Satire-Thriller „The Hunt“: Alles bloß ein Scherz
In Craig Zobels „The Hunt“ machen reiche Liberale Jagd auf Rednecks. Trump hatte vorab gegen die Veröffentlichung des Satirestreifen protestiert.
Kurz vor den Präsidentschaftswahlen haben die Menschen in den USA verstärkt Waffen gekauft. Seither nimmt die Angst zu, es könnte nach dem Abstimmungsergebnis womöglich zu blutigen Auseinandersetzungen kommen. Meldungen von geplanten Angriffen auf Wahlzentren wie in Philadelphia, wo die Polizei einschreiten musste, lassen diese Angst begründet erscheinen.
Wie einen Vorab-Kommentar könnte man jetzt Craig Zobels Thriller „The Hunt“ verstehen. Erzählt dieser doch von einer Gruppe von anscheinend beliebig zusammengewürfelten US-Amerikanern, die sich unversehens in einer ihnen fremden Landschaft wiederfinden, wo Unbekannte das Feuer auf sie eröffnen.
Die Opfer dieser „Jagd“ sind, wie sich bald herausstellt, aber keinesfalls beliebig ausgesucht. Vielmehr erfüllen sie alle das Klischee von unverbesserlichen Rednecks. Sie sind Rassisten, Waffennarren, Verschwörungstheoretiker oder Evangelikale.
Als sie in der Wildnis, in der sie ausgesetzt wurden, eine Kiste voller Schusswaffen finden, ist ihr erster Impuls denn auch, sich einzudecken. Den meisten wird die Inanspruchnahme ihres Rechts auf Waffenbesitz, wie die Geschichten in Genrefilmen halt so gehen, allerdings wenig nützen.
Hilary Swank gegen die „deplorables“
Auf der anderen Seite finden sich als „Jäger“ ein paar befreundete reiche Liberale, angeführt von der weitgehend unsichtbaren Athena (eiskalt entschlossen: Hilary Swank). Jedes Opfer wurde von ihnen seiner Überzeugungen wegen ausgewählt. Sie wollen es diesen „deplorables“, den „Bedauernswerten“, heimzahlen – ein Seitenhieb auf Hillary Clinton, sie hatte im Wahlkampf 2016 die Anhänger Donald Trumps so genannt.
„The Hunt“. Regie: Craig Zobel. Mit Betty Gilpin, Hilary Swank u. a. USA 2020, 87 Min.
Die Liberalen sind ihrerseits als Karikaturen gezeichnet, sie achten demonstrativ auf korrekten Sprachgebrauch, lehnen das Tragen eines Kimonos als kulturelle Aneignung ab, geben sich selbstgefällig überlegen. Zur Identifikation taugen sie ebenso wenig, schon gar nicht als die empathiefreie Killer, die sie sind. Was sich so verstehen lässt, dass der Film keinerlei politische Stellung bezieht, sondern lediglich alle Seiten zynisch vorführt.
Die einzige Figur, die nicht in dieses Schema zu passen scheint, ist Crystal (Betty Gilpin). Die apathische, hagere Frau, Typ White Trash, mit erstaunlichen Nahkampffähigkeiten, ist ehemalige Soldatin. Wie eine solche verhält sie sich auch. Sondiert die Lage, stets auf Feinderkennung bedacht, wittert rechtzeitig Gefahren. Was sich als nützlich erweisen wird.
Betty Gilpin spielt diese Frau auf undurchsichtige Weise zwischen stoisch und traumatisiert schwankend. Womit ihr allemal die stärkste Darbietung im Film gelingt. Zugleich versteht man diese Figur am wenigsten. Sie bleibt Außenseiterin, mit einem eisernen Überlebenswillen ausgestattet.
Frau gegen Frau
Bis zum Schluss, wenn es zum Showdown Frau gegen Frau kommt, bewährt sie sich als Kriegsmaschine. Landet der Film, der als Satire gedacht sein soll, damit am Ende unerwartet bei einer plumpen Survival-of-the-fittest-Lösung mit feministischem Dreh?
In den USA hatte „The Hunt“, der schon 2019 ins Kino hätte kommen sollen, vorab für Kontroversen gesorgt. Nach Berichten, dass Liberale darin Trump-Wähler abknallen, empörten sich Konservative, den US-Präsidenten eingeschlossen. Als es dann zu bewaffneten Anschlägen in den USA kam, entschied sich Universal, den Start zu verschieben.
Jetzt, auf DVD erschienen, wirkt er weniger brisant als auf unheimliche Weise aktuell. Sein drastisches Bild für die Gespaltenheit des Landes kann bestenfalls als abschreckendes Beispiel dienen. Kunstblut fließt hier definitiv mehr als genug.
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