Russischer Regisseur zur ISS gestartet: Zum Filmdreh ins All

Der russische Regisseur Klim Schipenko ist am Dienstag zur Raumstation ISS gestartet. Er will im Weltall einen Spielfilm drehen – als erster Mensch überhaupt.

Drei Menschen in Raumfahrtanzügen.

Schauspielerin Peressild, Regisseur Schipenko und Kosmonaut Schkaplerow vor dem Start zur ISS Foto: Roscosmos Space Agency/ap

MOSKAU taz | „Wir sind die Ersten“, heißt es seit Monaten auf zahlreichen Plakaten quer durch Russland. Die Ersten im Weltall, die Ersten auf Siegertreppchen etlicher internationaler Wettbewerbe, die Ersten mit dem Losschicken eines Atomeisbrechers in die vereisten Gewässer. Wettkämpfe samt Siegesgedanken sind in vielen Bereichen im Land die treibende Kraft jeglicher Aktivität. Nun ist an diesem Dienstag ein russisches Filmteam ins Weltall gestartet. Es will einen Spielfilm auf der Internationalen Raumstation ISS drehen. Natürlich erstmals in der Geschichte der Raumfahrt. Und schneller als ein US-amerikanisches Team, das einen solchen Wunsch ebenfalls geäußert hatte.

Klim Schipenko ist also auch so ein Erster. Erster Regisseur der Welt, der nicht in irgendwelchen Studiokulissen auf der Erde einen Film übers Weltall dreht, sondern sich der Schwerelosigkeit, den Kopfschmerzen, der Enge einer Raumkapsel aussetzt, um eine Art Pionier zu sein. Der russische Kosmonaut Anton Schkaprelow reist mit ihm und der Schauspielerin Julia Peressild mit dem Raumschiff Sojus MS-19 zur ISS. Am Dienstag sind sie vom Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe von Kasachstan in Zentralasien gestartet.

Auf der Erde war Schipenko das Pionier-Dasein nicht gegönnt. Noch bevor sich der 1983 Geborene das rote sowjetische Halstuch hätte umbinden können, war die Sowjetunion zusammengebrochen. Als Sohn eines Theaterautors und einer Fernsehmacherin habe er bereits als Jugendlicher gewusst, dass er Filme drehen wolle, erzählte Schipenko einem russischen Unterhaltungsmagazin.

Seine Kindheit verbrachte er hinter Theaterbühnen und in Fernsehstudios. Sein Vater Alexei war Anfang der 1990er Jahre nach Deutschland gezogen, den Sohn zog es nach Amerika. Als 16-Jähiger kam er mit einem Schulaustauschprogramm nach Kalifornien. In Los Angeles studierte er später Filmproduktion und kehrte 2004 nach Russland zurück. Mit seinem eigenen Geld drehte er Kurzfilme, schrieb etliche Drehbücher. „Es war eine schwere Zeit, niemand in Russland hatte auf mich gewartet“, sagte er einst russischen Medien.

Erfolg mit einem Film über einen Oligarchensohn

Einen Namen machte sich der 38-Jährige vor allem 2019 mit seiner Komödie „Cholop“ („Der Knecht“). Der Film über einen reichen, verwöhnten, ungehobelten Oligarchensohn, der nichts besseres zu tun weiß, als sich nächtelang in Clubs herumzutreiben, Frauen anzumachen und schließlich als Geknechteter im 19. Jahrhundert landet, ist einer der erfolgreichsten russischen Filme in Russland der vergangenen Jahre.

Über den Weltall-Film, den Schipenko jetzt an Bord er Raumstation drehen will, ist relativ wenig bekannt. „Wysow“ lautet der Arbeitstitel, Herausforderung. Der Streifen soll von einer Ärztin (Julia Peressild) erzählen, die zur ISS fliegt, um einen erkrankten Kosmonauten – die Rus­s*in­nen sagen nicht Astronaut – zu retten. Zwölf Tage lang wollen Schipenko und Peressild oben sein.

Unten auf der Erde widmet ihnen das Staatsfernsehen derweil ganze Sendungen. Es lädt Kosmonauten und Kosmonautinnen ein, bespricht mit ihnen die Schwierigkeiten der Schwerelosigkeit für relativ Ungeübte, listet auf, was es an der ISS zu essen geben wird und wie fünf Leute sich die lediglich drei Schlafplätze zu teilen gedenken. Nach knapp drei Stunden Flug meldet die Flugleitzentrale in Baikonur in der Steppe von Kasachstan schließlich: „Das Andocken erfolgt manuell.“

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