SPD-Kandidat Schulz auf Tour: Martin will sich kümmern

Auf seiner Wahlkampftour kommt der SPD-Kanzlerkandidat auch in Leipzig vorbei. Ein Stimmungsbericht.

Martin Schulz gestikulierend bei einer Rede

Martin Schulz war zu Besuch in Leipzig – ausnahmsweise ohne rote Krawatte Foto: dpa

LEIPZIG taz | Einen roten Schal hat sich Dorothea Klein lose um die Schultern gelegt. „Weil der Schulz, der trägt ja auch immer rote Krawatten“, sagt sie. Der Schulz, der Martin, ist während seiner Tour durch Ostdeutschland zu Gast in Leipzig, um im ersten Stock einer Bäckerei mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu sprechen. Mit Menschen wie Dorothea Klein: Bei der Kirchlichen Erwerbsloseninitiative berät sie Hilfsbedürftige, die ihre Arbeit verloren haben und in existenziellen Nöten stecken.

Als der SPD-Kanzlerkandidat zielstrebig den Tisch in der Mitte des Raums ansteuert und dort von der sächsischen SPD-Abgeordneten Daniela Kolbe empfangen wird, fällt Dorothea Klein auf: „Der trägt ja gar nichts Rotes heute.“ Vieles andere dagegen ist so, wie man es nach seinen vergangenen Auftritten erwarten durfte: Schulz, das obligatorische Gute-Laune- Bär-Grinsen im Gesicht, spricht bedächtig, manchmal gar langsam, und doch eloquent. Er gibt sich volksnah, ohne unehrlich zu wirken, wird bei alldem inhaltlich jedoch nur wenig konkret.

„Eine Nummer kleiner haben Sie es nicht, oder?“ fragt er etwa Brunhild Fischer von „SHIA“, einer Selbsthilfegruppe für Alleinerziehende. Sie hat soeben ihre Klagen über Kinderarmut, die ungerechte Anrechnung ans Arbeitslosengeld II und den nicht barrierefreien Zugang zur Künstlersozialkasse (KSK) beendet. „Nein“, sagt sie bestimmt. Schulz gesteht: „Barrierefreier Zugang zur KSK? Habe ich noch keine Lösung für.“ Ein umfassendes Paket zur besseren Stellung von Kindern und Alleinerziehenden verspricht er dagegen mit Inbrunst und fügt hinzu: „Meine Kollegin Manuela Schwesig ist bereits dabei.“

Erik Wolf vom DGB erzählt Schulz die Geschichte einer Friseurin, die mehr als 46 Jahre gearbeitet hat und doch in der Grundsicherung landen wird. Von einem Tischler, der „geriestert“ und noch vor Beginn der Rente all seine Ersparnisse verloren hat. „Das wird uns intensiv beschäftigen“, lautet die pauschale Antwort des Kanzlerkandidaten – nicht nur an dieser Stelle. Konkreter wird er aber dennoch: Er will eine Erbschaftsteuer für exorbitante Vermögen und nicht etwa, wenn „eine Omma ihrer Tochter das Haus vermacht“. Viel spricht er über Zivilcourage und, dass es Mut bedürfe, sich rechtem Gedankengut zu widersetzen. Noch beim Betreten der Bäckerei hätten den Kanzlerkandidaten „Volksverräter“-Rufe empfangen.

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Dorothea Klein genügt das für heute, doch auf Dauer nicht. Wie viele andere beschäftigt sie am meisten die Ungerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Erst heute, erzählt sie später, habe sie eine Alleinerziehende beraten, die als Altenpflegerin mehrere Schichten pro Tag arbeitet und dennoch aufstocken muss. Schulz müsse beweisen, dass er bereit sei, den Niedriglohnsektor einzudämmen und stark genug, um der Kritik aus der Wirtschaft entgegenzutreten. „Aber auch er gehört ja zum Seeheimer Kreis“, dem wirtschaftsnahen Flügel der Partei, sagt sie mit hochgezogenen Brauen und rückt ihren roten Schal zurecht

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