Rückgaben aus Kolonialzeiten: „Wir bringen sie zurück nach Hause“
In der australischen Botschaft in Berlin wurden menschliche Gebeine an Vertreter*innen der Yawuru Community übergeben.
Die Stimme von Eva-Maria Stange, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst (SMWK) in Sachsen, bebt und bricht, doch dann fängt sie sich wieder: „Es hat lange gedauert, viel zu lange, das bereue ich zutiefst.“
Am Montag werden in der australischen Botschaft in Berlin sterbliche Überreste von Ureinwohner*innen aus dem Bestand des Museums für Völkerkunde Dresden an Vertreter*innen der Yawuru Community übergeben.
Zu Beginn der Zeremonie beugen sich Botschaftsmitarbeiter*innen, geladene Gäste aus Australien, Berlin und Sachsen über eine Feuerschale, die Neil McKenzie, Repräsentant der Yawuru-Gemeinschaft, ihnen entgegenhält. Sie halten die Augen geschlossen, fächern sich Rauch über Gesicht und Arme und nehmen anschließend ein Eukalyptusblatt von Dianne Appleby, Repräsentantin der Yawuru, entgegen, an dem sie andächtig riechen.
Im Lichthof sind graue Pappkartons auf dem Boden aufgereiht, sie sind mit Aktenzeichen beschriftet und werden mit bunten Schärpen bedeckt, die von der Yawuru-Gemeinde angefertigt wurden. Im Hintergrund werden weitere Kartons von Flaggen der Indigenen verdeckt. In ihnen befinden sich die menschlichen Überreste von insgesamt 37 Angehörigen der Yawuru und Kajarri aus Westaustralien und weiteren Communities aus New South Wales.
Keine Sammlungsobjekte mehr
Die Gebeine gelangten zwischen 1880 und 1902 als Kauf oder Schenkung ans Königlich Zoologische und Anthropologisch-Ethnographische Museum, die Vorgängerinstitution des 1945 gegründeten Museums für Völkerkunde Dresden. Was sich harmlos anhört, war brachial: Bei Händlern ließen sich bestimmte Gebeine bestellen, die Museen handelten untereinander damit, und die sterblichen Überreste wurden als Objekte betrachtet.
Die geladenen Vertreter*innen der Yawuru Community sind sichtlich betroffen: „Wir bringen unsere Leute zurück nach Hause“, sagt Dianne Appleby und weiter: Jetzt werden die Gebeine endlich nicht mehr als Sammlungsobjekte angesehen und gelangen dahin zurück, wo sie herkommen.
Im Rahmen des Kulturgutschutzgesetzes wird vielerorts der Umgang mit Hinterlassenschaften aus kolonialen Kontexten diskutiert. „So lange wollten wir aber nicht warten“, sagt Birgit Scheps-Bretschneider, Kustodin für Australien und Ozeanien an der SKD. Nachdem mittels gerichtsmedizinischer Gutachten Aussagen über Alter, Geschlecht, Verletzungen, Krankheiten und Todesursachen der Ureinwohner*innen getroffen werden konnten, reiste Scheps-Bretschneider nach Westaustralien, um gemeinsam mit Angehörigen der Yawuru und Karajarri den historischen Kontext einzuordnen. Viele Biografien konnten so rekonstruiert werden, daran sehe man, wie verlässlich mündliche Überlieferungen seien, so Scheps-Bretschneider.
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