Schleppende G20-Aufarbeitung: Mauern im Ausschuss
Die Aufarbeitung des G20-Gipfels wird zur Farce: Diesmal kamen zwar Vertreter von Bundesbehörden. Aber wenn es interessant wurde, schwiegen sie sich aus.
Vertreter vom Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Bundesinnenministerium und der Bundespolizei erzählten vor dem Ausschuss, wie sehr sie von der Dimension der Gewalt überrascht gewesen seien, obwohl sie den eigenen Angaben zufolge die Taktiken der Gipfelgegner genau gekannt haben wollen. Aber: Art und Ausmaß der Militanz seien erschreckend heftig gewesen, sagte die Abteilungsleiterin des Inlandsgeheimdienstes, Dinchen Franziska Büddefeld, die für ihren Chef Hans-Georg Maaßen angereist war. Für Wolfgang Lohmann vom Innenministerium war beispielsweise neu, wie „blitzartig“ Gewalttäter ihre Kleidung von Schwarz zu bunt wechselten. Dies habe die Polizei in Schwierigkeiten gebracht.
Trotz Nachfragen äußerten sich die Vertreter der Sicherheitsbehörden – zum Unmut der Abgeordneten – nicht zu der Frage, ob womöglich davor gewarnt wurde, das Treffen der G20 in Hamburg abzuhalten. „Dazu kann und werde ich keine Position beziehen“, sagte Büddefeld. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte vor dem Ausschuss behauptet, die Sicherheitsbehörden hätten keine relevanten Sicherheitsbedenken geäußert.
Einschätzung des Verfassungsschutzes „Verschlusssache“
Aus einem internen Papier des Verfassungsschutzes soll aber anderes hervorgehen: „Dort ist ein Szenarien-Papier entstanden, ich würde gerne wissen, was drin steht“, sagte die grüne Abgeordnete Antje Möller am Mittwoch. Die lapidare Antwort: „Das ist als VS eingestuft.“ Heißt: Verschlusssache, Geheimhaltung, keine Antwort.
„Praktisch alle relevanten Fragen wurden mit dem lapidaren Verweis auf fehlende Aussagegenehmigungen abgebügelt“, kritisierte die Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir im Anschluss. Es sei erschreckend, wie massiv und arrogant die Sicherheitsbehörden Parlament und öffentliches Interesse an der Aufklärung missachteten. „Nur ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit gerichtlichen Befugnissen kann all diese stummen oder gar nicht erst aufgetauchten ZeugInnen vorladen und ein solches Mauern, wie wir es erlebt haben, empfindlich ahnden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund