piwik no script img

Schädlingsplage in SpanienWattebäuschchen, die Oliven ersticken

Der Ölbaumblattfloh quält die Olivenhaine im andalusischen Jaén. Schuld ist mal wieder die Erderhitzung. Eine gute Nachricht gibt es trotzdem.

Ein Olivenbaum mit den Wachsausscheidungen des Ölbaumblattflohs Foto: Nigel Cattlin/OKAPIA

Madrid taz | Wenn Fuensanta Arroyo Fernández ihre Olivenhaine besucht, wird ihr ganz anders zumute. Drei Viertel der rund 2.000 Bäume zeigen an den Spitzen der Ästchen weißes Gewebe, wo eigentlich Blüten oder junge Früchte wachsen sollten. „Es ist ein Parasit. Algodoncillo nennen wir ihn“, sagt die Südspanierin aus dem Bergland der Provinz Jaén.

Mit „Wattebäuschchen“ lässt sich das wohl am besten übersetzten. Euphyllura olivina ist der wissenschaftliche Name. Das kleine Insekt, das auf Deutsch Ölbaumblattfloh genannt wird, saugt die Säfte des Baumes. „An Ernte ist da nicht mehr zu denken“, sagt Arroyo und weiß das aus eigener Erfahrung. Ihre Bäume tragen sonst in der Ebene bis zu 80 Kilogramm Oliven und in der Hanglage auf über 1.000 Höhenmetern, wo die Früchte für das das hochwertigste Öl reifen, 50 Kilogramm. Unter dem Befall bringen sie gerade noch ein Zehntel davon.

Arroyo steht der örtlichen Ölerzeugergenossenschaft mit 950 Mitgliedern vor. „15 Millionen Kilogramm Oliven wurden bei uns in Villanueva del Arzobispo im vergangenen Jahr geerntet“, erklärt sie. Ohne Algodoncillo wären es weit über 20 Millionen gewesen. „Auch wenn das so mancher nicht wahrhaben will: Der Grund für das alles ist der Klimawandel.“ Die Winter würden immer milder, dadurch überlebten Insekten, die sonst gestorben sind. „Wir müssen schnell handeln, damit sich das nicht weiter ausbreitet“, fordert Arroyo. Villanueva ist eine von fünf Gemeinden, die am stärksten befallen sind. Ground Zero nennen sie das hier.

Arroyo eilt dieser Tage von Dringlichkeitssitzung zu Dringlichkeitssitzung. Dort nehmen neben den Vertretern der andalusischen Regierung auch Techniker wie Juan Carlos Hervás teil. „Den Ölbaumblattfloh gab es schon immer. Aber er galt als zweitrangiger Parasit“, sagt der Landwirtschaftsingenieur, Spezialist für Plagen beim regionalen Bauernverband COAG.

Es muss nicht immer Chemie sein

„Er befiel einzelne Bäume hier und da, war aber nie ein flächenartiges Problem.“ Das habe sich in den letzten drei Jahren hier in der Gemarkung Loma Alt, zu der die fünf am stärksten betroffenen Orte gehören, dramatisch geändert. Auch Hervás macht dafür den Klimawandel verantwortlich und prophezeit, dass sich die Plage weiter ausbreiten wird.

„Wir untersuchen derzeit, welche Pflanzenschutzmittel dem Parasiten Herr werden“, berichtet der Agraringenieur. Nichts will so richtig funktionieren. Denn das wattige Nest der Flöhe schützt sie vor dem Gift. „Wir verlangen, dass die Verwaltung weitere Mittel zulässt, um sie zumindest zu testen, natürlich immer im Rahmen der europäischen Vorschriften“, so Hervás.

Dabei müsse es gar nicht immer Chemie sein. „Aber wir müssen endlich Versuche durchführen, die Lage ordentlich studieren“, sagt er und hofft, dass noch diesen Monat neue Mittel zugelassen werden. Natürliche Wirkstoffe sind dabei besonders interessant. Denn so mancher Bauer hat auf Öko umgestellt. Die jetzt notwendige Schädlingsbekämpfung könnte diese Anstrengungen zunichtemachen.

Eine gute Nachricht gibt es für die Olivenbauern. Der Schädling mindert den Ertrag, aber schwächt den Baum nicht nachhaltig. Einmal vom Ölbaumblattfloh befreit, produziert der Baum wieder wie zuvor, zeigen Untersuchungen. Darauf hofft auch Arroyo. Die Frage ist nur, wie schnell. „Ich habe jetzt schon drei Jahre Einbußen hinnehmen müssen. So etwas hält niemand unbegrenzt durch“ sagt sie. „Ich glaube fest daran, dass wir die Plage in den Griff bekommen, doch das wird sicher noch ein, zwei Ernten dauern“: Das ist die Nachricht Arroyos an die Mitglieder der Genossenschaft nach einer der Dringlichkeitssitzungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 /