Rücktritt der Justizministerin in Paris: Die linke Integrationsfigur gibt auf
Der Abgang von Christiane Taubira ist eine deutliche Kritik am autoritären Politikstil von Präsident Hollande. Das rechte Lager bejubelt ihren Schritt.
Vor der Gesetzeskommission der Nationalversammlung hat der Regierungschef auch erklärt, wie die Regierung zukünftig bei schweren Verbrechen und Vergehen, namentlich im Zusammenhang mit Terrorismus, als Zusatzstrafe den Entzug der Staatsbürgerschaft im Grundgesetz verankern will. Diese Sanktion soll jedoch nicht wie ursprünglich angekündigt explizit auf Franzosen oder Französinnen zugeschnitten sein, die eine zweite Staatsbürgerschaft besitzen.
Gleichzeitig aber versicherte Valls, es sei nicht möglich oder geplant, auf diese Weise verurteilte terroristische Straftäter in „Staatenlose“ zu verwandeln. Damit bleibt die Debatte über die von Präsident François Hollande gewünschte Verfassungsrevision zur Verankerung des Notstands auf Kosten der Grundrechte offen. Der Präsident hat diesbezüglich einen Kompromiss mit der bürgerlichen Rechten gesucht. Im Ergebnis hat er aber spaltet diese Antiterrorpolitik das linke Lager.
Die bisherige Justizministerin Christiane Taubira jedenfalls kann diese autoritäre Sicherheitspolitik nicht mehr billigen. Sie weigerte sich, die entsprechende Vorlage zu unterschreiben und sie vor dem Parlament zu vertreten. Bereits vor vier Tagen hatte sie Präsident Hollande von ihrem Rücktrittswunsch informiert. Am Mittwoch hat der Präsident ihren Rücktritt formell akzeptiert und sie durch den Sozialisten Jean-Jacques Urvoas (55) ersetzt.
Christiane Taubira
Taubira steht für die Linkswende von 2012
Dieser hat sich speziell in der Sicherheitspolitik profiliert, er hat das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz über die nachrichtendienstliche Tätigkeit und die Überwachung der Kommunikation via Internet verfasst. Viele sehen in ihm deswegen mehr einen „zweiten Innenminister“ als einen Nachfolger als Justizminister.
Politisch steht der Bretone Urvoas dem (linksliberalen) Premierminister Valls sehr nahe, der selber ebenfalls eine harte Linie in der inneren Sicherheit durchsetzen will. Die politische Basis der Regierung wird so immer schmaler. Denn Taubira verkörperte für viele linke Wähler vielleicht noch als Letzte in diesem Kabinett das Programm einer Linkswende von 2012.
Schon Ende 2015 hatte sie sich bei einem Besuch in Algier öffentlich gegen eine Verlängerung und Verschärfung des Notstands ausgesprochen. Sie wurde deshalb im Regierungslager wegen ihrer „Disziplinlosigkeit“ getadelt. Vor Kameras räumte sie dann ein, selbstverständlich habe in dieser Angelegenheit der Präsident „das erste und das letzte Wort“. Ihre Meinung aber änderte sie deswegen nicht. Offenbar wartete sie nur auf die richtige Gelegenheit, um mit Klamauk den Bettel hinzuschmeißen.
„Manchmal bedeutet Widerstand aus zu harren, manchmal bedeutet Widerstand zu gehen. Aus Treue zu sich selber...“ sinniert Christiane Taubira (63) nach ihrem Rücktritt auf Twitter. „Das letzte Wort muss die Ethik und das Recht haben“, fügt die Unfügsame an.
Zustimmung auf der rechten Seite
Ihr Rücktritt wurde von der bürgerlichen Opposition begrüßt. Für den Sprecher der Partei „Les Républicains“, Guillaume Larrivé, war sie die „schlechteste Justizministerin in der Geschichte der Fünften Republik“. Mit der Abschaffung der Mindeststrafen und dem Verzicht auf einen strikten Vollzug der Strafen habe sie „das Strafrecht entwaffnet“.
Die Chefin der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen, sprach ebenfalls von einer „guten Nachricht“ für Frankreich. Die Ex-Chefin der Grünen, Cécile Duflot, die im letzten Jahr aus der Regierung ausgeschieden war, dagegen würdigte „den mutigen Entscheid von Christiane Taubira. Ihre Treue zu unseren Grundwerten ist ein Zeichen der Stärke“.
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