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Rückzug aus der AfDMeuthen verlässt die Partei

Der langjährige Parteivorsitzende Jörg Meuthen ist aus der AfD ausgetreten. Wegen einer Parteispendenaffäre war er zuletzt unter Druck geraten.

Verlässt die AfD: Jörg Meuthen Foto: dpa

Berlin rtr/afp | AfD-Chef Jörg Meuthen ist aus der Partei ausgetreten und legt mit sofortiger Wirkung sein Amt als Vorsitzender nieder. Dies bestätigte der 60-Jährige am Freitag WDR, NDR und dem ARD-Hauptstadtstudio.

In dem Interview sprach er nach ARD-Angaben selbst von einer Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel der Partei um die Ausrichtung der AfD. „Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts“, zitierten die Sender Meuthen zur Begründung. Teile der AfD stünden „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Er sehe da „ganz klar totalitäre Anklänge“.

Als Parteichef mit seinem Einsatz für einen anderen Weg sei er gescheitert. Gerade in der Coronapolitik habe die AfD etwas Sektenartiges entwickelt. Meuthen war seit Juli 2015 einer von zwei Bundessprechern der rechtspopulistischen Partei. Wegen einer Parteispendenaffäre war Meuthen zuletzt unter Druck geraten.

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat deswegen für die Aufhebung seiner Immunität gestimmt. Meuthen ist seit Ende 2017 EU-Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Identität und Demokratie. Der ARD sagte er, er wolle sein Mandat als Europa-Abgeordneter behalten und auch künftig politisch tätig sein.

Nicht der erste, der im Streit geht

Bereits im Herbst hatte Meuthen angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz in der AfD zu kandidieren. Dies war bereits als Eingeständnis der Niederlage im Machtkampf gegen den extrem rechten Parteiflügel und gegen seine Widersacher im Parteivorstand gewertet worden.

So gilt Meuthens Verhältnis etwa zu seinem Ko-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Parteivize Alice Weidel als zerrüttet. In dem ARD-Interview nannte Meuthen mehrere seiner Widersacher namentlich: „Chrupalla, Weidel, Gauland, Höcke, Brandner nicht zu vergessen – die werden sich richtig freuen, dass der Meuthen nun endlich weg ist“, sagte er – und fügte hinzu: „Haben sie lange dran gearbeitet.“

Meuthen ist nicht der erste AfD-Chef, der die Partei im Streit verlässt. Auch die früheren Vorsitzenden Bernd Lucke und Frauke Petry haben sich von der AfD abgewandt. Meuthen war 2013 in die AfD eingetreten und im Sommer 2015 nach Luckes Abgang Bundessprecher geworden. Zunächst führte er die AfD an der Seite von Petry, dann mit Alexander Gauland und zuletzt mit Tino Chrupalla.

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11 Kommentare

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  • Jetzt, da selbst der Ex-Parteivorsitzende Jörg Meuthen als teilweise rechtsradikal einstuft, besteht kein Zweifel, dass er die unschöne Wahrheit ausspricht. Teile der Partei stünden nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung, meinte er bei seinem Austritt. „Ich sehe da ganz klar totalitäre Anklänge.“ Für das Gerede von vielen AfD-Anhängern von der angeblichen Corona-Diktatur habe er kein Verständnis. Chruppala, der zweite Parteivorsitzende, sieht die Spaltung der Partei nun überwunden. Erika Steinbach, ehemaliges CDU-Mitglied, ist jetzt der AfD beigetreten, was auch keinen Linksruck bewirkt. Stefan Brandner, stellvertretender Bundessprecher,



    Höcke-Vertrauter und Dauerpöbler im Thüringer Landtag, spricht von rechtem Gedöns angesichts der Warnung Meuthens vor rechtsradikalen Tendenzen. Rechtsradikales Gedöns von AfD-Politikern wird in Zukunft noch zunehmen, da etwas gemäßigtere Mitglieder (Frauke Petry zum Beispiel) die Partei verlassen haben.

    Dubrovka Mandic, Rechtsanwalt, gebürtiger Serbokroate aus Sarajewo, brachte es in einem Facebook-Post auf den Punkt. Die AfD unterscheide sich von der NPD „vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerfeld, nicht so sehr durch Inhalte.“ Mittlerweile ist Mandic aus der AFD ausgetreten.

     

  • "Die absolute FDP-Leerstelle Sozialpolitik: die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich ist eine direkte Gefahr fuer den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie, siehe Weimar."



    Hierin stimme ich ihnen zu. Jedoch wurden wir die letzten 20 Jahre von Schwarz, rot und grün regiert und die haben nichts getan um diese Schere zu verhindern.



    Oder wie sie es ausdrücken: Auch diese waren eine absolute Leerstelle Sozialpolitik.

  • Wieso wundert mich das nicht? Lucke geht, die Partei driftet nach rechts. Pauli geht, die Partei driftet nach rechts. (Erinnere mich noch gut, wie Pauli in einer Tagshow gesagt bekam, sie würde diesen Tiger auf Dauer nicht reiten können.) Meuthen geht, die Partei driftet nach rechts. Das wussten die doch alle vorher! Die haben ihre Nazis doch alle nicht eingefangen, immer in der Hoffnung, es bringe Wähler und Macht. Ging ja auf! Es bringt Macht und Geld. Noch. Wenn die FFF nachrücken kommt ein anderer Geist. Hoffentlich.

    • @Maria Burger:

      Petri! Wie komme ich auf Pauli!!!

  • Die AfD gleitet nun vollkommen nach rechts ab.



