Rüstungsexportstopp für Gaza-Krieg: Merz streut Sand ins Panzergetriebe
Schwarz-Rot ringt sich zu einem teilweisen Exportstopp nach Israel durch. Es gilt auch für Ersatzteile. Die konkreten Auswirkungen sind aber unklar.
Merz betonte zugleich das Recht Israels, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen. „Die Freilassung der Geiseln und zielstrebige Verhandlungen über einen Waffenstillstand haben für uns oberste Priorität“, sagte der Kanzler. Die Entwaffnung der Hamas sei unerlässlich. Die Islamistenorganisation dürfe in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.
Die Bundesregierung bleibe zutiefst besorgt über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung, hieß es in der Erklärung weiter. Mit der geplanten Offensive trage die israelische Regierung jedoch noch stärker als bisher Verantwortung für deren Versorgung. Sie müsse einen umfassenden Zugang für Hilfslieferungen ermöglichen. Zudem forderte Merz die israelische Regierung dringend auf, keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlands zu unternehmen.
Der Koalitionspartner SPD unterstützte die Entscheidung. „Die Bundesregierung wird unter den aktuellen Umständen keine Lieferungen von Waffen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können, genehmigen. Das ist eine richtige Entscheidung“, sagte SPD-Chef und Vize-Kanzler Lars Klingbeil. Dem Staat Israel gelte die volle Solidarität, aber Falsches müsse benannt werden.
Das humanitäre Leid in Gaza sei unerträglich, erklärte Klingbeil weiter. Es dürften zudem keine weiteren Fakten geschaffen werden, die einer Zwei-Staaten-Lösung entgegenstünden. „Klar ist auch: Die Freilassung aller Geiseln und eine Waffenruhe sind von größter Dringlichkeit.“
Regierung bisher schweigsam
Offen ist, wie umfangreich die Auswirkungen der Entscheidung in der Praxis sind. Wie viele und welche deutschen Rüstungsgüter Israel in den vergangenen Wochen für den Einsatz in Gaza erhalten hatte, ist unklar. Konkrete Antworten gab die Bundesregierung auf entsprechende Nachfragen bisher nicht.
Laut Berechnungen der Zeit auf Grundlage offizieller Regierungszahlen wurden im laufenden Jahr Rüstungsexporte an Israel im Gesamtwert von knapp 90 Millionen Euro genehmigt. Über die Art der entsprechenden Güter machte die Regierung aber nur vage Angaben, ihr genauer Verwendungszweck blieb unklar.
Bemerkenswert ist allerdings, dass sich die Entscheidung vom Freitag laut Merz allgemein auf Rüstungsgüter bezieht, nicht nur auf Kriegswaffen. Unter anderem fallen unter die juristische Kategorie eines Rüstungsgutes auch bestimmte Getriebeteile israelischer Merkava-Panzer. Diese Panzer kommen nachweislich in Gaza zum Einsatz und die Ersatzteile für das Getriebe sind laut Expert*innen exklusiv aus Deutschland erhältlich.
Merz war 2024 gegen Beschränkungen
Die Exporte solcher und anderer Rüstungsgüter hatte 2024 schon die Ampel-Regierung für längere Zeit blockiert. Laut Medienberichten hatten die Grünen darauf bestanden, dass die israelische Regierung schriftlich zusichert, aus Deutschland gelieferte Güter nur völkerrechtskonform einzusetzen.
Als Oppositionsführer hatte Merz die Ampel noch im Oktober 2024 hart für diesen Schritt kritisiert. „Seit Wochen und Monaten verweigert die Bundesregierung die Erteilung der Exportgenehmigung für zum Beispiel Munition und sogar für die Lieferung von Ersatzteilen für Panzer nach Israel“, sagte er damals im Bundestag. Er sprach von „Rissen in der Solidarität“ mit Israel, da die Bundesregierung dem Land Hilfe vorenthalte.
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