Sanierung der Zinnwerke in Wilhelmsburg: Am Kanal bewegt sich was
Um die Zinnwerke in Hamburg-Wilhelmsburg zu retten, müssen sie saniert werden. Der Bezirk hat bereits Geld zur Verfügung gestellt – aber den Falschen, sagen einige.
Alles ist ziemlich baufällig, Brandschutz und Fluchtwege sind alles andere als ausreichend. Wenn nicht bald etwas passiert und die Hallen saniert werden, könnte demnächst Schluss mit dem regen Kulturbetrieb am Kanal sein. Die Soulkitchenhalle, wo Fatih Akin seinen Film drehte, hat dieses Schicksal schon ereilt – sie wurde 2008 wegen Einsturzgefahr geschlossen.
Aber schon um die Frage, wer das Geld denn bekommt und was am sogenannten „Kulturkanal“ passieren soll, gibt es Streit. Die 60.000 Euro vom Bezirk fließen an die Kreativgesellschaft – ein städtisches Unternehmen, das sich als Anlaufstelle für Hamburgs Kreative versteht und unter anderem Vorträge und Coachings zu Crowdfunding oder anderen Finanzierungsmodellen anbietet.
Die Kreativgesellschaft ist Mieterin der Zinnwerke und soll jetzt ein tragfähiges Konzept für die Hallen erstellen, „das die Möglichkeit öffentlicher Investitionen für den Kulturkanal eröffnet“ – so schreiben es die SPD und die Grünen des Bezirks Mitte.
Klaus Lübke, kulturpolitischer Sprecher, SPD Mitte
Diejenigen aber, die in den Hallen schon seit Jahren ein Kulturprogramm auf die Beine stellen, fühlen sich übergangen. „Wir fordern, an den Planungen beteiligt zu werden und nicht Teil eines Konzepts von außen werden zu müssen“, schreiben sie in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Manifest. Sie beschreiben sich selbst als „unterschiedliche Anreiner am Kanal – Boxer und Pädagogen, Klubbetreiber und Geschäftsführer, industrielle Designer und Metallbauer.“
Und sie fürchten, dass sie raus müssen, wenn die Kreativgesellschaft ohne sie ein Konzept entwickelt. Denn die Bezirksversammlung hat schon durchblicken lassen, dass sie der Stadt keinen Kulturbetrieb aufbürden will, der dauerhaft finanziert werden muss.
„Wir brauchen einen Plan, wie sich der Kulturbetrieb selbst tragen kann“, sagt Klaus Lübke, kulturpolitischer Sprecher der SPD im Bezirk Mitte. Gründungen kreativer Firmen könnten ein Teil davon sein. „Niemand will, dass die Hallen abgerissen werden“, sagt er. Aber hin und wieder fragten schon ortsfremde Investoren an, da müsse man eben ein Konzept haben, um zu verhindern, dass sich andere der Flächen bemächtigten.
Ein Tropfen auf dem heißen Stein
Dass 60.000 Euro ein Tropfen auf den heißen Stein sind, weiß Lübke. Fünf bis elf Millionen Euro bräuchte man, um den Kanal und die Hallen zu sanieren, schätzt er.
Im Maschinengebäude der Zinnwerke sitzt auch die Produktionsfirma Hirn und Wanst, die neben der Produktion von Dokumentarfilmen auch die Mensa der HfbK betreibt und einmal im Monat den populären Flohmarkt in den Zinnwerken organisiert.
Marco Antonio Reyes Loredo hat Hirn und Wanst mitgegründet, das „Kanalmanifest“ mitgeschrieben und ist für viele der Protagonist der Zinnwerke. Die Frage, ob die Nutzer*innen der Industriehallen selbst schon ein Konzept haben, verneint er. „Das fänden wir falsch“, sagt Reyes Loredo. „Es muss gemeinsam mit der Stadt und dem Bezirk passieren, auf Augenhöhe.“
Gewachsene Identität
Wichtig ist ihm, dass die gewachsene Identität und die Gemeinschaft erhalten bleiben. „Wir brauchen Arbeitsplätze, Freiflächen und eine kulturelle Grundversorgung.“ Er ist froh, dass sich jetzt immerhin etwas bewegt.
Ganz schön spät eigentlich. Das Ziel, die Künstler*innen am Veringkanal zu unterstützen, formulierte die Regierung bereits 2013 im Koalititonsvertrag. „Die Koalition unterstützt die Weiterentwicklung des Kulturkanals am Veringkanal mit den dort ansässigen Künstlern und Gewerbetreibenden“, steht da. Und außerdem: „Bürgerinnen und Bürger sind mitzunehmen.“
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