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Russland und der Krieg in SyrienBodentruppen nicht ausgeschlossen

Sollte die syrische Regierung Hilfe anfordern, würde Russland das zumindest prüfen, so ein Sprecher Putins. Und die USA diskutieren einen Strategiewechsel.

Seit an Seit: Assad und Putin. Foto: ap

Moskau ap/afp | Falls Syrien Truppenunterstützung anfordern sollte, würde Russland eine Entsendung eigener Soldaten in das Bürgerkriegsland in Betracht ziehen. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin sagte am Freitag, eine solche Anfrage würde diskutiert und geprüft. Allerdings sei eine solche Frage zu diesem Zeitpunkt rein hypothetisch, betonte er.

Der syrische Außenminister Walid al-Moallem sagte, derzeit werde keine Unterstützung benötigt. „Bis jetzt ist die syrische Armee leistungsfähig“, sagte er. Benötigt würden mehr Munition und hochwertige Waffen. Russland habe die Geschwindigkeit der Lieferungen erhöht. Zuvor hatte al-Moallem Berichte zurückgewiesen, nach denen russische Kampfeinheiten in Syrien kämpfen sollen. Er sagte jedoch, Syrien werde nicht zögern, Russland um Hilfe zu fragen, falls diese nötig sei.

Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete Assads und verstärkte in den vergangenen Tagen seine Militärpräsenz in dessen Heimatprovinz Latakia deutlich. Nach US-Angaben errichtet die russische Armee derzeit in Latakia einen Luftwaffenstützpunkt aus vorgefertigten Teilen und einem mobilen Kontrollturm. Zudem seien Panzer, Artillerie und dutzende Soldaten nach Syrien verlegt worden. US-Außenminister John Kerry warnte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow kürzlich, die Militärhilfe für Assad drohe den Konflikt noch zu verschärfen.

Auch das Auswärtige Amt in Berlin äußerte sich am Freitag kritisch zu dem russischen Engagement. „Wir haben die Sorge, dass das unabgestimmte militärische Vorgehen Russlands eher gegenwärtig den Prozess bei der Frage des Einstiegs in einen politischen Prozess in Syrien erschwert“, sagte Außenamtssprecherin Sawsan Chebli. Ein Ausweg aus der Syrien-Krise sei ohne Russland kaum möglich. Moskau sei einer „der zentralen Akteure“ und werde daher in alle gegenwärtig laufenden Gespräche zur Beendigung des Konflikts eingebunden.

In Truppen eingliedern

Die USA erwägen unterdessen wegen ausbleibender Erfolge bei der Ausbildung moderater syrischer Rebellen für den Kampf gegen die IS-Terrormiliz offenbar einen radikalen Strategiewechsel. Statt die vom amerikanischen Militär trainierten Aufständischen in kleinen Einheiten in die direkte Konfrontation mit den Extremisten zu schicken, sollen sie in bereits bestehende kurdische und arabische Truppen eingegliedert werden, sagten US-Regierungsvertreter. Eine endgültige Entscheidung über das Vorgehen sei jedoch noch nicht getroffen.

Demnach sollen die moderaten Rebellen mit US-Kommunikationsausrüstung ausgestattet und in der Gewinnung von Geheimdienstinformationen ausgebildet werden. In Abstimmung mit außerhalb Syriens stationierten US-Truppen sollen sie zudem mögliche Ziele der Terrormiliz Islamischer Staat für Luftangriffe ausfindig machen.

Der mögliche Kurswechsel kommt einem Eingeständnis gleich, dass die bisherige Herangehensweise der US-Regierung nicht funktioniert. Erst am Mittwoch hatte der Kommandeur des US-Zentralkommandos, Lloyd Austin, dem Kongress zum Stand der Ausbildung moderater syrischer Rebellen Rede und Antwort gestanden. Das 500 Millionen Dollar teure Programm zur Schulung von 5000 gemäßigten Aufständischen pro Jahr habe „vier oder fünf“ neu ausgebildete Kämpfer erbracht, nachdem rund 50 weitere gefangen genommen oder verwundet wurden oder bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit Extremisten die Flucht ergriffen hätten.

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17 Kommentare

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  • Teil 2

     

    Allerdings haben Sie mit Ihren Behauptungen von einer Appeasement-Politik gegenüber Assad recht ungeschickt von der Hauptfrage abgelenkt. Wer soll ein Gebilde wie den IS, das in immer mehr Staaten „Tochterprovinzen“ gründet, nicht nur bremsen, sondern auch zerschlagen? Die Versuche des Westens, eine Söldnertruppe dafür aufzustellen, sind kläglich gescheitert. Es hat sich kaum jemand gefunden, der als Strohpuppe westlicher Politik zwischen alle Feuer geraten will. Und das, obwohl in den Flüchtlingslagern Zehntausende potentielle Rekruten sitzen. Und es liegt bestimmt nicht daran, dass Rekruten angeblich nicht gegen Assad kämpfen dürfen (wo haben Sie diesen Unsinn her?), sondern im Gegenteil daran, dass sie ihren Hintern für einen Doppelstrategie gegen IS und Assad hinhalten sollen, die nicht funktionieren kann.

