piwik no script img

Schiffbau und UmweltschutzDreckschleudern auf hoher See

Deutsche Werften sind wirtschaftlich erfolgreich, ihre Schiffe aber ein ökologischer Albtraum. Sie fordern von der Regierung Förderprogramme.

Schiffbau in Deutschland ist ein riesiges Geschäft Foto: dpa

Hamburg taz | Weltweit werden immer mehr Schiffe zu Wasser gelassen. Doch Frachter, Kriegsschiffe und Behördenboote sind selbst im Vergleich zu Dieselautos wahre Dreckschleudern. Das beklagte ausgerechnet der deutsche Schiffbauverband VSM auf seiner Jahrespressekonferenz am Montag in Hamburg.

Die Motoren der allermeisten Schiffe werden mit Schweröl betrieben und stoßen etwa 100 Mal so viel Ruß pro Kilowattstunde aus wie ein Pkw, sagt VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken. Das könne man ändern: „Wir sind die Problemlöser“, zeigt sich Lüken optimistisch. Alle Techniken seien in Deutschland vorhanden, um grüne Schiffe zu bauen. Doch nur wenige Reeder wie die Ems AG in Emden setzen beispielsweise auf den saubersten Kraftstoff, auf Flüssigerdgas LNG.

Die Reeder, so Lüken, stünden allerdings im internationalen Konkurrenzkampf. Und weltweit setze sich erst langsam ein Umdenken in der maritimen Wirtschaft und Politik durch. Am schnellsten noch im Tourismus. Die Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg habe sieben Kreuzfahrtschiffe, die mit LNG angetrieben werden sollen, in ihrem Auftragsbuch.

Doch obwohl seit sechs, sieben Jahren in Deutschland viel über den neuen Kraftstoff geredet wird, tut sich kaum etwas. Die Planungen für ein geplantes LNG-Terminal in Wilhelmshaven dümpeln weiter vor sich hin; ein längst angekündigter Terminal im Hamburger Hafen kommt nicht in die Pötte. „Der Knoten ist beim LNG noch nicht zerschlagen“, beklagt VSM-Verbandspräsident Harald Fassmer, Geschäftsführer der gleichnamigen Werft an der Weser. Die Politiker in Berlin seien zwar überzeugt – von der Linkspartei bis zur CDU. Doch „mangelt es an der Umsetzung“, so Lüken.

Die Schiffbauer fordern von der Bundesregierung handfeste Förderprogramme für den maritimen Umweltschutz, auch für die Infrastruktur an Land, um „frühzeitig“ Seezeichen in der höchst globalisierten Branche zu setzen. Deutschlands Schiffbauer blicken auf ein überraschend erfolgreiches Jahr zurück. Zwar werden immer weniger Schiffe gebaut, dafür technisch anspruchsvoller und kostspieliger. Dadurch verdoppelten sich 2016 die Auftragseingänge nahezu auf rund 8 Milliarden Euro allein im Seeschiffbau. Einschließlich der Zulieferindustrie besteht die „einzigartige Wertschöpfungskette“ bundesweit aus 2.800 Unternehmen und 200.000 Beschäftigten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Marktwirtschaft adee. Entweder rechnet sich ein LNG Terminal oder nicht. Wo kämen wir denn da hin, wenn sich der Staat in alles einmischt. Das wäre doch dann Sozialismus.

    • @Martin_25:

      Vielleicht sollten Sie aber auch die volkswirtschaftlichen Folgen bedenken.

      Krebskranke Menschen z.B. kosten auch Geld.

      Komisch, dass ihnen die Subventionspolitik in D gerade bei dem Thema aufstößt.

  • "Doch Frachter, Kriegsschiffe und Behördenboote sind selbst im Vergleich zu Dieselautos wahre Dreckschleudern"

    Mal wieder ein völlig sinnloser Vergleich mit Dieselbashing: die Schiffe sind um Grössenordnungen dreckiger, angeblich verblasen die 10 (12?) grössten Schiffe so viel Dreck wie die gesamte irdische Autoflotte. Da muss man keinen Vergleich zum Diesel herbeibemühen, das ist so grottig, dass alles zu spät ist.

    Das heisst natürlich nicht, dass man Kraftfahrzeuge jetzt einfach dreckig lassen kann. Aber bei 200'000 Arbeitsplätzen im Vergleich zur Autoindustrie sollte man man die Verhältnismässigkeit wahren und dort wesentlich stärker durchgreifen.

  • Zu diesen Zuständen, die berechtigt beklagt werden und von Seiten der Politik raschestmöglich umzusetzen sind, gehört noch ein ebenfalls wichtiger Faktor: die Müllentsorgung.

     

    Jedem einigermaßen vernünftig erzogenen Kind wird beigebracht: den Müll, den du erzeugst, nimmst du mit Nachhause und sorgst dafür, dass er schonendst möglich entweder recycelt oder abfallverwertet wird.

     

    Immer wieder sind aber in den Medien Bilder zu sehen von kaum bewohnten Inseln, deren Bewohner anklagend an ihren Stränden schier unfassbare Mengen Plastik- und sonstigen Mülls zeigen, der von den Schiffen - sogar in Sichtweite - einfach ins Meer entsorgt wird und wenig später an den Stränden angeschwemmt wird.

     

    Das muss schnellstens aufhören!

    • @noevil:

      Richtig. Und man braucht dazu keine einsamen Inseln besuchen um diesen Müll zu sehen. Ein Besuch der portugisischen Westküste genügt.

       

      Das Meer ist staatenlos bzw. ein internationales Gebiet und es wird kaum bemert, wenn dort Müll beseitigt wird. Hier braucht es stärkere internationale Bemühungen und diese Bemühungen dann durchzusetzen ist bei den Weiten des Meeres fast ein Ding der Unmöglichkeit.

       

      Vielleicht wäre hier eine Art Pfand-System für die Seefahrt eine Idee. Die Schiffe zahlen vor ihrer Fahrt (viel) Geld, dass sie bei Ankunft am Ziel und Müllabgabe wiedererhalten. (Wie es auch im Kleinen auf vielen Musikfestivals Gang und Gäbe ist).

      Aber wie gesagt, dazu braucht es internationale Bemühungen.