    Meuten würde ich als gemäßigt rechts beschreiben, für mich immer noch zu rechts, aber bei weitem nicht so extrem wie Faschist Höcke. Ich hoffe dass viele Wähler der AfD nun erkennen, welch falschen Weg ihre Partei einschlägt und die AfD verlassen. Die Ultrarechten werden von alleine dafür sorgen dass die AfD sich selbst das Grab gräbt, und das ist gut so.

    • @Rudi Hamm:

      Schön wäre es ja, wenn es so kommt, wie Sie es prognostizieren ... allein, ich glaube nicht daran.



      Bisher gehen die Wähler der AfD noch jede Radikalisierung mit, so wie es auch die Querdenker tun. Auf irgendeine Einsicht oder Erkenntnis zu hoffen, wäre vergebliche Liebesmüh ... das Segment der klassischen Nationalkonservativen/ -liberalen - die vielleicht noch zur CDU oder FDP zurückkehren würden - liegt wohl eher im Promillebereich.



      Nein, die Faschisten haben längst "Blut gerochen", zu viele Daemme in dieser Gesellschaft sind schon gebrochen, insbesondere seit 2015. Vielleicht muss in der Hinsicht schon mit 1989/90 angesetzt werden.



      Ich wünschte, ich hätte Unrecht.

  • „Teile der AfD stünden „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Er sehe da „ganz klar totalitäre Anklänge““



    Die Frage ist, ob Meuthens Weggang der AfD schadet oder nützt. Einerseits werden sich nach dieser Einschätzung aus berufenem Munde viele bisherige Wähler von der AfD abwenden. Andererseits wird diese Partei nun interessant für diejenigen, denen diese Partei bisher noch zu „biedermeierlich“ war.



    Bin gespannt, was die nächsten Wahlen ergeben!

    • @Pfanni:

      Auch mit Meuthen als Parteichef haben sich die einschlägigen AfD-Vertreter doch eindeutig positioniert, bis an die Grenzen des juristisch Möglichen und für die demokratische Zivilgesellschaft Erträglichen, ja, sie haben diese Grenzen sogar stets überschritten, schrittweise, aber konsequent, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen ... und sie haben stabilen Zuspruch in der Bevölkerung, welche Skandale und Verwerfungen sich in dieser Partei auch immer auftun.



      Unter hinter ihnen lauern schon die "echten" Nazis (NPD, III. Weg, Identitären etc.) mit ihren intellektuellen Wegbereitern (Kubitschek, Tichy u.a.) - wer glaubt noch, dass klassische springerstiefelbewehrte Neonazi-Dumpfbatzen eine Gefahr darstellen - und warten, bis ihre Stunde schlägt.

  • Das war abzusehen ... jedoch kein Mitleid für die stramm rechtskonservativen und wirtschaftsliberalen Meuthens, Petrys und Luckes, die die faschistische Büchse der Pandora erst öffneten, um sich dann aus dem Staub zu machen, weil ihnen die Füße zu heiss wurden.



    Solche Leute sind politisch keine Biedermänner, sondern Brandstifter ... ich hoffe nur inständig, einen Meuthen auf der politischen Bühne nie wieder erscheinen zu sehen, etwa auf dem Ticket der FDP.

    • @Abdurchdiemitte:

      "ich hoffe nur inständig, einen Meuthen auf der politischen Bühne nie wieder erscheinen zu sehen, etwa auf dem Ticket der FDP."



      Was wollen sie damit andeuten oder sagen? Die FDP ist entschiedener Gegner der AfD und ganz weit weg von rechtem Gedankengut.



      Man muss die FDP weder mögen noch wählen, aber man sollte ihr keine rechte Tendenz andichten.

      • @Rudi Hamm:

        Huch, ich wollte keinen Nerv bei Ihnen treffen, beileibe nicht!



        Aber brüsten sich Meuthen&friends nicht beständig damit, programmatisch einen wirtschaftsliberalen Kurs zu vertreten ... nur waren sie damit beim letzten (oder vorletzten?) AfD-Parteitag gegenüber den national-sozialistischen Positionen des Hoecke-Geflügels in Sachen Sozialpolitik (so darf man derlei Positionen zurecht bezeichnen) hoffnungslos unterlegen.



        Kleine historische Remineszenz: Hitler hat 1934 seinen Parteirivalen und SA-Chef Roehm eiskalt ermorden lassen, weil ihm dieser doch als allzu "sozialistisch" erschien und den Geschäften der Nazis mit dem Kapital zu offensichtlich im Weg stand.



        FDP, nun ja: als Liberale sehen sich doch irgendwie alle, von ziemlich links bis ziemlich rechts (bis auf die radikalen Ränder) ... zugegeben, das Etikett steht einem ja doch gut zu Gesicht. Und die Grünen sind heutzutage sowieso die liberalste Partei, liberaler geht schon nicht mehr.



        Und jetzt kommts, halten Sie sich fest: aus meiner Sicht ist die Lindner-Sammlungsbewegung alias FDP nur noch ein Abklatsch ihrer einstigen (sozial)liberalen Grösse, eine programmatische Hülse ... ein Kubicki, der mit dem Begriff Freiheit nicht mehr anzufangen weiß als ihn mit der Beendigung von Corona-Schutzmaßnahmen zu assoziieren. Das hat mehr mit Ego-Trip als mit einem verantwortungsbewussten Verständnis von Freiheit zu tun.



        Die absolute FDP-Leerstelle Sozialpolitik: die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich ist eine direkte Gefahr fuer den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie, siehe Weimar.



        Und nein, ich unterstelle der FDP nicht, Nazis in ihren Reihen zu dulden ... Meuthen ist soeben aus der AfD ausgetreten, hat aber sicherlich noch politische Ambitionen.



        Ich möchte ihn weder in der FDP noch anderswo sehen.