     

    Und ich bin nicht für Appeasement. Ich bin für eine entschlossene Strategie gegen die gefährlichsten Gegner IS und Nusra. Für diese braucht es eine Unterstützung der Kräfte, die am Boden wirklich kämpfen. Das sind die Kurden, die irakischen Schiiten und (leider) Assad.

  • Assad oder IS. Was ist besser?

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Gehen Sie doch einfach mal in ein Flüchtlingsheim Ihres Vertrauens und fragen nach.

    • 6G
      6120 (Profil gelöscht)
      @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      "Assad oder IS. Was ist besser?"

       

      Das ist genau die falsche Frage, die die Syrer wahnsinnig werden lässt. Es muss heißen: Weder Assad noch IS! Und zwar nicht als Frage sondern als Auftrag. Von mir aus an die USA UND an Russland.

      • @6120 (Profil gelöscht):

        USA und Russland hätte zumindest den Charm das wir nicht wieder dieses langweilige "USA sind so böse"-Diskussion haben.

         

        Ich sehe allerdings auch darin keine Lösung. Alles was der Westen da unten bisher gemacht hat ist irgendwie als Bumerang zurückgekommen.

        Egal ob es nun die "Rebellen" ausrüsten, die dann mit den eigenen Waffen zurückschlagen - "Diktatoren" supporten, bis die ihr eigenes Volk abschlachten - "Demokraten" helfen, bis dann bei demokratische Wahlen die nächsten Radikalen gewinnen oder "zivile Projekte" macht, bis irgendeiner mit ner Knarre das alles zusammenballert herausgekommen ist nichts.

        Und die einzig wirklich stabilen Staaten da unten sind soweit moralisch vor uns weg, dass wir eigentlich nicht mit denen zu tun haben sollten.

        Und obs nun das ach so gute friedenssichernde Russland oder die böse imperialistischen USA oder beider zusammen sind - unterhalb einer militärischen Operation in einer Größenordnung Europa 1944 glaube ich nicht wirklich, dass sich was ändert - natürlich nur wenn danach eine vergleichbare "Besatzung" erfolgt.

        Was bedeutet, dass so wunderbar symphatische Staaten wie der Iran oder Saudi Arabien danach ein gutes Stück von Kuchen bekommen müssen.

  • 6G
    6120 (Profil gelöscht)

    Die Tatsache, dass es den USA nicht gelingt, moderate Kämpfer in größerer Zahl zu gewinnen, hängt essentiell damit zusammen, dass als Voraussetzung diese Kämpfer nicht gegen Assad kämpfen dürfen. (Ich selbst geißele die USA seit Jahren wegen ihrer faktischen Appeasement-Politik gegenüber dem Terror des Assad-Regimes - die 50-Mann-Truppe ist nur der krasseste Ausdruck dieses Versagens.)

    Insofern wundere ich mich schon ein wenig über den momentanen Spott des altlinken Hartgummis - so Mancher scheint wirklich noch nicht einmal zu merken, wenn er sich gerade selbst auslacht: Der schreckliche Imperialist USA mit 5 - 50 Kämpfern - es ist immer wieder amüsant zu erleben, in welchen Parallel-Universen sich der altlinke Hartgummi aufhält...wenn es nicht so traurig wäre...

     

    Russland und die USA müssen BEIDE lernen, dass es keinen Frieden in Syrien unter Einschluss des Assad-Regimes gibt...und dass man dafür aktiv militärisch etwas tun muss.

     

    It's as easy as that.

    • @6120 (Profil gelöscht):

      "(Ich selbst geißele(! :-))) ) die USA seit Jahren wegen ihrer faktischen Appeasemen...."

       

      Haben Sie schon mal daran gedacht , sich noch bei den Rep-Präsidentschaftskandidaten einzureihen ? Bei der Zahl us-amerikanischer "Parallel-Universen" käme es doch auf eines mehr oder weniger nicht an . Und kann es sein , dass Sie den eifrigen Drohnen-Krieger Obama beim "altlinken Hartgummi" verorten ?

  • Zwischen Russland und Syrien besteht aus der Zeit nach dem Yom-Kippur-Krieg ein Beistandsabkommen, das seit 2012 weidlich genutzt wird.

