SVP-Politiker über Schweizer Spionage: „Deutschland soll sich entschuldigen“
Roland Büchel, Politiker der nationalkonservativen SVP, behauptet, Deutsche hätten ihren Bürgern in der Schweiz über längere Zeit nachspioniert.
taz: Herr Büchel, vor zwei Wochen haben die deutschen Behörden einen mutmaßlichen Schweizer Agenten festgenommen. Er soll versucht haben, die Finanzbehörden auszuspionieren. Sie verlangen jetzt, dass Deutschland sich entschuldigt. Wofür?
Roland Büchel: Zuerst einmal ist es noch nicht klar, für wen und wofür dieser Schlapphut im Einsatz war. Das Grundproblem ist ein anderes. Deutschland hat von korrupten Bankangestellten jahrelang widerrechtlich Bankdaten gekauft und wohl auch Banken direkt ausspioniert. Daraufhin hat der Schweizer Nachrichtendienst Maßnahmen ergriffen. Wenn schon, soll sich Deutschland bei der Schweiz wegen verbotener Wirtschaftsspionage entschuldigen – und nicht umgekehrt.
Was hätten die Deutschen sonst tun können, um Steuerhinterzieher mit Konten in der Schweiz zu belangen?
Wenn man ein Problem hat und Informationen will, ersucht man um Amts- oder Rechtshilfe. Wenn dieses Gesuch berechtigt ist, wird die Schweiz dem auch Folge leisten. Dass deutsche Behörden sich bemüßigt fühlen, ihren Bürgern auch im Ausland nachzuspionieren, ist deren Problem. Ich habe eine andere Vorstellung vom Verhältnis zwischen Bürger und Staat.
51, Nationalrat der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei und Präsident der außenpolitischen Kommission.
Die deutschen Behörden konnten doch gar nicht von einem Großteil der bis zu 350 Milliarden Franken ihrer Bürger in der Schweiz erfahren. Das Schweizer Bankgeheimnis verhinderte das.
Diese Zahl habe ich noch nie gehört. Ich weiß auch nicht, wie viel davon beim Fiskus deklariert war oder nicht. Selbstverständlich ist es ein Problem, wenn Gelder nicht versteuert werden. Die Schweiz kennt das Bankgeheimnis für ihre eigenen Leute und ist eines der Länder mit der höchsten Steuerehrlichkeit. Ich muss den Deutschen keine Tipps geben, aber würde dem Bürger ein bisschen mehr vertraut, dann vertraute der Bürger auch dem Staat ein bisschen mehr.
Es wird aber immer Steuerhinterziehung geben. Können Sie verstehen, dass Deutschland gestohlene Bankdaten deshalb gekauft hat, weil deutsches Geld in Schweizer Instituten versteckt wurde?
Ich verstehe, dass die deutschen Behörden auf Steuerehrlichkeit pochen. Das ist das Recht eines Staats. Es rechtfertigt jedoch nicht illegale Aktionen.
Hat die Schweiz illegal gehandelt, indem sie Deutschen bei der Steuerhinterziehung geholfen hat?
Wieso die Schweiz? Einzelne Banken oder deren Angestellte, welche bei Steuerbetrug aktiv mithalfen, haben sich strafbar gemacht. Diese Leute haben unserem Land Probleme eingebrockt. Das ist nicht von der Hand zu weisen.
Wusste die Schweizer Regierung von der Spionage in Deutschland?
Gemäß meinen Informationen hat sie im Nachhinein davon erfahren. Nachrichtendienste und einzelne charakterschwache Möchtegern-007 führen manchmal ein Eigenleben. Das ist nicht nur ein Problem für die Schweiz oder für Deutschland. Klar ist: Deutsche haben ihren Bürgern in der Schweiz über längere Zeit nachspioniert. Wer waren die Auftraggeber? Ich weiß es nicht. Zum aktuellen Fall: Was sind das für Typen? Dass der eine oder andere eine zwielichtige Gestalt ist, scheint offensichtlich.
Was müsste getan werden, damit solche Spionagedelikte künftig nicht mehr begangen werden?
Das offenbar unterzeichnete No-Spy-Abkommen ist sicher eine gute Sache. Aber es wäre für die Deutschen noch besser, ein solches mit den Amerikanern hinzukriegen. Die haben die Bundeskanzlerin ausspioniert. Das ist Spionage auf höchster Ebene. Wenn in diesem Fall ein Schweizer etwas Illegales getan hat, muss er bestraft werden. Und zwar von der eidgenössischen Justiz. Eine Staatsaffäre daraus zu machen bringt nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Zoff zwischen SPD und Grünen
Die Ampel? Das waren wir nicht!
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär