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Scharon für Nahostgipfel

Israels Premierminister verspricht, mit „moderaten arabischen Führern“ zu sprechen. Seine Militäraktionen will er fortsetzen. Opposition: Saudische Initiative aufnehmen

JERUSALEM taz ■ „Ich komme zu jeder Zeit an jeden Ort“, versprach Israels Premierminister Ariel Scharon gestern vor dem Parlament und appellierte an die „moderaten arabischen Führer“ ein Gipfeltreffen unter israelischer Beteiligung einzuberufen. Dort solle auch über die saudiarabische Friedensinitiative beraten werden. Israels Regierung hat offiziell zur Initiative von Kronprinz Abdallah noch nicht Stellung bezogen. Scharon begründete das damit, dass ohne Dialog eine Entscheidung nicht möglich sei. Sein Vorschlag zu einem Gipfel soll Gesprächsthema bei dem für diese Woche geplanten Besuch von US-Außenminister Colin Powell sein.

Ungeachtet des Drucks von US-Präsident Bush, die Truppen umgehend aus den Autonomiegebieten zurückzuziehen, meinte Scharon: „Die Mission ist noch nicht beendet.“ Zwar seien bereits mehrere hundert „Mörder mit jüdischem Blut an den Händen“ verhaftet worden, und für den Moment „sind die Terrorapparate außer Gefecht gesetzt“. Dennoch wolle er nicht darauf verzichten, auch die sich in der Bethlehemer Geburtskirche befindenden „Mörder“ den „Händen der Gerechtigkeit“ zu übergeben. Scharon zeigte Unterlagen, die das Militär im Büro des Palästinenserführers Jassir Arafat beschlagnahmt hätte, darunter „Preislisten für Terror“. Damit wollte er Arafats unmittelbare Verantwortung für die jüngsten Gewaltakte dokumentieren: „Die Mörderbanden haben einen Anführer.“

Schwere Kritik bekam die Regierung von Oppositionsführer Jossi Sarid von der Meretz-Partei zu hören. „Wir führen keinen Krieg gegen Zivilisten?“, fragte Sarid: „Mit allem Respekt – ein Krieg, der in Bevölkerungszentren stattfindet, richtet sich auch gegen Zivilisten.“ Um die Infrastruktur von Terroristen zu bekämpfen, müsse die Motivation der Menschen, Gewalt anzuwenden, beendet werden. „Ein Gewehr ohne Motivation schießt nicht. Aber wenn die Motivation da ist, kann auch ein Besen gefährlich werden.“ Sarid warnte davor, die „einzigartige, revolutionäre und historische“ Gelegenheit nicht zu verpassen, die Israel mit der saudiarabischen Initiative eines „totalen Abzugs für einen totalen Frieden“ hat. Er schlug eine internationale Gipfelkonferenz zu dieser Frage vor. Ferner sollten nach Ansicht des Oppositionsführers internationale Schutztruppen in den Autonomiegebieten stationiert werden. Möglich sei auch die Einführung eines internationalen Mandats unter der Schirmherrschaft der USA bis die zerstörte Infrastruktur wieder saniert ist.

Premierminister Scharon kündigte gestern auch an, sein Kabinett um drei Minister zu erweitern. Dabei handelt es sich um zwei Abgeordnete der National-Religiösen-Partei sowie Exaußenminister David Levy, Chef der rechts-liberalen Gescher-Partei. Scharons Koalitionspartner von der Arbeitspartei kritisierten den Beitritt vor allem der beiden rechts-nationalen Parlamentarier. Dennoch soll eine Kündigung der Koalition nicht vor Ende der Operation „Schutzwall“ in den Autonomiegebieten diskutiert werden.SUSANNE KNAUL

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