  • „Statt die vom amerikanischen Militär trainierten Aufständischen in kleinen Einheiten in die direkte Konfrontation mit den Extremisten zu schicken, sollen sie in bereits bestehende kurdische und arabische Truppen eingegliedert werden, sagten US-Regierungsvertreter.“

     

    „Demnach sollen die moderaten Rebellen mit US-Kommunikationsausrüstung ausgestattet und in der Gewinnung von Geheimdienstinformationen ausgebildet werden.“

     

    Ist das jetzt Ernst oder bitter böse Satire? Man will also die 5 (in Worten Fünf!) verfügbaren Kämpfer aufteilen. Das wird die Kampfhandlungen bestimmt entscheidend beeinflussen. Und die Fünf sollen Geheimdienstinformationen für Amerikaner sammeln (spitzeln). Besonders die Kurden werden begeistert sein. Dann bekommt das NATO Land Türkei vom NATO Land USA bessere Zieldaten für Angriffe auf kurdische Stellungen. Hält man in Washington eigentlich den Rest der Welt für bescheuert?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Auch wenn es nicht Sinn einer Debatte sein sollte, sich die eigene Meinung bestätigen zu lassen, lese ich Ihre Beiträge immer wieder gerne ;)

  • "Das 500 Millionen Dollar teure Programm zur Schulung von 5000 gemäßigten Aufständischen pro Jahr habe „vier oder fünf“ neu ausgebildete Kämpfer erbracht, nachdem rund 50 weitere gefangen genommen oder verwundet wurden oder bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit Extremisten die Flucht ergriffen hätten."

     

    So, und jetzt raten wir alle mal, was passieren würde, wenn der Westen den guten Ratschlägen der taz-Stahlhelmfraktion folgen würde und Assads Truppen ausschaltet.

    • 6G
      6120 (Profil gelöscht)
      @jhwh:

      "...So, und jetzt raten wir alle mal, was passieren würde, wenn der Westen den guten Ratschlägen der taz-Stahlhelmfraktion folgen würde und Assads Truppen ausschaltet."

       

      Wenn der Westen den guten Ratschlägen der taz-Stahlhelmfraktion folgte, würde er mehr als nur 50 Mann militärisch ausbilden, und hätte darüber überhaupt das REALE Ziel, das Assad-Regime zu neutralisieren (z.B. schon allein mit Flugverbotszonen).

      Aber der Westen (insbesondere auch inkl. den USA!) folgt bekanntlich lieber den Handlungsanweisungen des altlinken Hartgummis und macht, außer hohler Propaganda, faktisch NICHTS gegen das Assad-Regime.

      • @6120 (Profil gelöscht):

        Der Westen wollte 5000 Mann (viel zu wenig) ausbilden. Nachdem er 500.000.000 $ ausgegeben hatte, gab es etwas über 50 Kämpfer. Von denen sind nach kurzem Einsatz noch 5 übrig. Glauben Sie wirklich, dass der Westen in der Lage ist, am Boden eine Streitmacht zu schaffen, die auch wirklich auf seiner Ideologischen Linie ist? Die harte Wahrheit ist. Wenn Assad fällt, übernehmen IS und Nusra die von ihm gehaltenen Gebiete. Was der Bevölkerung dort dann blüht, kann sich wohl jeder ausmalen. Und der Westen hat nicht einmal ansatzweise Kräfte, die die Menschen schützen könnten.

         

        Aber träumen Sie ihre Träume ruhig weiter. Für die Menschen in den betroffenen Gebieten sind sie mörderisch.

        • 6G
          6120 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          "...Die harte Wahrheit ist. Wenn Assad fällt, übernehmen IS und Nusra die von ihm gehaltenen Gebiete."

           

          Tatsächlich agieren Assad einerseits und IS bzw. Al Nusra andererseits wie Brüder im (Un)-Geiste. Assad ist hauptverantwortlich für die syrische Hölle - und Sie, in objektiv schöner Eintracht mit dem von Ihnen so "geliebten" Westen, tun immer noch so, als wäre der IS oder Al Nusra das Hauptproblem.

          In diesem Dienste ist wohl auch der Mangel an Imaginationskraft zu sehen, der bei Etlichen dazu führt, außer Assad weit und breit nur IS und Al Nusra am Horizont in Syrien zu sehen. Es ist die Verbindung aus Assad-Terror und Appeasement-Politik des Westens (die Sie ebenfalls vertreten), die in Syrien sich mörderisch für die Menschen auswirkt. Allenfalls garniert mit dem Terror des IS.

          • @6120 (Profil gelöscht):

            „Appeasement-Politik des Westens“

             

            Ich weiß nicht, wo Sie waren, als am Anfang des Konfliktes mit viel westlichen Geld ein „Syrischer Nationalrat“ (in letzter Zeit mal was von dem gehört?) installiert wurde. Und als im selben Zug mit dem Segen des Westens die demokratischen Musterstaaten Saudi Arabien und Katar begannen, Kämpfer gegen Assad zu bewaffnen. Diese Arbeitsteilung war bestimmt keine Appeasement-Politik gegenüber Assad. Es war auch keine Appeasement-Politik als die offene Rekrutierung von Kämpfern besonders in den Nachbarstaaten Syriens, aber auch hier bei uns, geduldet und sogar gefördert wurde. Dabei konnten sich auch IS (damals noch ISIS) und Nusra darauf verlassen, dass alle zumindest wegschauen. Erst die Eroberung von Mossul durch den IS brachte hier eine gewisse Kurskorrektur. Diese Informationen stammen nicht etwa von bösen „Linksintellektuellen“ oder gar von Assad. Sie wurden damals ganz stolz in den offiziellen deutschen Medien verbreitet.