Russia Today in Großbritannien: RT soll Strafe zahlen

Die britische Medienaufsicht fordert 200.000 Pfund vom kreml­nahen TV-Sender RT. Dessen Berichte über Syrien verletzten die Rundfunkregeln.

Der Übertrangswagen des russischen Fernsehsenders RT steht auf dem Roten Platz in Moskau

Großbritannien verhängt Geldstrafe gegen russischen Sender Foto: reuters

Die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat eine Geldstrafe in Höhe von 200.000 Pfund gegen RT verhängt. Der vom Kreml finanzierte Fernsehsender, der früher „Russia Today“ hieß, habe gegen die Objektivitätsregeln verstoßen, steht in der Begründung.

Ofcom hatte zehn Sendungen zwischen März und Mai vorigen Jahres unter die Lupe genommen. Sieben davon, stellt die Behörde fest, hätten gegen den Grundsatz der Objektivität verstoßen. Ofcom hatte bereits im Dezember die prorussische Berichterstattung über den Krieg in Syrien bemängelt, aber vor allem die Berichte im Fall Skripal. So hat unter anderem der frühere Unterhausabgeordnete George Galloway in seiner Talkshow jegliche Verbindung zwischen dem Giftanschlag von Salisbury und Russland bezweifelt.

Im März vergangenen Jahres sind der russische Exagent Sergei Skripal und seine Tochter Julia im englischen Salisbury mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden. Beide überlebten den Anschlag, aber weggeworfene Reste der verwendeten Substanz wurden später in Salisbury von einem Pärchen gefunden, das den Flakon für Parfüm hielt. Die Frau starb, der Mann erblindete.

Eine britische Untersuchung ergab, dass zwei als Ruslan Boschirow und Alexander Petrow eingereiste Russen am 3. und 4. März Salisbury besucht und am zweiten Tag den Türgriff von Skripals Haus mit Nervengift beschmiert haben. Das sei durch Videoüberwachung nachgewiesen worden. Bei Boschirow soll es sich in Wirklichkeit um Anatoli Tschepiga handeln, einen Oberst des russischen Militärnachrichtendienstes und ehemaligen Angehörigen der russischen Spezialkräfte mit Einsätzen in Tschetschenien und der Ukraine.

Schwerwiegende Regelverstöße

Die beiden Russen räumten in einem Interview mit Russia Today ein, an den fraglichen Tagen Salisbury besucht zu haben – aber nur als Handelsreisende im Urlaub. Dabei seien sie auch in Skripals Straße gelandet, in die sich normalerweise keine Touristen verirren. „Kniehoher“ Schnee habe sie am ersten Tag zur Rückfahrt nach London gezwungen. Am nächsten Tag seien sie zurückgekehrt. Tatsächlich war damals aber nur wenig Schnee in Salisbury gefallen.

Die RT-Berichte hätten „schwerwiegend und wiederholt gegen unsere Regeln verstoßen“, erklärt Ofcom. „Wir sind besonders besorgt wegen der Häufigkeit der Regelbrüche in einem relativ kurzem Zeitraum.“ Demnach habe RT siebenmal binnen sechs Wochen gegen die Rundfunkregeln verstoßen.

Neben der Geldstrafe muss RT außerdem eine Zusammenfassung der Ofcom-Untersuchung senden. Zeitpunkt und Form werden von Ofcom festgelegt. RT behält aber seine Lizenz und darf in Großbritannien weiter operieren. Das Urteil sei fair, weil es seitdem keine weiteren Verstöße seitens RT gegeben habe, sagte ein Ofcom-Sprecher.

Die russische Regierung mischt sich ein

RT findet das Urteil überhaupt nicht fair. Zum einen erwarteten die Zuschauer prorussische Standpunkte, wenn sie RT einschalteten, zum anderen sei die Höhe der Strafe unverhältnismäßig, hieß es in einer Stellungnahme. „In Fällen von Hassreden und Anstachelung zur Gewalt hat Ofcom weit geringere Strafen verhängt.“ RT hat deshalb Berufung eingelegt. Das endgültige Urteil wird erst zum Jahresende vorliegen.

RT hat in Großbritannien keine große Verbreitung. Lediglich 332.000 Zuschauer schalten den Sender pro Woche ein, obwohl er fast überall kostenlos zu empfangen ist. Selbst der Bezahlsender Horror Channel hat mehr Zuschauer.

Anfang des Monats hatte das Londoner Außenministerium RT sowie die russische Nachrichtenagentur Sputnik von einer Konferenz über Pressefreiheit ausgeschlossen – „wegen ihrer aktiven Rolle bei der Verbreitung von Desinformationen“. An der Konferenz nahmen mehr als 1.000 Journalisten teil. Dmitri Peskow, der Pressesprecher des Kreml, machte sich über den Ausschluss der russischen Medien lustig: Eine Konferenz über Pressefreiheit sei absurd, wenn Journalisten die Teilnahme verboten werde.

Die russische Regierung hat sich inzwischen revanchiert. Sie hat eine Untersuchung gegen das russische Programm der BBC wegen „voreingenommener und unfairer Berichterstattung über Ereignisse in Russland und Syrien“ eingeleitet, sagte Peskow. BBC Russian hatte unter anderem die Identität der mutmaßlichen Salisbury-Attentäter veröffentlicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.