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Schadstoffe bei Sanofi entwichenPharmakonzern muss Fabrik schließen

Aus einer Sanofi-Fabrik sind potenziell krebserregende Stoffe ausgetreten. Der Pharamakonzern wusste das, reagierte aber zunächst nicht.

Die Schadstoffe kamen aus einem Schlot der Fabrik Foto: dpa

Paris taz | Die französische Regierung hat dem Pharmakonzern Sanofi, einem der größten Unternehmen des Landes mit 35 Milliarden Euro Umsatz, ein Ultimatum gestellt: Falls dessen Fabrik in Mourenx nicht innerhalb von drei Monaten den geltenden Normen entsprechend instand gesetzt ist, muss die dortige Produktion des Antiepileptikums Dépakine eingestellt werden.

Der Fall von Mourenx wirft Fragen nach der Zuverlässigkeit staatlicher Normen und deren Kontrolle auf: Die Behörden mussten erst von den Umweltschützern der Organisation France Nature Environnement (FNE) und vom Online-Magazin Médiapart auf den außerordentlich gravierenden Fall industrieller Luftverschmutzung hingewiesen werden.

Sanofi analysierte regelmäßig den in bestimmten Maßen erlaubten Ausstoß mehrerer flüchtiger Lösungsmittel aus den Kaminen in der Fabrik bei Pau am Fuße der Pyrenäen. Dabei wurde angeblich nichts Außergewöhnliches festgestellt. Ende 2017 aber zeigten interne Messungen laut Médiapart, dass der Anteil der umwelt- und gesundheitsschädlichen Gase pro Kubikmeter bis zu 7.000 Mal über den zugelassenen Mengen lag.

Weitere Messungen ergaben im März 2018 sogar Werte für das potenziell krebserregende Brompropan, die 190.000 Mal über den behördlich fixierten Höchstwerten lagen. Während Sanofi also auf dem Laufenden war, erfuhren die Behörden anscheinend erst durch die Proteste von FNE Anfang Juli davon.

Konzern verharmlost die Affäre

Sanofi hat die Produktion von Dépakine in Mourenx ab sofort gestoppt und versprochen, die Anlage zu modernisieren, damit in Zukunft keine schädlichen Gase mehr in die Umwelt entweichen können. Parallel dazu ist eine interne Untersuchung eingeleitet worden.

Gleichzeitig versucht der Pharmakonzern die Affäre zu verharmlosen: „Gemäß unserer Studie haben die Ministerien bestätigt, dass den Messungen und Analysen zufolge die Überschreitung (der Höchstwerte) keine Gefahr für die Anwohnerschaft darstellte.“ Für die Bürgerinitiative FNE bleibt das noch zu beweisen. Die Umweltschützer haben eine Strafanzeige gegen Sanofi angekündigt: „Die Einstellung der Produktion ist positiv. Das beseitigt aber nicht die Risiken aus der Vergangenheit.“

Sanofi hat kein Glück mit dem Medikament Dépakine. Seit Längerem bekannt ist das Risiko von Fehlgeburten oder Missbildungen wegen der Einnahme der in Dépakine enthaltenen Valproinsäure während der Schwangerschaft: Seit 2004 müssen Frauen im gebärfähigen Alter vor diesen möglichen schweren Nebenwirkungen gewarnt werden. Zur Entschädigung der Betroffenen hat der französische Staat 2017 einen Fonds eingerichtet.

Das Image von Sanofi litt unter dem Dépakine-Skandal. Das Unternehmen gab sich besonders pro-ökologisch, etwa bei der Klimakon­ferenz Cop21. Der Umweltskandal von Mourenx kommt nun besonders ­ungelegen.

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