleger für die Entladung von Flüssiggas(LNG)-Tankern gebaut werden, wofür das Hafenbecken ausgebaggert werden muss. Getragen wird das Projekt von der „Elbehafen Energy Port & Logistics GmbH“ (EEPLG), einer Tochterfirma der „Brunsbüttel Ports GmbH“ im Auftrag der bundeseigenen „Deutsche Energy Terminal GmbH“ (DET).
Der BUND und andere Umweltorganisationen hätten schon vor Beginn der Baggerei im Winter 2023 auf dieses möglicherweise giftige Erbe hingewiesen, sagt Eggers. Umso mehr ärgert er sich, dass anderthalb Jahre nach der Verklappung immer noch keine Probenergebnisse vorlägen. Dass es auch anderes gehe, zeigten die Verklappungen aus der Fahrrinnenunterhaltung der Elbe – ebenfalls bei der Tonne E3 südöstlich von Helgoland. Hier gebe es ein öffentlich einsehbares Monitoring, bei dem vor und nach der Verklappung Proben genommen und die Ergebnisse binnen drei Monaten veröffentlicht werden.
Problem mit dem Daten
Das vom grünen Minister Tobias Goldschmitdt geführte schleswig-holsteinische Umweltministerium verweist darauf, dass es sich um private Daten handele, die Landesbehörden nicht ohne Weiteres veröffentlichen dürften. Es sei jedoch ein Antrag nach dem Informationszugangsgesetz des Landes anhängig. „Aufgrund dessen erfolgt voraussichtlich im Laufe des Juli 2025 eine Veröffentlichung der Daten“, kündigt das Ministerium an.
Eggers erinnert daran, dass er wegen der Daten dreimal nachgehakt habe – ohne Erfolg. „Es muss das Gefühl aufkommen, dass da was vertuscht werden soll“, sagt der BUND-Geschäftsführer.
Nach Angaben des Umweltministeriums dürften 270.000 Tonnen trockenes Sediment aus dem neuen Anleger bei der Tonne E3 verklappt werden. Gut 209.000 seien tatsächlich abgeladen worden, weitere Verklappungen nicht geplant. Die Hamburger Hafenbehörde darf pro Jahr zwei Millionen Tonnen Trockensubstanz ausschütten. Dieses Material sei aber grobkörnig und deshalb nicht so problematisch – im Gegensatz zu dem teils sehr feinen Material aus Brunsbüttel, sagt Eggers.
Ole Eggers, Geschäftsführer der Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Schleswig-Holstein
Letzteres verdrifte, statt direkt abzusinken und könnte damit die Nordsee mit zusätzlichen Nährstoffen belasten, befürchtet Reinhard Knof, der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager. Er fragt sich, ob das zu der „auffälligen Algenblüte im Nationalpark Wattenmeer im August 2024“ geführt haben könnte, „auch wenn kein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden kann“.
Das Algenwachstum wird auch durch die höhere Wassertemperatur aufgrund des Klimawandels begünstigt. Algen verrotten unter Verbrauch von Sauerstoff, der dann den Fischen und anderen Tieren fehlt.
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