Sauna am Plötzensee: Hippie-Traum ohne Baugenehmigung
Fast ihr gesamtes Erspartes haben die Betreiber des „Swedding“ in ihre alternative Sauna am Plötzensee investiert. Nun müssen sie schließen.

Und diese soll möglichst erhalten werden. Das gesamte Areal rund um den See ist Landschaftsschutzgebiet, Zugang zum Wasser gibt es nur über das Strandband Plötzensee, das von den städtischen Berliner Bäder-Betrieben an die Firma Nordufer Event verpachtet wurde.
Auch jetzt im Winter ist hier etwas los. Jeden Samstag treffen sich Eisbadende, denen es praktisch nie zu kalt ist, um den Kormoranen hinterherzukraulen. Und in den letzten beiden Jahren wurde in der kalten Jahreszeit, passenderweise im FKK-Bereich des Strandbads, sogar noch viel mehr geboten. Die Sauna Swedding hatte Betrieb und bei deren Besuchern war es sehr beliebt, nach dem Schwitzen in den See zu hüpfen.
Aber in der laufenden Saison gibt es keinen Saunabetrieb. Probleme mit den Ämtern. Ob sich daran in den nächsten Wochen, Monaten oder überhaupt etwas ändern wird, ist fraglich. Schon seit einer Weile gibt es eine Petition, die mittlerweile 2.500 Unterschriften gefunden hat, um die Sauna zu retten. Aber das dürfte bei den Behörden im Bezirk Mitte nur mäßig Eindruck machen.
Vor fünf Jahren reifte die Idee, hier eine Sauna hinzustellen.
Man trifft vor Ort die beiden Betreiber Stefan Schwanhäußer-Klinker und Beniamino Deho. In der Umkleide, einem umgebauten Seecontainer, die sogar über eine selbst eingebaute Fußbodenheizung verfügt, sitzen einem zwei gegenüber, die so wirken, als wären sie immer noch mitten in einem Prozess, um zu verstehen, was eigentlich genau schiefgelaufen ist. Die beiden sind verärgert, über andere, aber auch über sich selbst.
Vor fünf Jahren reifte bei ihnen die Idee, hier eine Sauna hinzustellen. Keinen Wellnesstempel, sondern das Gegenteil davon, passend zur naturbelassenen Umgebung. Es hatte gerade einen Pächterwechsel im Strandbad gegeben und der neue Betreiber war offen für alternative Projekte an diesem besonderen Ort. Die Sauna – zählt man die beiden kleinen mobilen Saunen dazu, ist es sogar eine Saunalandschaft – entstand dann während der Coronazeit. Alles wurde von den beiden und ein paar Freunden selbst zusammengebastelt. Die nötigen Arbeitsgeräte gab es in einer Werkstatt vor Ort, die für sie frei zugänglich war. Man kann sehen, dass hier viel Liebe auch in Details gesteckt wurde. In einer Badewanne neben der Umkleidekabine werden Kräuter gezüchtet und überhaupt sieht es hier mit dem ganzen selbst gebauten Zeug aus wie in einem weltvergessenen Retreat für Hippies.
„Es gab bei uns immer ein Lagerfeuer und Minztee, eine Sauna mit Naturerlebnis“, so Schwanhäußer-Klinker, „und damit das Gegenteil von ChiChi.“ Wichtig sei das „soziale Element“. Swedding sei „keine Sauna, wo man still sein muss. Jeder kann, wenn er mag, einen Aufguss selbst machen. Bei uns wird geredet und getrunken. Finnischer Style eben.“
Es gibt ja den großen Irrglauben in Deutschland und auch in Berlin, sich für echte Vertreter einer traditionellen Saunakultur zu halten. Dabei ist das, was im Allgemeinen in den herkömmlichen Saunen läuft, in denen man still zu sein hat wie in der Oper und wo sich zu jeder vollen Stunde alle zur offiziellen Aufgusszeremonie einfinden, bloß ein typisch deutsches Schwitzen nach Beamtenmanier. In Finnland, und dort verstehen sie bekanntlich wirklich etwas vom Saunieren, wird zur Hitze gelacht, gesoffen und laut geredet. Und eingeheizt wird mit einem echten Holzofen, so natürlich auch bei Swedding, und nicht mit Putins Gas oder Robert Habecks LNG.
Keine Genehmigung der Ämter
In der finnischen Community, so Schwanhäußer-Klinker, habe sich, als es ausgerechnet bereits mitten im Sommer 2021 losging, dann auch recht schnell herumgesprochen, dass es am Plötzensee nun diese alternative Sauna gebe, in der nicht diese deutschen Sitten gelten.
Das Problem bei der ganzen Sache: Alles, was die Betreiber sich hier in Handarbeit zusammengezimmert haben, haben sie sich nie von irgendwelchen Ämtern absegnen lassen. Bauamt, Grünflächenamt, selbst die Denkmalschutzbehörde hätte man eigentlich informieren müssen, schließlich steht das Standbad Plötzensee, das es seit beinahe 150 Jahren gibt, auch noch unter Denkmalschutz.
Fragt man die beiden Saunabetreiber, ob sie es nicht selbst für etwas naiv halten, hier etwas aufgebaut zu haben, ohne sich dafür Genehmigungen besorgt zu haben, mitten in Deutschland, wo im Normalfall selbst der Saunaaufguss genormt ist, herrscht erst einmal Schweigen. Letztlich, geben sie zu, war es das wohl. Aber die ganze Sache sei eben kompliziert. Sie hätten sich die Genehmigungen ja gerne eingeholt, haben aber nur einen Nutzungsvertrag mit dem Pächter, und für die Kommunikation mit den Ämtern sei nur der befugt. Der habe immer wieder versichert, sich darum zu kümmern, das aber nie getan. Und so war das Bauamt Mitte letzten Sommer im Strandbad Plötzensee, deklarierte die Sauna als ungenehmigt und verlangt nun, dass diese zu verschwinden habe.
Wiedereröffnung ungewiss
Florian Heep von der Betreiberfirma des Strandbads Plötzensee sagt, man habe nun endlich ein Architekturbüro damit beauftragt, die notwendigen Genehmigungen nachträglich einzuholen. Dass diese von gleich mehreren Ämtern doch noch im Nachhinein ausgestellt werden, im Naturschutzgebiet, beäugt von den Denkmalschützern, so richtig mag man daran eigentlich nicht glauben.
Zwei Jahre Lebenszeit und sämtliche Ersparnisse würden in ihrer Sauna stecken, so Schwanhäußer-Klinker. In ihrem Traum am Traumort, der nun zu zerplatzen droht. Er und sein Sauna-Partner hoffen inständig, dass die Ämter am Ende erkennen, dass Swedding eigentlich ganz gut zum Strandbad Plötzensee passt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?