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SYRIEN Die Opposition kritisiert eine groß angelegte Umsiedlungsaktion als „ethnische Säuberung“Die Räumung beginnt

Von Jannis Hagmann

BERLIN taz | Es mangelt an Wasser, Lebensmitteln und medizinischer Hilfe: Seit Jahren sitzen Hunderttausende Menschen in Syrien in belagerten Städten fest. Nun wird die Bevölkerung aus vier Orten umgesiedelt. Dutzende Reisebusse brachten am Freitag mehrere Tausend Menschen in andere Teile des vom Krieg zerrütteten Landes.

Die Aktion ist umstritten. Mit ihr wird eine Einigung zwischen den Kriegsparteien umgesetzt, die Berichten zufolge vom Iran und von Katar vermittelt worden war. Betroffen sind die von Rebellen belagerten Orte Fu’ah und Kafrija im Norden des Landes sowie die von regierungstreuen Truppen belagerten Orte Madaja und Sabadani nahe Damaskus.

Insgesamt rund 30.000 SyrerInnen sollen in den kommenden zwei Monaten aus den umzingelten Orten geholt werden.

Kritiker sehen in der Aktion eine neue Bevölkerungsverteilung nach ethnischen und konfessionellen Kriterien. Fu’ah und Kafrija werden mehrheitlich von Schiiten bewohnt, Madaja und Sabadani von Sunniten. Die Umsiedlung verfestigt die konfessionelle Spaltung des ursprünglich multireligiösen Syrien. Die oppositionelle Freie Syrische Armee sprach in einer Mitteilung von einer „ethnischen Säuberung“, die die Aufspaltung des syrischen Staats vorbereite.

Assad spricht von Lügen

Unterdessen geht das syrische Regime im Giftgas-Streit in die Offensive. Am Donnerstag versuchte es, den USA die Verantwortung für eine Freisetzung von giftigen Stoffen in der ostsyrischen Stadt Deir al-Sor anzulasten, bei der Hunderte Menschen getötet worden sein sollen. Die US-geführte Militärkoalition habe bei einem Angriff ein Giftgasdepot des IS getroffen, berichtete das staatliche Fernsehen.

Die Koalition wies dies zurück. Auch Syriens Verbündeter Russland stützte die Vorwürfe nicht. Es habe keine Informationen über einen solchen Angriff, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.

Zuvor hatte der syrische Präsident Baschar al-Assad sein erstes Interview nach dem mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf den Ort Chan Scheichun gegeben. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP behauptete er, der Giftgas-Angriff sei zu „hundert Prozent konstruiert“. Als Reaktion warf Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault der Assad-Regierung am Freitag Lügen vor. „Das ist zu hundert Prozent grausam und zynisch“, sagte er bei einem Besuch in Peking.

Bei dem mutmaßlichen Einsatz von Giftgas am 4. April starben mehr als 80 Menschen. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hat ein Expertenteam nach Syrien entsandt, das Proben nehmen und Betroffene befragen soll. Dabei muss es sich auf die Frage beschränken, ob Giftstoffe freigesetzt wurden. Die OPCW hat kein Mandat, festzustellen, wer für die Freisetzung von Giftgas verantwortlich ist. Ein solches verhinderte Russland am Donnerstagabend im UN-Sicherheitsrat, indem es gegen eine entsprechende Resolution ein Veto einlegte. Eine unabhängige Untersuchung der Täterschaft wird es damit vorerst nicht geben.

Am Donnerstag bestätigten die USA unterdessen, dass die Militärkoalition gegen den IS versehentlich 18 Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) getötet hat. Eigentlich unterstützt die Allianz diese Rebellentruppe im Kampf gegen den IS.

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