SPD-Politiker über Schüsse auf sein Büro: „Ich spüre viel Solidarität“
Das Hallenser Büro des SPD-Politikers Karamba Diaby wurde Mittwochnacht beschossen. Täter unbekannt. Doch Diaby will sich nicht einschüchtern lassen.
taz: Herr Diaby, wann haben Sie von dem Anschlag auf Ihr Bürgerbüro in Halle erfahren?
Karamba Diaby: Mittwochfrüh von meinem Team in Halle. Meine Mitarbeiter haben festgestellt, dass es fünf Einschusslöcher in den Fenstern gibt. Ich bin derzeit in Berlin. Es ist ja Sitzungswoche des Bundestags.
War jemand während der Schüsse in dem Büro?
Nein, das ist offenbar in der Nacht zu Mittwoch passiert.
Gibt es Hinweise auf die Täter?
Nein, die Polizei ermittelt, weiß aber – Stand jetzt, Donnerstagmorgen – noch nichts Näheres.
Vertrauen Sie der Polizei?
Ja, ich habe immer gut mit der Polizei in Halle zusammengearbeitet. Der Hallenser Polizeipräsident hat sich persönlich bei mir gemeldet und mir versichert, dass die Polizei ihre Arbeit macht. Auch der Staatsschutz ist eingeschaltet. Ich verlasse mich auf die staatlichen Institutionen.
Es gab 2015 schon mal einen Angriff auf ihr Büro. Damals wurden Scheiben eingeschlagen. Ist das aufgeklärt worden?
Leider nein. Die Ermittlungen wurden ohne Ergebnis eingestellt. Aber die Polizei hat sich nach meinem Eindruck gekümmert und war mehrmals bei uns.
Auf dem Fenster, auf das geschossen wurde, ist ein Bild von Ihnen. Die Schüsse galten Ihnen, auch wenn niemand im Büro war …
Die Täter, egal welche Motive sie im Einzelnen haben, wollen mich einschüchtern. Sie wollen, dass ich mich aus der Öffentlichkeit zurückziehe. In sozialen Medien und auf meiner Facebook Seite gibt es immer wieder Wortmeldungen, dass ich kein Vertreter des deutschen Volkes sein kann, weil ich nicht hier geboren bin. Das lese ich sehr oft. Das kommt von Leuten, die unsere vielfältige Gesellschaft nicht akzeptieren wollen. Ich werde mich aber nicht zurückziehen. Das wäre genau das, was sie erreichen wollen. Ich lasse mich nicht einschüchtern.
Haben Sie Angst?
geboren 1961 im Senegal. Nach einem Studium an der Universität Dakar, studierte Diaby ab 1986 an der Universität Halle/Wittenberg Chemie und promovierte. Mitglied des SPD-Stadtverbandes Halle und seit 2013 Abgeordneter im Bundestag.
Nein. Ich werde mein Leben nicht ändern und weiter öffentlich für eine vielfältige Gesellschaft kämpfen.
Cem Özdemir hat die Schüsse als Terrorismus bezeichnet. Sehen Sie das auch so?
So weit würde ich derzeit nicht gehen. Wir kennen die Motive der Täter ja nicht genau.
Viele Politiker, von Außenminister Heiko Maas bis zu CDU-Leuten, haben sich zu dem Fall geäußert. Wie empfinden Sie das?
Ich spüre viel Solidarität. Ich bekomme auf Twitter, Facebook und per SMS eine Welle von Unterstützung. Am Mittwoch hat sich im Bundestag spontan eine Gruppe von 30 Abgeordneten um mich versammelt. Wir haben ein Foto gemacht. Das sind alles gute Zeichen. Sie zeigen: Die überwältigende Mehrheit ist für eine offene, vielfältige Gesellschaft. Und wir bleiben die Mehrheit. Wir lassen uns nicht von einer kleinen Minderheit einschüchtern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands