SPD-Abgeordneter über junge Rekruten: „Die Bundeswehr muss man zwingen“
Immer mehr Rekruten sind noch keine 18 Jahre alt. Fritz Felgentreu über Jugendschutz und den SPD-Vorstoß für einen zivilen Dienst beim Militär.
taz: Herr Felgentreu, seit 2011 hat sich die Zahl der Minderjährigen bei der Bundeswehr verdreifacht. Laut Verteidigungsministerium waren im vergangenen Jahr Dutzende RekrutInnen auch nach ihrer Probezeit noch nicht volljährig. Haben Sie diese Zahlen überrascht?
Fritz Felgentreu: Nein, die Zahlen lagen ja in der Tendenz der vergangenen Jahre. Umso deutlicher zeigt sich, dass dieser Trend dringend gestoppt werden muss.
Im Jahr 2011 gab es noch 689 minderjährige RekrutInnen, 2016 dann schon 1.907 und 2017 2.128. Was, glauben Sie, steckt dahinter?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen gehen seit dem Abitur nach zwölf Jahren mehr 17-Jährige von der Schule. Und weil die Bundeswehr jetzt eine Freiwilligenarmee ist, steht sie im Wettbewerb mit allen anderen ArbeitgeberInnen. Da lehnt sie allein aufgrund des Alters natürlich keine BewerberInnen ab.
Müsste sie das denn Ihrer Meinung nach tun?
Rechtlich mag das Vorgehen der Bundeswehr in Ordnung sein. Minderjährige dürfen die Waffen auch nur während der Ausbildung nutzen, also keine Dienste übernehmen, bei denen sie zum Gebrauch der Waffe gezwungen sein könnten. Nach unserer Auffassung erfüllt das trotzdem nicht die Erwartungen an den Jugendschutz. Auch die Kinderkommission des Bundestags ist zu dem Schluss gekommen, dass das Mindestalter für den Dienst an der Waffe von 17 auf 18 Jahre angehoben werden müsste.
Fritz Felgentreu, 49, ist stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Aber auf ihren Wunschberuf warten junge Menschen nicht gerne bis zum 18. Geburtstag. Und die Bundeswehr wird, wie Sie schon gesagt haben, die BewerberInnen nicht wegschicken.
Das kann ich auch nachvollziehen. Aber deswegen schlagen wir als SPD vor, einen zivilen Vorbereitungsdienst bei der Verwaltung der Bundeswehr zu schaffen.
Einen Zivildienst bei der Bundeswehr? Ein klassisches Kartoffeljahr also?
Gewissermaßen ja. Wir wollen, dass die InteressentInnen im Kontext der Bundeswehr arbeiten dürfen. Sie sollen lernen, was ihnen für die spätere Arbeit nützen wird. Damit meinen wir beispielsweise den Führerschein, einen Sprachkurs in Militär-Englisch, das jeder spätere Nato-Soldat gut gebrauchen kann. Oder auch Sport und politische Bildung, die bei Bedarf spätestens jetzt nachgeholt werden sollte.
Wie soll das konkret aussehen?
Wir schlagen entweder drei, sechs oder neun Monate zivilen Verwaltungsdienst vor. Die Verpflichtung, die man mit 17 eingegangen ist, muss man mit 18 dann noch mal bestätigen. Wer das tut, kann den Dienst in Uniform antreten und die militärische Ausbildung ohne die bisherigen Einschränkungen aufnehmen. Natürlich müssen auch die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, um Missbrauch zu verhindern. Sodass niemand nur schnell den Führerschein mitnimmt.
Kann man die Bundeswehr davon überzeugen?
Die Bundeswehr muss man natürlich politisch dazu zwingen.
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