Russlands Allianzen: Gut geölte Beziehungen
Russland erhält wegen seines Kriegs gegen die Ukraine aus der UN mehr Gegenwind. Isoliert ist das Land dennoch nicht – dank seiner Ressourcen.
Die letzten Wochen haben gezeigt, dass die geopolitische Situation doch sehr viel komplexer ist, als rein deklamatorische Abstimmungen in der UN-Vollversammlung nahelegen. Mitte September nahm Putin als angesehener Staatsmann an dem Gipfeltreffen des asiatischen Staatenbundes SCO, der sogenannten Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, in Samarkand (Usbekistan) teil. Dort geben Russland und China den Ton an, aber neben den zentralasiatischen Staaten sind auch Indien und Pakistan mit dabei – Länder, die der Westen gerne an seiner Seite sehen würde.
Als Gast war auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor Ort und traf sich dort zu einem bilateralen Treffen mit Putin. Am Donnerstag fand erneut ein Treffen von Erdoğan mit Putin statt, dieses Mal in der kasachischen Hauptstadt Astana, am Rande eines Gipfels für Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien. Erdoğan warb bei dem Gespräch erneut für eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg und machte sich außerdem für die Verlängerung des im Juli abgeschlossenen Abkommens für Getreideexporte aus ukrainischen Häfen stark.
Erdoğan ist kein Unterstützer des russischen Überfalls auf die Ukraine, die Türkei hat alle UN-Resolutionen gegen den Angriff und jetzt die Annexion mitgetragen. Aber Erdoğan sperrt sich bei den wirtschaftlichen Sanktionen des Westens gegen Russland. Die Türkei profitiert davon, aber über die Türkei könnten auch andere europäische Länder zukünftig wieder etwas mehr Gas aus Russland beziehen. Putin hat Erdoğan bei dem Treffen in Astana vorgeschlagen, die Türkei durch eine weitere Pipeline durchs Schwarze Meer zu einem Verteilzentrum für russisches Gas zu machen, Gas, das durch die Ostsee und die Ukraine nicht mehr fließt.
Öl für Putin
Erdoğan kompensiert diese Zusammenarbeit diplomatisch immerhin durch seine Vermittlungsbemühungen, die – wie bei den Getreidelieferungen und dem Gefangenenaustausch – auch der Ukraine zugutekommen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hingegen, Schwergewichte in der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und jahrzehntelange strategische Partner der USA und Europas, haben den Westen erst vor wenigen Tagen schwer brüskiert.
Beim letzten Opec-plus-Treffen vor einer Woche, also mit Russland, setzten Saudi-Arabien und Russland gemeinsam durch, dass die Ölfördermenge gedrosselt wird, um die Preise hochzuhalten. Anschließend reiste der Chef der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Muhammad bin Sajid, auch noch persönlich nach Moskau, um herzlich mit Putin die neue strategische Allianz der arabischen Ölförderländer mit Russland zu feiern.
Das stärkt Putin enorm und sichert ihm auch weiterhin hohe Öleinnahmen für seine Kriegskasse, ist aber vor allem ein Affront gegen den US-Präsidenten Joe Biden. Der Opec-Russland-Beschluss führt wie beabsichtigt wieder zu höheren Ölpreisen und macht damit auch das Benzin an den US-Tankstellen teurer. Kurz vor den US-Zwischenwahlen im November ist das ein schwerer Schlag für Biden, der zuvor extra zu Saudi-Arabiens starkem Mann Mohammed bin Salman gereist war, obwohl er den wegen des Mordes an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi eigentlich boykottieren wollte.
Hat alles nichts genutzt, die Scheichs vom Golf haben sich für die russische Seite entschieden, weil sie glauben, dass die Absatzmärkte für ihr Erdöl eben zukünftig vor allem im Osten liegen werden. So isoliert, wie viele im Westen gerne glauben, ist Putins Russland also ganz und gar nicht.
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